Wirtschaft

Unterwössen: Wohnen und Arbeiten am Rathausplatz

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Wohnen und Arbeiten am Rathausplatz  – München/Unterwössen. Kürzlich fand im Fat Cat, dem ehemaligen Gasteig, in München der Baukulturtag 2024 statt. Veranstaltet wird dieser nunmehr seit mehreren Jahren einmal jährlich von der Max von Bredow (MvB) Baukultur GmbH aus Kolbermoor im Landkreis Rosenheim.

Über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedener Professionen kamen zusammen, um sich zu informieren, sich auszutauschen und fachliche Kontakte zu knüpfen. Es waren dies Personen aus den Bereichen Bauwesen mit Architektur, Handwerk sowie Garten- und Landschaftsgestaltung, Finanzierung sowie Recht, Verwaltung und Politik oder um es mit den Worten der Veranstalter zu sagen „Baukulturschaffende und Baukulturinteressierte“. Unter diesen waren auch die Geschäftsführerin der Lebenshilfe Traunstein gemeinnützige GmbH und Bezirksrätin Annemarie Funke sowie der Zweite Bürgermeister der Gemeinde Unterwössen Johannes Weber, Jurist und studierter Betriebswirt, wurde dort doch das inklusionsmäßige Projekt „Wohnen und Arbeiten am Rathausplatz“ in Unterwössen vorgestellt und gewürdigt. In diesem Jahr stand der Baukulturtag dabei unter dem Motto „Trans­forma­tions-Offensive“.

Der vormittägliche Vortragsblock trug den Titel „Nachhaltig bauen, nachhaltig (be)wirtschaften, nachhaltig und inklusiv mit allen Generationen bewohnen“. Zunächst ging Prof. Dipl.-Ing. Florian Nagler, Geschäftsführer der Florian Nagler Architekten GmbH München und Professor an der Technischen Universität München, auf das Thema „Einfach bauen“ ein. Im Anschluss daran wurde vom Ersten Bürgermeister der Gemeinde Tyrlaching Andreas Zepper das Thema „Wirtshaus-Kultur erhalten“ anhand des Beispiels der Sanierung des Gasthofs zur Post mit Neubau eines Bürgersaals in Tyrlaching beleuchtet. Im Teil „Miteinander leben“ erläuterte dann die Geschäftsführerin der Lebenshilfe Traunstein gGmbH Annemarie Funke gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Püschel Architekten GmbH und Architekten Bernhard Püschel das Projekt „Wohnen und Arbeiten am Rathausplatz“. Ein besonderes Projekt ist dieses, das da für den Baukulturtag zur Präsentation von den Veranstaltern ausgewählt und dort vorgestellt wurde. Mitten im Herzen von Unterwössen angesiedelt, begeistert es Einheimische wie Auswärtige gleichermaßen.

Die Lebenshilfe Traunstein gGmbH, getragen vom Lebenshilfe Traunstein e.V., betreibt dreizehn Wohnheime mit gemeinschaftlichem Wohnen.

In Unterwössen ist dabei ein Projekt realisiert worden, das über das reine Wohnen hinaus geht. Es handelt sich um ein inklusives Wohn- und Beschäftigungsprojekt. Hier wohnen und arbeiten Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Das „Arbeiten“ findet Ausdruck im gastronomischen Inklusionsbetrieb „Café/Bistro am Rathaus gGmbH“. Dieser bzw. diese steht unter alleiniger Trägerschaft der Lebenshilfe gGmbH.  Annemarie Funke: „Sowohl während des Bauleitplanverfahrens als auch während des Baus und nach Inbetriebnahme hat die Gemeinde Unterwössen unser Projekt positiv begleitet. Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Unterwössen, mit Bürgermeister, Gemeinderat und der übrigen Verwaltung gestaltete und gestaltet sich sehr gut! Dafür sind wir sehr dankbar! In gleicher Weise kann ich über die auf dem Nachbargrundstück gebaut habende MARO Genossenschaft für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Wohnen e.G. berichten.“.

Der im Erdgeschoss angesiedelte inklusive Gastronomiebetrieb, bietet Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen eine Beschäftigung auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt. Insgesamt besteht das Küchen- und Serviceteam aus zehn hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie zwei ehrenamtlichen Servicemitarbeiterinnen, dabei drei Mitarbeitenden mit Beeinträchtigungen sowie einer Praktikantin mit Beeinträchtigungen, weiß Annemarie Funke zu berichten. In der zum Inklusionsbetrieb des Café/Bistro gehörenden Küche werden 250 Mahlzeiten für Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen in Unterwössen und der näheren Umgebung täglich frisch aus regionalen, hochwertigen Zutaten zubereitet. Diese Essen werden dann zur Mittagszeit von einem Mitarbeiter des Inklusionsbetriebes zu den Einrichtungen gefahren. Die Wohngruppen nutzen das Café/Bistro für verschiedene Anlässe, ebenso wie dies Vereine, Verbände, Firmen und Privatpersonen aus dem Ort und der Region tun. „Hier kommt es zur Begegnung und wird der Charakter des Projekts als solches der sozialen Teilhabe und gelebten Inklusion sichtbar!“ zeigen sich Geschäftsführerin Annemarie Funke und Erster Bürgermeister Ludwig Entfellner im Gleichlaut überzeugt.

Der Architekt des Projekts Bernhard Püschel ging auf die planerischen Besonderheiten desselben ein. Er führte aus, dass alle erdgeschossigen Nutzungseinheiten unmittelbar von außen erschlossen werden. Damit entfielen viele der sonst für Gänge notwendig werdenden Flächen. MARO und Lebenshilfe schufen zudem Gemeinschaftsflächen, ein wesentlicher Bestandteil des Nachbarschaftskonzepts. Der gegebene hohe Grundwasserstand hätte großen zusätzlichen Aufwand, konkret für die Entwässerung der Baugrube während der Bauzeit und die wasserdichte Ausführung eines Untergeschosses und damit hohe zusätzliche Kosten bedeutet. Daher ist auf eine Unterkellerung verzichtet worden. Zudem werden die erforderlichen Stellplätze oberirdisch dargestellt und dies dabei grundsätzlich ohne Überdachungen bzw. Bauwerke für das Parken von Fahrzeugen. Die Häuser besitzen ein traditionelles Kaltdach mit Dämmung auf der obersten Geschoßebene. So wurden aufwändig gedämmte Schrägdachkonstruktionen für ausgebaute Dächer sowie Gauben und Dachflächenfenster vermieden. Zudem können hier die für die Wohnungen erforderlichen Abstellflächen sehr wirtschaftlich dargestellt werden. „Das Vorhaben bringt dabei in herausgehobener Weise Ökologie und Ökonomie in Einklang.“, so Püschel in seinem Resümee.

Zweiter Bürgermeister Johannes Weber gratulierte der Lebenshilfe Traunstein gemeinnützige GmbH und ihrer Geschäftsführerin Annemarie Funke herzlich zum Ausgewähltwordensein des Projekts für den Baukulturtag sowie die gelungene Präsentation. Er dankte namens der Gemeinde Unterwössen dem Team der Lebenshilfe mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Bewohnerinnen und Bewohnern für ihr Engagement und wünschte Ihnen für die Zukunft weiterhin alles Gute.

Bericht und Foto: Gemeinde Unterwössen / mvb-baukultur  – Das Bild zeigt (von links) den Zweiten Bürgermeister der Gemeinde Unterwössen und Juristen Johannes Weber, die Moderatorin des Baukulturtags und Architektin Karin Drexler, die Geschäftsführerin der Lebenshilfe Traunstein gGmbH und Bezirksrätin Annemarie Funke sowie den Geschäftsführer und Gesellschafter der MvB Baukultur GmbH Dr.-Ing. Max von Bredow. 

 

 

 

 


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Toni Hötzelsperger

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