Tourismus

Skifahren in Zeiten des Klimawandels

Veröffentlicht von Günther Freund

Der Frühling steht vor der Tür. Ich war in diesem Jahr kein einziges Mal Alpinskifahren, nur Langlaufen. Unweigerlich stelle ich mir da angesichts der ganzen Diskussionen um das Thema „Skifahren in Zeiten des Klimawandels“ die Frage, ob ich meine Ski nicht an den Nagel hängen sollte? Verflixte Frage!

Ich bin ja nicht mehr der Jüngste, habe aber was diesen tollen Sport betrifft,  ein leichtes Nostalgie-Problem.  Schon als kleiner Bub, kaum dem Kindergarten entwachsen, bekam ich meine ersten Skier. Mit den Nachbarbuben gings dann zum Birkelfeld, 1/2 Stunde Fussmarsch von unserer Wohnung in Bad Reichenhall. Ab Anfang Dezember lag damals massenhaft Schnee und schnell hatten wir eine Piste eingetreten und fuhren Schuss den Hügel runter. Es machte uns riesigen Spass!  Bald lernten wir auch den  „Kristiania-Schwung“, der damals die verbreitete Skitechnik war und das „Abkristeln“, mit dem man schnell zum Halt kam. Wir waren bald richtig gute Skifahrer und wenn meine Mutter, die um meine heilen Knochen besorgt war, mich nicht vor den Nachwuchs-Skirennen immer darauf eingeschworen hätte ja langsam zu fahren, Toni Sailer hätte Konkurrenz bekommen!

Als dann in Reichenhall der Stadtberglift gebaut wurde, konnten wir unser Können auf dem unteren Teil der vorderen Abfahrt vom Predigtstuhl erproben, eine äußerst anspruchsvolle Piste. Die nächste Station unserer Skifahrer-Aktivitäten war dann der Predigtstuhl. Die Talstationen des Stadtberglifts und der Predigtstuhlbahn war gut zu Fuß erreichbar und  wurden oft auch nach der Schule noch angesteuert. Die Abfahrten vom Predigtstuhl waren sportliche Herausforderungen, ob die inoffizielle vordere Abfahrt oder die Tourenabfahrt hinten hinunter nach Winkl. Das Skivergnügen war perfekt, genau so wie es Wolfgang Ambros in seiner Hymne auf das Skifahren „Skifoarn ist das Leiwandste“ damals besungen hat.  Und das Skifahren sollte mich mein ganzes Leben begleiten, als Sport, Naturerlebnis und wichtiges soziales Miteinander mit speziellem Freiheitsgefühl – immer mit Spass und Freude verbunden und ohne schlechtes Gewissen.  Die Olympiapiste in Cortina d’Ampezzo, die Saslong in Gröden mit den berühmten Kamelbuckeln, oder die Gran Risa in La Villa  – die alle bin ich schon runtergesaust.

Und jetzt aufhören? Soll ich wirklich nie mehr meine Bretter rausholen?

Ist Skifahren wirklich nicht mehr zeitgemäß? Nun, zumindest der damit verbundene Aufwand  ist fragwürdig. Der Aufwand eines normalen Skitags wirft jedes Jahr größere Fragezeichen auf. Ausrüstung, Logistik und die damit verbundenen Kosten – alles  wird immer komplizierter und teurer. Soll ich mir das wirklich noch antun: im Stau stehen, vom endlich gefundenen Parkplatz zur Kasse stapfen, in die lange Schlange vor der Gondel einreihen, dann warten vor dem Sessellift, nur um dann ein paar Minuten abzufahren bis zur nächsten Warteschlange?

                                                                 St.Johann m Februar 2024 (Foto: Christian Freund)

Mit schlechtem Gewissen, die spärliche Schneedecke ignorierend, auf einem weißen Kunstschneeband durch grüne Wiesen den Berg hinunter gleiten?  Das Skifahren auf Kunstschneepisten ist in den vergangenen Wintern Gegenstand eines gesellschaftlichen Diskurses geworden, der unsere Gewohnheiten auf den moralisch-ökologischen Prüfstand stellt: Umweltzerstörung, Landschaftseingriffe, erhöhter CO2-Ausstoß der Fahrzeuge bei der Anreise,   Schneekanonen………..

Kitzbühler Horn im Februar 2024 (Foto: Christian Freund)

Andererseits: Ein einziger gelungener Skitag kann dann den ganzen Wahnsinn subjektiv rechtfertigen. Und auch wenn es manchmal nur dank Schneekanonen möglich ist: Skifahren ist moralisch vertretbar und im Einklang mit meinem Engagement für den Umweltschutz!

Wenn es also doch noch einmal ein paar Tage Wintermärchen im Chiemgau mit Sonne und Pulverschnee gibt – natürlich bin ich dann gleich in Sachrang,  wedle ein paar Mal den Kaiserblicklift runter, genehmige mir ein Weißbier auf der Sonnenterrasse der Kaiserblick  Stub´n und genieße den schönen Ausblick. Schnell ist dann der ganze Aufwand vergessen und ein schlechtes Gewissen werde ich dann bestimmt nicht haben. Vielleicht leiste ich mir sogar dann noch einmal eine Halbtagskarte auf der Steinplatte.

Also Bretter doch noch nicht entsorgen!

 

Redaktion

Günther Freund

1944 in Bad Reichenhall geboren, Abitur in Bad Reichenhall, nach dem Studium der Geodäsie in München 3 Jahre Referendarzeit in der Vermessungs- und Flurbereinigungsverwaltung mit Staatsexamen, 12 Jahre Amtsleiterstellverteter am Vermessungsamt Freyung, 3 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Zwiesel und 23 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Freyung (nach Verwaltungsreform mit Vermessungsamt Zwiesel als Aussenstelle). Seit 2009 im Ruhestand, seitdem in Prien am Chiemsee wohnhaft.

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