Kirche

Samerberg: Von Osterfeuer und Auferstehung

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Von Mesnerin Gertraud Maurer (Kirche St. Bartholomäus Rossholzen/Samerberg) – Als mein Vater (80 Jahre) noch ein Schulbub war, hat es auch auf dem Samerberg den Brauch des Osterfeuer-Austragens gegeben. „Am besten war ein Buchenschwamm“, erzählt er, “über ein Jahr zum Trocknen an den Holzschupfen genagelt, dann an ein ca. 50 cm langes Drahtstück gehängt und nach dem Anbrennen kräftig geschleudert, damit die Glut tief eindringt, – der war zuverlässig. Die Fichtenschwämme sind zu schnell verbrannt, andere konnten die Glut nicht halten“. Anders als heute, hat der Herr Pfarrer das Osterfeuer schon am Karsamstag in der Früh entzünden lassen. Allerhand geweihte Sachen wurden da verbrannt, Palmzweige und Kräuter, Watte getränkt mit Chrisamöl und anderes geweihtes Werk. Die Buben trugen mit dem Schwamm das Osterfeuer von Haus zu Haus. Ein Stück in das Herdfeuer in der Küche gegeben, das galt als Segen für das ganze Jahr. Zum Dank bekam man ein Osterei. Aber es hieß, schnell zu sein, denn die Bäuerinnen waren sparsam und wenn schon vorher einer gewesen ist, gab es nix mehr. Noch vor dem Krieg, so erzählt meine Großcousine (95 Jahre), hat sie auch das Osterfeuer abgeholt. In der Nachbarschaft gab es keine Feuerträger, also durfte auch ein Mädchen das Osterfeuer heimbringen. Derweil wurde zu Hause schon das „Weich-Kerbe“, also das Osterkörberl hergerichtet. Manche Ostereier sind aufwendige kleine Kunstwerke: für die „Baamerl“ muß zuerst Gras gepresst werden, dann auf das gekochte Ei mit Eiweiß geklebt, getrocknet und kalt gefärbt werden. Auch „Zwiebeleier“ sind beliebt: Zwiebelschalen um ein rohes Ei gelegt, das Ganze in Stoff gebunden und gekocht, ergibt eine bronzebraune Marmorierung. Diese Technik funktioniert auch mit den Baamerln und anderen Motiven. Und für den schönen Glanz wird das Ei noch mit Speck oder Öl eingerieben.  Als Kinder haben wir zu Spaß immer noch einen  „Mohrhackl“ gemacht, ein durch Mischen ganz dunkles Ei, daher der Name. Um die Eier haben sich ganz eigene Bräuche entwickelt, da gibt es etwa das „Spitzeln“, das „Oarbitten“ oder „Oster-Schnapseln“ und natürlich das „Oarscheib´n“. Früher wie heute feiern die Christen in der Osternacht gemeinsam die Auferstehung Christi. Seit Menschen gedenken hat nicht einmal der Krieg das Zusammenkommen an den Osterfeierlichkeiten verhindern können.Dieses Corona-Jahr wird uns und kommenden Generationen auch aus diesem Grund im Gedächtnis bleiben. So machen wir eben das Beste daraus und stellen uns vor, wie es sein könnte:

Karsamstag – es ist Osternacht:

Das Osterfeuer brennt bereits in der Feuerschale vor dem Haupteingang als wir zur Kirche kommen. „A g´scheide Gluat“ muss sein, damit die eichenen Latten der Sterbkreuze vom vergangenen Jahr gut brennen; die Watte von den Taufen dagegen entzündet sich mit einem Wusch und verglüht wie ein Komet. Das Körbchen mit den Speisen stellt jeder vorne ab und nimmt seinen Platz in der Kirchenbank ein – jeder grüßt Freunde und Nachbarn, es ist gerammelt voll. Dass es bald losgeht, erkennt man, als um „Fünf vor“ die Karfreitags-Ratsch´n scheppert und es dunkel in der Kirche wird. Pünktlich ertönt durch die weit offenstehende hintere Tür die Stimme von Günter Schmitzberger. Unser Diakon steht zusammen mit einer großen Schar Ministranten um das Osterfeuer, die Filialkirchen haben Männer entsandt, die die Osterkerzen tragen und der Oberministrant hat die „Dirwenger“, die Größte von allen, in Händen.

Der Gottesdienst beginnt mit der „Lichtfeier“: Gar nicht so einfach, eine Kerze, groß wie auch immer, an einem Lagerfeuer zu entzünden. – Als Georg Gilgenrainer noch unser Pfarrer war, hatte ich einmal bange Momente, dass das Meßgewand gleich in Flammen aufgehen würde, der Wind ist unberechenbar! – Die Kerzen der Filialkirchen folgen. Mit etwas Geschick werden dann die Kohlen aus dem Feuer geholt und in das Rauchfaß eingelegt. Jetzt erklingt der vertraute Ruf: – „Lumen Christi“- Christus, das Licht, singt Günter uns zu – „Deo gratias“, – Dank sei Gott, antworten wir. Zuerst werden die Leuchter der Ministranten angezündet; dann, nach dem zweiten Ruf und einigen Schritten in die Kirche, geben die Ministranten das Licht an die Gottesdienstbesucher weiter. Erst nach dem dritten Ruf stehen die Osterkerze und ihre Begleiterinnen auf ihrem Platz vorne im Altarraum. Wir hören die Schöpfungs-Geschichte und weitere Lesungen aus dem Alten Testament, niemals fehlen darf dabei die Geschichte, wie das Volk Israel durch das Rote Meer gezogen ist (Exodus 14,15 – 15,1).

Gloria – jetzt ist es soweit: seit dem Gründonnerstag haben Orgel und Glocken geschwiegen, nun aber, aus der immer noch dunklen Kirche heraus, stimmt der Kantor das Gloria an. Es folgt ein Getöse, festlich und feierlich ertönen Orgel und Chor, die Kirchenglocken läuten die Osternacht ein. Gespannt verfolgen wir, wie der Auferstandene Christus am Hochaltar von Hand aufgezogen wird. – Wird´s gelingen? Aber sicher, Dank neuer Technik geht alles reibungslos! – Jetzt erst entzünden die Ministranten alle Kerzen und das Licht wird eingeschaltet.

Es folgt die „Wasserfeier“: Salz wird gesegnet, es soll das Wasser reinigen. Der Diakon hält die Osterkerze ins Wasser während er dazu singt. Dann erneuern wir alle gemeinsam unser Taufversprechen und werden anschließend mit dem neuen Osterwasser besprengt. Auch die Weihwasserbecken in der Kirche werden wieder aufgefüllt.

Am Ende der „Wort-Gottes-Feier“ tragen einige unserer Erstkommunionkinder die Fürbitten vor. Weil sie ziemlich aufgeregt sind, ist nicht jeder gut zu verstehen, aber das macht heute nichts, alle Besucher freuen sich, dass die Kinder aktiv am Gottesdienst mitwirken.

Bevor wir heimgehen, folgt noch die „Speisenweihe“: Jedes Körberl ist liebevoll mit einem Lamm und Ostereiern bestückt. Jetzt frag ich mich, wie viele der Lämmer ihre Bäckerinnen zur Verzweiflung getrieben haben, weil ihnen der Kopf abgebrochen ist? – unmöglich zu erkennen unter all dem Puderzucker! Aber es sind auch noch vielerlei andere Sachen dabei: Osterfladen, Schinken, Salz, eine Osterkerze, Brot und einige Kuriositäten wohl auch. Hauptsache, die ganze Hausgemeinschaft kann eine Mahlzeit (bei uns das Frühstück) nur mit geweihten Speisen ausrichten und dazu die Osterkerze brennen lassen. – Frohe Ostern!

Damit enden meine Gedanken zum Osterfest. Jetzt bliebe uns nur noch, am Ostermontag nach Kirchwald einen „Emmaus-Gang“ zu machen. Dieses Jahr jedoch nicht empfehlenswert, weil wir alle „dahoam bleiben“. Vielleicht habt ihr ja ein Feldkreuz, eine Kapelle oder eure Kirche in der Nähe und geht stattdessen dahin. I wünsch Eich scheene Feierdoag´, bleibt´s gsund und hoit´s zsamm, Gertraud Maurer, Mesnerin von Baschtlmä.

Am Ostersonntag kann in allen Kirchen ab 8.00 Uhr das Osterlicht abgeholt werden, außerdem gibt es noch ein geweihtes Ei für jeden zum Mitnehmen. Der Dorfbäcker verkauft am Samstag von Günter gesegnete Fladen und Lämmer (Sa 6.00 bis 13.00 Uhr)

Auch wenn unsere Seelsorger derzeit nicht in gewohnter Weise bei uns sein können, beten sie für uns mit und denken an uns. Telefonisch sind sie jederzeit erreichbar:

Pfarrer Robert Baumgartner: 08032 5252

Diakon Günter Schmitzberger: 01715703762 (auch auf den Samerberger Nachrichten aktiv)

Gemeindereferentin Luise Schudok; 08031 71381

Informationen und Gottesdienstmöglichkeiten auf der Internetseite des Pfarrverbandes www.pv-rohrdorf.de Den Live-Gottesdienst täglich finden sie auch auf der Internetseite des Bistums München-Freising https://www.erzbistum-muenchen.de/

Fotos: Gertraud Maurer / Hötzelsperger (Auferstehungs-Motiv in der Kirche Törwang)


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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