Wie ein lebendig gewordenes Bild aus dem 19. Jahrhundert: unter traumhaften Bedingungen fand die traditionelle, inzwischen 66. Herbstjagd hinter den Hunden des Schleppjagdvereins von Bayern e.V. auf der schon herbstlichen Herreninsel statt. Geritten wurde in zwei Feldern, einem springenden und einem nicht springenden Feld. Die Meute „aus dem Wittelsbacher Land“, mit 30 Englische Foxhounds, rund erfahrene 45 Reiter in roten und blauen Jagdröcken sowie die anspruchsvolle Jagdstrecke über 20 km mit 28 Hindernissen mit dem berühmten Sprung der Reiter in den Chiemsee bei Pauls Ruh begeisterten auch viele Inselbesucher. Die rund 1.000 Besucher konnten bei bestem Wetter schöne Jagdsequenzen spazierend über die Herreninsel erleben und Signale der wunderbaren Bläser „Les Trompes de Bavière“ vernehmen.
Die Schirmherrschaft hatte wieder der Staatsminister und stellvertretender Bayerischer Ministerpräsident Hubert Aiwanger übernommen. Vor der Kapelle St. Maria am Alten Schloss, dem ehemaligen Chorherrenstift hatten die Reiter und die Hunde Aufstellung genommen. Toni Wiedemann, Präsident und Master des Schleppjagdvereins von Bayern dankte Aiwanger und betonte, dass die Jagdreiter seinen Einsatz hoch zu schätzen wüssten, dass er nun schon zum vierten Mal in Folge die Schirmherrschaft übernommen habe. Nach dem Motto „Schlösser beleben, Geschichte erleben“, erinnerte Wiedemann an die Tradition der Jagdreiterei. Geritten wurde in zwei unterschiedlichen Gruppen, wobei die Reiter der zweiten Gruppe auch an die Hindernisse vorbeireiten konnten. Als Gastgeber begrüßten Josef Ettenhuber und Esther Höhn die Jagdreiter und Jagdgäste aus ganz Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und der Schweiz. Ettenhuber freute sich, auch den Vorstand der Schloss- und Gartenverwaltung Herrenchiemsee, Konstantin Buchner, den Bürgermeister der Inselgemeinde Chiemsee, Armin Krämmer sowie Pfarrer Dr. Lothar Katz begrüssen zu dürfen. Katz segnete Ross und Reiter und erbat den Zuspruch Gottes. Hubert Aiwanger eröffnete seine Grussworte mit Glückwünschen zu Josef Ettenhubers 80. Geburtstag und erinnerte an die Tradition der Schleppjagd, sein besonderer Dank galt Toni Wiedemann und seinem Einsatz für den Erhalt des Brauchtums. Er unterstrich, dass nicht auf lebendes Wild gejagt werde, vielmehr werde dies nur nachempfunden und erinnere an eine Zeit, als gejagt wurde, um die Menschen zu ernähren. Wiedemann hatte zuvor angemerkt und sehr bedauert, dass die Anzahl der jagenden Meuten innerhalb der letzten zehn Jahre deutlich zurück gegangen sei. Vor zehn Jahren haben noch 25 Meuten gejagt, mittlerweile seien es nur mehr 15, so Wiedemann.
Sicherheit für Ross, Reiter, Jagdgäste und Zuschauer
Die Sicherheit für Ross, Reiter, Jagdgäste und Zuschauer wird stets großgeschrieben. So sind obligatorisch das BRK und eine Tierärztin sowie zwei Reiter der Polizei-Reiterstafel Rosenheim vor Ort, um u.a. auch Wege und Querungen zu sichern. Valerie und Valesca Leichtfuss und Rosa von Weidenbach begleiteten als eingespieltes Team die Jagd und plazierten an neuralgischen Punkten entsprechende Hinweistafeln, um auf die Jagd aufmerksam zu machen und Fußgänger zum Teil mit Kindern, Kinderwägen und Hunden, daran zu erinnern, dass Jagdpferde in Geschwindigkeit und Aufregung nicht nur fast eine halbe Tonne Gewicht sondern gefühlt mehr als eine Pferdestärke mitbringen können. Gerade beim Sprung in den Chiemsee erhofften sich aber viele spektakuläre Fotos und drängten an die Absperrung um die Pferde und Reiter vor den Bergen im Chiemsee zu sehen. Auch bei erfahrenen Jagdreitern kann es mal zu einem Sturz kommen. Diese „unfreiwillig“ abgestiegenen Reiter konnten allerdings sofort wieder aufsteigen und die Jagd mit dem Halali hinter dem neuen Schloss beenden.
„Von der Insel auf die Insel“ – Felix Junkmann, der als Pikeur von Jörg Holzer das Jagdfeld mit anführte, war mit seinem 12-jährigen „Corragio“ von der Nordseeinsel Norderney angereist. Eine Stunde Fähre aufs Festland und 13 Stunden Fahrzeit ist ihm die Jagd auf jeden Fall immer wieder wert. Junkmann erklärte, wie sehr Licht und Schatten, die anspruchsvolle Jagdstrecke, auch bei besten Bodenverhältnissen und fair gebauten Hindernissen, Pferd und Reiter beanspruchen. Seinen Dank möchte er der Jagdherrschaft Esther Höhn und Josef Ettenhuber aussprechen, die es immer wieder schaffen, durch ihr Engagement die Tradition zu bewahren und diese Jagd zu einer ganz besonderen Jagd zu machen – nicht nur sportlich, sondern auch gesellschaftlich.
„Poppings Olympic“, ein 1,47 m Stockmass New Forst-Pony, und seine Reiterin Agnes Schubert, hielt ganz hervorragend im Feld der Großpferde mit und Schubert erzählte, wie man sich auf die Jagdreiterei vorbereiten kann. Sie habe einen entsprechenden Jagdlehrgang besucht und im Jagdtraining werde gelehrt, wie man in der Gruppe reitet, wie man in der Gruppe springt, wie man mit Rücksicht und Übersicht im Feld unterwegs ist und wie man mit Hunden reitet.
Bericht und Bilder: hö-daa-höhn: Eindrücke von der Herbstjagd des Bayerischen Schleppjagdvereins auf Herrenchiemsee