Unbedingte Unterstützung der Almbauern durch Ministerin Michaela Kaniber – Auch Alois Glück bei der Versammlung der Forstberechtigten im Chiemgau in Ruhpolding
Zu einer ganz besonderen Jahresversammlung begrüßte der erste Vorsitzende, Landrat Siegfried Walch, die Mitglieder des Verbandes der Forstberechtigten im Chiemgau im Hotel Zur Post in Ruhpolding. So besonders, weil diesmal die bayerische Staatsministerin vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber, gekommen sei. Auch zahlreiche andere hohe Vertretern aus Politik, Behörden und Vereinen waren gekommen wie der frühere Landtagspräsident Alois Glück und die Altlandräte Jakob Strobl und Hermann Steinmaßl, frühere Vorsitzende des Verbandes.
Sowohl Landrat Siegi Walch als auch Ministerin Kaniber gedachten des vor fünf Wochen im Alter von 99 Jahren verstorbenen Ehrenvorsitzenden Leonhard Schmucker, der den Verband 1952 gegründet hatte. Aus der Not heraus hatte der Sohn eines Bauernbündlers die Bauern zu gemeinsamem Handeln gegen die Staatsforsten aufgerufen, weil die drohten, ihnen die althergebrachten Forstrechte mehr und mehr zu nehmen. 1958 erreichte er mit Weitblick und großem Verhandlungsgeschick das Forstrechtegesetz, das den Bauern weitgehend ihre alten Rechte sichert. Heute zählt der Verband der Forstberechtigten insgesamt rund 800 Mitglieder, davon 550 aus dem Landkreis Traunstein, 250 aus dem Berchtesgadener Land und einige von weiter.
„Erhalt unserer einzigartigen Kulturlandschaft“
In ihrem Grußwort zu Beginn der Versammlung sagte Michaela Kaniber den Forstberechtigten und Almbauern ihre unbedingte Unterstützung zu sowohl bei der Bedrohung durch die Rückkehr des Wolfes als auch bei den Holzbezugs- und Weiderechten. Denn diese seien unverzichtbar für den „Erhalt unserer einzigartigen Kulturlandschaft“ und nur möglich durch eine „nachhaltige Bewirtschaftung, die Rücksicht auf Natur und Umwelt nimmt“.
Sie sei sicher Holzbezugsrechte, Almrechte und Staatswald gehörten heute zusammen. „Schau ma, dass ma gemeinsam dafür sorgen, dass es a so bleibt. Für Eure harte Arbeit sog i von Herzen Vergelt´s Gott“.
„Wasserfrage“ auf Almen erörtert
In ihrem alljährlichen, heuer sehr kurzen Geschäftsbericht ging Maria Stöberl auf die „Wasserfrage“ auf Almen ein, die wegen des heißen Sommers besonders aktuell war. Grundlegende Voraussetzung für eine „almübliche“ Bewirtung auf Almen sei einwandfreies Trinkwasser, so Stöberl. Bei den vorhandenen Wasserquellen und Wasserfassungen im Almbereich könne oft nur mit technischer Aufbereitung einwandfreies Trinkwasser erzeugt werden. Daher stehe das Gesundheitsamt beratend zur Seite. Die „almübliche Bewirtung“ sei nur im Rahmen einer landwirtschaftlichen Nebentätigkeit zulässig und sollte sich überwiegend auf selbst erzeugte Produkte beschränken.
Die Wasserversorgung auf Almen stehe durch die klimatischen Veränderungen vor großen Herauforderungen, so dass die Wasserversorgung auf vielen Almen „ertüchtigt“ werden müsse. Dabei lägen die meisten Wasserquellen meistens in naturschutzrechtlich besonders geschützten Gebieten. Für Grabungen und Eingriffe sei daher meist eine Ausnahmegenehmigung nach dem Naturschutzrecht notwendig. Frau Stöberl empfahl daher, von Anfang an die Untere Naturschutzbehörde beim Landrats in ein geplantes Vorhaben mit einzubeziehen. Der Verband sei bei dem Verfahren behilflich.
Aus dem Kassenbericht von Ludwig Böddecker und dem Kassenprüfbericht von Johann Meier (Knogler) und Sepp Zeller (Großgstatter), alle Ruhpolding, ging eine solide Finanzlage des Verbandes hervor. Beschlossen wurde, die Mitgliedsbeiträge, die seit 2001 gleich sind, nicht zu verändern. Durch einstimmigen Beschluss gab es wieder keinen eigenen Haushaltsplan, sondern die Mitglieder ermächtigten die Vorstandschaft, die Mittel in gewohnter Weise den Verbandszwecken entsprechend zu verwenden.
„Ihr seids auf dem Präsentierteller der Nation“
Weiterer wichtiger Tagesordnungspunkt war der Lichtbildervortrag des Diplombiologen Alfred Ringler aus Rosenheim. Anhand vieler Lichtbilder zum Beispiel vom Geigelstein und dem Achental, aber auch von den Ruhpoldinger, Priener oder Sachranger Almen zeigte er, dass seit 1870 die Zahl der Almen in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land um ein Drittel zurückgegangen ist. Die Almstufe sei zwischen 100 und 300 Metern „herabgesunken“. Dennoch habe sich die einzigartige Kulturlandschaft der Almen in Bayern ihre Qualität weitgehend bewahrt. Die Biodiversität brauche Jahrhunderte, um sich zu entwickeln. „Ihr seids auf dem Präsentierteller der Nation – jeder Stadterer (Städter) spuckt euch in die Supp`n“ stellte Ringler unter großem Applaus der Versammlung fest. Sehr wichtig für die Pflege und den Erhalt der Almen sei daher die staatliche Förderung, die oftmals noch zu starr sei, sagte Ringler. Neben der Basisförderung durch das Kulturlandschaftsförderprogramm (KuLaP) brauche es für die Almen aber auch individuelle Beratung und Förderung.
Begleitgesetze zum Volksbegehren
Bei der Aussprache äußerte sich der Ruhpoldinger Bezirksalmbauer Ludwig Böddecker begeistert über die Ausführungen Ringlers und schlug vor, dass auch er beim Runden Tisch zur Vorbereitung des Volksbegehrens zu mehr Artenvielfalt mitarbeiten sollte. Daraufhin nahm auch der frühere Landtagspräsident und jetzige Leiter des von Markus Söder einberufenen Runden Tisches, Alois Glück, Stellung zum Volksbegehren. Für die Bergbauern sei der Vorsitzende der AG Bergbauern, Alfons Zeller, bereits Mitglied am Runden Tisch. Glück fuhr fort, er werde in den nächsten zwei Wochen Gespräche mit den einzelnen Gruppierungen führen und für gegenseitiges Verständnis und alles für eine gemeinsame gute Gesprächsbasis tun. In den vorliegenden Entwurf für das Volksbegehren sei einiges nicht sachgerecht hinein geschrieben worden, was die Initiatoren zwar jetzt auch sähen, aber selbst nicht mehr ändern könnten. Nun bestehe eine „Bringschuld“, so Glück, zum Beispiel durch Begleitgesetze den Entwurf rechtstauglich zu machen. Bei der hohen Beteiligung der Menschen am Volksbegehren sei vielfach auch die „Angst vor dem Klimawandel als Schubkraft“ dahinter gestanden. Für sehr wichtig hielt Glück in dem Zusammenhang den Bereich der Privatgärten, wo man die Kräfte der Leute – nicht durch Gesetze – aber im Verständnis und Einvernehmen bündeln müsse. Sein Ziel sei es, auf breiter Basis in der Gesellschaft die Voraussetzungen für mehr Artenvielfalt und Biodiversität zu schaffen.
Gisela Sengl, Landtagsabgeordnete der Grünen, antwortete dazu, dass der Grund für die hohe Beteiligung beim Volksbegehren nicht nur diffuse Ängste der Bevölkerung gewesen seien, sondern dass es durchaus auch ernstzunehmende wissenschaftliche Untersuchungen über den erschreckenden Rückgang der Artenvielfalt gebe. Auch ihr sei es ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, dass alle Leute ein Empfinden dafür bekämen, wie bedroht viele Arten seien. Landrat Walch warf ein, er hoffe, dass nicht auch die Almbauern zu den bedrohten Arten zählten…
„Anpacken“ im „Gründergeist von Hartl Schmucker“
In seinem Grußwort sagte Ruhpoldings Bürgermeister Claus Pichler, dass sich die Almwirtschaft und ihre Probleme über die Jahrzehnte immer wieder verändert hätten. Die letzten Jahre seien von Angstmache geprägt worden. Er empfahl, sich ein Beispiel an dem Wirken des verstorbenen Altlandrates Leonhard Schmucker zu nehmen, der in den schwierigen Jahren nach dem Krieg den Verband der Forstberechtigten gegründet und dafür gesorgt hatte, dass die Probleme gemeinsam angepackt wurden. Auch jetzt heiße die Devise wie nach dem Krieg „anpacken!“.
Sepp Haberlander bekräftigte, dass der „Gründergeist von Leonhard Schmucker“ weiterleben solle. Er war allerdings für „so viel Gesetzgebung wie nötig und so wenig wie möglich“, da man nicht alles in ein Korsett zwingen dürfe, weil der Apparat, der dahinter stehe, sonst in der Zukunft jede spontane (positive) Reaktion erschwere.
Franz Kuchlbauer (Kederbacher) von der Mordaualm fand es schön, wie sich die Ministerin auch in Sachen Wolf für die Almbauern einsetze. An die Adresse der Grünen gerichtet sagte er, er verstehe es nicht, wie man sich für den Wolf einsetzen könne, denn der werde sich – falls er nicht „entnommen“ würde, „vermehren wie das Springkraut oder die Wildsau“.
Georg Mayr, Vorsitzender des Almwirtschaftlichen Vereins, bekräftigte, die Thematik Wolf und Volksbegehren stünden eng beieinander. Denn wenn der Wolf bei uns sesshaft werde, bedeute das das Aus für Artenvielfalt und Biodiversität. In erster Linie seien nicht die Almbauern gefordert, sondern die gesamte Gesellschaft. Ein Fehler sei es, dass die Förderung für Almflächen noch nicht unter Bio-Voraussetzungen geschehe.
Reinhard Strobl als Vertreter der Bayerischen Staatsforsten sagte, dass die Forstwirtschaft, die immer im Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie stehe, heuer in keiner guten Situation sei. Nach Schätzungen habe es in Europa 100 Millionen Festmeter Windwurf gegeben. Wenn der Schnee weg sei, könne man wahrscheinlich noch mehr Schneebruch sehen. Er sei froh, dass die Politik die Staatsforsten nicht unter Druck setze, denn es brauche Zeit, mit den Problemen fertig zu werden. In den bisher 14 Jahren Bayerische Staatsforsten habe sich eine „gute Streitkultur“ und ein „gutes Miteinander leben“ entwickelt. gi
Fotos und Bericht: Christiane Giesen
Die bayerische Staatsministerin Michaela Kaniber bei der Jahresversammlung des Verbandes der Forstberechtigten im Chiemgau im Hotel Post in Ruhpolding, hier im Gespräch mit Altlandrat Hermann Steinmaßl und dem früheren Präsidenten des bayerischen Landtags Alois Glück (rechts vorne).
Traunsteins Landrat Siegfried Walch, erster Vorsitzender des Verbandes der Forstberechtigten im Chiemgau, Geschäftsführerin und zweiter Vorsitzender Maria Stöberl im Gespräch mit dem Diplombiologen Alfred Ringler, der den anschließend viel gelobten Fachvortrag zu „Biodiversität und gelenkter Weideführung“ hielt.
Traunsteins amtierender Landrat Siegfried Walch überreicht einen Blumenstrauß und das Buch „Der Volkstribun mit dem Gamsbart“ über den ehemaligen Ruhpoldinger Land- und Reichstagsabgeordneten Georg Eisenberger, den „Hutzenauer“ an die Bayerische Staatsministerin Michaela Kaniber zum Dank für ihr Kommen.