Leitartikel

Wie Chiemgauer Schüler ihren Schul-Ort Prien kennen lernen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Seit nunmehr 13 Jahren führt Helga Schömmer die 4. Klassen der Grundschule als fest verankerter Teil des Lehrprogramms durch Prien. Von den 36 Ortsteilen schafft sie grade mal zwei  – das Zentrum und  das ehemalige Handwerkerviertel „Am Gries“. Für den dortigen Geschichts-Reichtum sind die zwei vollen Stunden pro Klasse eigentlich bei weitem nicht ausreichend.

Start ist in der Regel am Bahnhof der Chiemseebahn, wo die Kinder (und oft auch die Lehrer) das erste Mal ihre Schreibgeräte zücken müssen, denn es gibt so viel Neues zu erfahren. Das Aufgeschriebene wird später im Klassenzimmer in Form eines Heimatheftes schön gestaltet und eingetragen. An dieser Anfangsstation erfährt die Klasse zum Beispiel wie alt die Chiemseebahn ist, warum sie gebaut wurde und einiges Wissenswerte über König Ludwig II. Nächster Halt ist am Katharinen-Brunnen am Marktplatz, wo die Schülerinnen und Schüler ein neues Wort lernen – „Attribut“.  Bei Katharina sind es das Rad und das Schwert und sogleich entdecken Anna und Korbinian die Heilige Katharina ein weiteres Mal am Maibaum im alten Wappen von Prien, das bei dieser Gelegenheit auch gleich von Helga Schömmer erklärt wird. Durch die ganze Führung zieht sich ein Suchen und Finden das zwischendurch mit einer Runde Süßem oder Saurem belohnt wird, denn die Kinder sind mit Feuereifer und unermüdlichen Fragen bei der Sache.

Am Gries: Seifensieder, Lumpensammler und Gruselgeschichten

Weiter geht’s zum Ortsteil „Am Gries“ und da ist es Helga Schömmer ganz wichtig zu vermitteln, dass dies nicht der älteste Ortsteil von Prien ist (dies ist Trautersdorf). Fast bei jeder Klasse mit Priener Schülern sind immer wieder welche dabei die dieses beschauliche und historisch hochinteressante Fleckerl bisher noch nicht kannten und ganz begeistert sind von den Erklärungen zu den mittelalterlichen Handwerkerberufen wie z.B. Seifensieder, Lumpensammler, Wagner, Weißgerber oder Kupferschmied. Wenn die Aufmerksamkeit vor lauter Neuem manchmal nachlässt ruft die Gästeführerin: „Wer hat Lust auf Gruselgeschichten?“ – und schon lauschen alle wieder gespannt, zum Beispiel warum die Heilige Katharina die Attribute Rad und Schwert hatte, wo denn der Kerker am Gries immer noch existiert oder wo früher der Galgen im Gerichtsort Prien stand.

Nach kurzem Halt vor dem Priener Heimatmuseum geht es weiter zur Pfarrkirche „Maria Himmelfahrt“. Mittlerweile wurden schon viele DIN-A-4-Blätter beschrieben, aber es ist noch Platz für Spannendes und Wissenswertes in und von der Priener Kirche, dessen Türme wegen ihrer Turmverschiebung 1736 das Wahrzeichen der Marktgemeinde sind. Zuerst müssen die Klassen erraten, wie hoch der Kirchturm ist –   als Belohnung lockt ein Griff in ein Körbchen mit Traubenzucker aus der Marienapotheke, sozusagen als Stärkung für die letzte halbe Stunde. Es ist immer wieder erstaunlich – so Helga Schömmer –  wie interessiert sich die Kinder unabhängig von ihrer Konfession in der Kirche zeigen und Dinge entdecken, die oft den Augen Erwachsener entgehen. Die vielen versteckten Zahlen und Buchstaben und die daraus entstandenen Hinweise zur Kirchengeschichte, die von den Buben und Mädchen entdeckt werden sollen, werden sogleich eifrig ins zukünftige Heimatheft eingetragen, denn die „Hausaufgabe“, die Helga Schömmer erteilt, heißt: „Mit den Eltern eine Ortsführung machen und da das Heimatheft als Spickzettel mitnehmen.“

Nach aufregenden zwei Stunden voller Neuigkeiten über die eigene Heimat geht es zurück zur Schule, wo jedes Kind als Erinnerung an diese Führung einen Halbedelstein aus Helga Schömmers Schatzkiste erhält.

Foto/s: Hötzelsperger – Eindrücke von der Schulklassenführung mit Helga Schömmer im Priener Ortszentrum

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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