Zwei Tage lang haben sie sich mit nur zwei Werken von nur einem Künstler befasst und mussten im Nachhinein über sich selbst schmunzeln: die Teilnehmer am Workshop „KunstBegegnung Baselitz“ im Museum DASMAXIMUM in Traunreut. Denn anschließend gefragt, was sie sich bei ihrem nächsten Besuch in den rund 4.300 m² großen Hallen mit gut 200 Werken von neun Künstlern zuerst ansehen werden, kam die Antwort einstimmig: „Natürlich diese Bilder von Baselitz! Jetzt erst recht – wie gute alte Freunde!“
Der Workshop war ein doppeltes Experiment. Im Rahmen des bayernweiten Modellprojekts „gesund-mitkunst“ von STADTKULTUR Netzwerk Bayerischer Städte e. V. und der AOK Bayern ist es das Ziel herauszufinden, inwieweit die Beschäftigung mit Kunst Lebensqualität und Gesundheit beeinflusst. Für das Museum DASMAXIMUM ist es gleichzeitig der Versuch, das Konzept des Museumsstifters Heiner Friedrich zu veranschaulichen. Mit seiner Idee, zeitgenössische Kunst wie bei den Alten Meistern der Renaissance möglichst dauerhaft in einer direkt für den Raum geschaffenen Installation und bei natür-lichem Licht zu zeigen, um mit jedem Besuch neue Qualitäten zu entdecken, wurde er zur Legende.
Auch und gerade für die Werke des Kunstrebellen Georg Baselitz, Jahrgang 1938, war eine Heranführung mit viel Zeit hilfreich. Aufgaben wie das Übersetzen verschiedener Gefühle in eine Zeichenstruktur, das Arbeiten am umgedrehten Motiv oder das Zusammenstellen seiner Farbpalette durch Zeitschriften- oder Naturfragmente ließen die künstlerische Arbeit ohne viel Worte nachvollziehen und gemeinsam ergründen, warum Baselitz heute zu den weltweit bedeutendsten Künstlern gehört.
Die „KunstBegegnung“ wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Museums-Team von der Kunstpädagogin und Industriedesignerin Susanne Frigge entwickelt und gemeinsam mit der Ärztin Dr. Petra Härtl geleitet. Dabei wurden die Teilnehmenden dabei unterstützt, sich Zeit zu nehmen, sich auf die Kunstwerke einzulassen und im aktiven Gestalten die Sinne zu schulen. Die mit der Evaluation von „gesundmitkunst“ beauftragte Medical School Hamburg entsandte den Kunsttherapeuten und Gerontologen Michael Ganß, um das Projekt zu begleiten und unter anderem in einer anschließenden Diskussion mit den Teilnehmenden auszuwerten.
Positiv überrascht waren sie alle: die Projektleiterin über die Offenheit und energiegeladene, stille Konzentration während der Arbeitsphasen und die 11 Teilnehmenden von ihren übertroffenen Erwartungen. „Man muss auch mal zwei Schritte zurückgehen, um das Werk aus einer anderen Perspektive zu betrachten, wie im Leben eben auch“, wurde resümiert, und dass es gerade die Anleitung in der Gruppe wäre, die eine ausdauernde Konzentration möglich machte. Dem Museumsstifter hätte die Erfahrung der Teilnehmenden wohl aus der Seele gesprochen: „Die Kunst zwingt einen, im Moment zu sein!“ Dass es im Workshop – wie generell im DASMAXIMUM – möglich ist, dieser Gegenwart ganz ungestört und immer wieder zu begegnen, wurde mit großem Dank an den Stifter und die Sponsoren der „KunstBegegnung“ ausgesprochen. Man sei ergebnisorientiert reingegangen, konnte aber in der Atmosphäre der „KunstBegegnung“ entspannen und loslassen, so
einige dezidiert „ergebnisorientierte“ Teilnehmende, die die Tage zusammenfassten mit: „erschöpft gekommen und entspannt gegangen – man geht aufrechter raus!“.
Natürlich sei es nicht der einzelne Museumsbesuch oder die einmalige Begegnung mit einem Kunstwerk, die, wie man im Mittelalter glaubte, Kranke heilen könne, so Michael Ganß. Um sich auf Kunst einzulassen brauche es die Herausforderung und Mut. Kunst schaffe einen Raum zur Selbsterkenntnis und Selbstwirksamkeit. Im Museum DASMAXIMUM macht man mit Projekten wie diesen immer wieder die Erfahrung: Die Förderung von kreativem Denken, von Selbstwahrnehmung und dem Erleben der eigenen Handlungskompetenz habe geradezu therapeutische Aspekte und schaffe damit eine Grundlage für Resilienz. Daher sei es so wichtig, gute Vermittlungsformate mit professioneller Begleitung anzubieten und weiterzuentwickeln. Mit der Unterstützung dieser Initiative des Museums DASMAXIMUM und seines Freundes- und Förderkreises ist es damit auch STADTKULTUR und AOK gelungen, neue Impulse in der Gesundheitsförderung anzuregen.
Bericht und Bildmaterial: DASMAXIMUM KunstGegenwart