„Die meisten, die schon einmal zwischen Paris, Wien und Konstantinopel gereist sind, kennen sicher eine majestätische weiße Fassade, die im Chiemsee zwischen dichtem Grün auftaucht. Das ist Herrenchiemsee, das Versailles Deutschlands“, beginnt der Franzose Hugues Krafft 1886 seine Beschreibung des Schlosses Ludwigs II. Er war damit einer der ersten Ausländer, die das neue Touristenobjekt im Chiemgau besichtigten. Ein Online-Vortrag offenbart weitere spannende Details.
Der welterfahrene Schriftsteller, Fotograf und Millionär Hugues Krafft (1853-1935) aus Reims reist im September 1886 unmittelbar nach der Freigabe der Königsschlösser für die Öffentlichkeit nach Bayern, um die immer bekannter werdenden Bauwerke Ludwigs II. (1845-1886) zu besichtigen. Krafft verfasst von seiner mehrtägigen Reise unter anderem nach Herrenchiemsee sehr persönliche Eindrücke, die er im nachfolgenden Jahr der Öffentlichkeit mitteilt: in Form eines Lichtbildervortrags vor der Société de Géographie in Paris.Knapp 135 Jahre später teilt sich Hugues Krafft der breiten Öffentlichkeit mit einem Online-Vortrag des König-Ludwig-Biografen Marcus Spangenberg nun erneut mit: Auf Deutsch und mit seinen aufschlussreichen Fotografien, die er während der Reise selbst angefertigt hatte. So sehen wir neben Neuschwanstein und Linderhof Herrenchiemsee als Baustelle und erfahren, dass alle Brunnenfiguren goldfarben bemalt waren. Die Glasplatten lagen vor dem Entdecken durch Marcus Spangenberg mehr als hundert Jahre unbeachtet in einem Museum in Reims. Der reisende Franzose verbindet kritische und genaue Blicke auf die Bauwerke Ludwigs II. mit der Neugierde auf die Bewohner Oberbayerns. Er beschreibt die „emotionsgeladene Argumentation“ einer Gastwirtin, die Ludwig II. verteidigt, ebenso, wie ihm von seinem Aufenthalt in Garmisch ein besonderer Tanz in Erinnerung bleibt: „Die größte Attraktion ist sogar für die hiesigen Bauern immer wieder der Schuhplatterl [sic!]… Der Tänzer dreht sich um die eigene Achse, klopft sich auf Schenkel und Beine, fällt auf die Knie oder springt in die Luft und wirft seinen Hut, während er ein freudiges ‚Tju-hu’ ausstößt.“Manche der Überlegungen Hugues Kraffts über die Zukunft der Ludwig-Schlösser (Touristenansturm, Ikonenstatus, Abbruch von Bauteilen) sollten sich in der Tat Jahrzehnte später bestätigen. In der derzeitigen Diskussion über einen möglichen Welterbe-Status der Königsschlösser und damit auch von Herrenchiemsee mag das besonders interessant sein.
Der Vortrag „1886. Ein Franzose auf den Spuren König Ludwigs II.“ beruht auf dem Buch „1886. Bayern und die Schlösser König Ludwigs II. aus der Sicht von Hugues Krafft / 1886. Louis II, ses Châteaux et la Bavière selon Hugues Krafft“, herausgegeben von Marcus Spangenberg und Sacha Wiedenmann (Regensburg 2011).
Ort und Datum: Freitag, 17. Februar 2023 um 18:30 Uhr, online (Zoom)
Teilnahmebetrag: 15 Euro.
Bitte melden Sie sich bei House of Travel (Starnberg), Herrn Walter Schneider, unter w.schneider@houseoftravel.de oder Telefon 08151 26866-11 an. Sie erhalten daraufhin die Kontoverbindung zum Überweisen des Teilnahmebetrages. Der Zugangslink wird rechtzeitig vor dem Vortrag per E-Mail versendet.
Veranstalter: House of Travel, FTR GmbH / Bericht und Bilder: Marcus Spangenberg