Kirche

Trauerrede zum Abschied von Sieglinde Wunsam

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Trauerworte von Daniel Artmann, 2. Bürgermeister der Stadt Rosenheim zum Abschied von Sieglinde Wunsam

Hohe Geistlichkeit,
geschätzte Hannelore Maurer,
liebe Christine, lieber Günther,
liebe Familie,
verehrte Trauergäste,

wir nehmen heute Abschied von unserer lieben Sieglinde Wunsam.

Für uns Menschen gibt es keine schwereren Stunden als diese unendlich und untragbar scheinende Zeit des Abschieds. Aber jeder Mensch ist im Leben und bleibt auch darüber hinaus vielfältig mit seinen Mitmenschen verwoben:

  • mit der Familie und seinen Angehörigen
  • mit dem unmittelbaren Umfeld in Gesellschaft und Ehrenamt
  • aber auch mit allen, die von seinem Wirken, seinem Engagement und seinem Willen zur positiven Veränderung berührt werden.

In dieser schweren Stunde des Abschieds trauere ich als Mensch in erster Linie mit den Angehörigen, die Sieglinde Wunsam vermissen und in deren Leben sie eine Lücke hinterlässt. Ich fühle mit Ihren Kindern, Enkelkindern und Urenkeln. Als 2. Bürgermeister der Stadt Rosenheim trauere ich um eine engagierte Kommunalpolitikerin, die 18 Jahre im Rosenheimer Stadtrat die Geschicke ihrer Heimatstadt maßgeblich mitprägte. Als Kreisvorsitzender der CSU erinnere ich mich dankbar an eine gestandene Demokratin, die Politik als Gestaltungsaufgabe im Sinne christlicher Verantwortung für das Gemeinwesen verstand und lebte. Als heimatverbundene Menschen nehmen wir heute alle Abschied von einer überzeugten Kastenauerin, die das Selbstbewusstsein und die Eigenarten ihres Stadtteils zeitlebens verkörperte.

Wir verneigen uns ein letztes Mal vor einer Frau, die wir gekannt, respektiert und gemocht haben – und wir wissen: Sie fehlt.

  • Sie hinterlässt eine Lücke, die niemals geschlossen werden kann.

Unsere Sieglinde war eine Frau, die in ihrer politischen Arbeit im Stadtrat und in der Parteipolitik ganz bewusst die Menschen mit ihren Anliegen in den Mittelpunkt gestellt hat, die unserer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Deshalb spreche ich heute auf dieser Trauerfeier nicht nur für mich allein, sondern darf Dir, liebe Christine, und Dir, lieber Günther, und Eurer gesamten Familie, die Anteilnahme der Stadt Rosenheim und ihrer Bürgerinnen und Bürger übermitteln.

Sehr verehrte, liebe Trauergäste,

Sieglinde wurde 1943 geboren und wuchs im Nachkriegsdeutschland auf, das sich im Zeichen des Wirtschaftswunders rasant entwickelte. Schon vom Elternhaus her, war ihr aber auch der Sinn und der Wert von Heimat, Tradition und Brauch bewusst. Sieglinde war praktisch seit Geburt eine Innviertlerin und wurde seit 1950 in Mitgliedsbüchern des Trachtenverein D’Innviertler Rosenheim geführt. Sie gewann als sehr gute Dreherin mehrfach Wettbewerbe, engagierte sich unter anderem als 1. Dirndlvertreterin und war 1964 Fahnenbraut bei der Weihe der zweiten Vereinsfahne. Als Mitglied der Innviertler Sängerinnen bewies sie auch ihr musikalisches Talent. Seit den 1960-er Jahren hatten sie zahlreiche Auftritte in Bayern und Österreich. Ebenso war sie als Hackbrettspielerin lange Jahre Teil der vereinseigenen Stubnmusi, mit ihrem Mann Ernst an der Gitarre. Die Ehrenmitgliedschaft 1975 war für die Sigi, wie sie im Verein hieß, sichtbares Zeichen der Dankbarkeit für ihren Einsatz. Lebensmittelpunkt war unserer Sieglinde die Kastenau, als Vorstandsmitglied der Pfarrei Heilige Familie, als Kirchenpflegerin und im Kirchenchor… wie als tragende Säule des Theatervereins und als Unterstützerin der Schützen.

Als langjährige Fördervereinsvorsitzende der Stadtkapelle Rosenheim hat Sieglinde die Verdienstmedaille des Musikbundes für hervorragende Verdienste um die bayerische Blasmusik erhalten. Im Förderverein des Städtischen Museums war sie 2. Vorsitzende. Ihr Kontakt mit Menschen, ob im Verein oder in der Partei, mündete bei Sieglinde unvermeidlich in den Einsatz für unsere Rosenheimer Stadtgesellschaft. Im Stadtrat erwarb sie sich bleibende Verdienste bei der Sicherung und Weiterentwicklung des Klinikums, legte sich für den Ausbau der Kinderbetreuung ins Zeug und war Sprecherin der CSU im Jugendhilfeausschuss.

Auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Stadtrat blieb sie weiterhin politisch aktiv beim Aufbau der Senioren-Union der CSU, die sie im Kreisverband Rosenheim-Stadt auch 10 Jahre führte. War sie im Stadtrat starke Lobby der Kinder und Jugendlichen, war sie in den Jahren 2013 bis 2023 Stimme und Motor der älteren Generation in unserer Stadt. Seniorenpolitik verstand sie als Aufruf zu konkreten Initiativen.

  • Sie hat sich dafür eingesetzt, dass Senioren so lang wie möglich in der ihnen vertrauten Umgebung bleiben können und
  • räumte viele kleine Stolpersteine für die Älteren aus dem Weg, die wir Jüngeren im Alltag allzu oft gar nicht bemerken.

Sieglinde war für mich in diesem Sinne immer eine gesuchte Gesprächspartnerin und Ratgeberin. Sie hat mich in meinem Bild von Politik und deren Gestaltungsauftrag bestärkt, wonach es nicht um einen Selbst, um Karriere oder Ehrungen gehen darf, sondern immer um die Menschen in unserer Stadt. Und ich habe von ihr gelernt, dass politisches Engagement keine Frage des Alters ist, sondern des Feuers, der Leidenschaft und der Ideen.

Liebe Angehörige, liebe Trauergäste,

wenn wir unsere Sieglinde auch aus unterschiedlicher Perspektive und in unterschiedlicher Funktion kannten: Heute eint uns die Trauer um diese Frau. Denn sie war für uns alle bedeutsam. Sie war ein außergewöhnlicher Mensch. Und uns verbindet heute die Hoffnung auf gemeinsamen Trost im christlichen Glauben in dieser Stunde des Abschieds. Trost kann auch das Wissen spenden, dass mit dem Tod von Sieglinde ein erfülltes Leben zu Ende gegangen ist, gewidmet der Sorge um ihre Familie und der Arbeit für das Gemeinwesen. Die dankbare Erinnerung, dass wir Sieglinde Wunsam kennen und ein Stück des Wegs mit ihr gemeinsam gehen durften, kann uns keiner nehmen. Sie dauert über den Tod hinaus. In dieser Erinnerung bleibt sie bei uns.

Liebe Sieglinde, leb wohl. Wir glauben fest daran, dass wir uns wiedersehen.

Rede von MdL Daniel Artmann, 2. Bürgermeister der Stadt Rosenheim (es gilt das gesprochene Wort)

Redaktion

Toni Hötzelsperger

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