Sie gehören zu jenen, die während der Pandemie besonders hart um ihre Existenz kämpfen: Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe, Tagungshäuser, Freizeiteinrichtungen, Gästeführer und Kulturschaffende – kurz: die komplette Tourismuswirtschaft in der Inn-Salzach Region ist seit März vergangenen Jahres stark von Corona bedingten Einschränkungen betroffen. Das geht aus einer aktuellen Online-Umfrage hervor, die der Tourismusverband Inn-Salzach in Zusammenarbeit mit den regionalen Kreisverbänden DEHOGA, Urlaub auf dem Bauernhof und Bauernland Inn-Salzach durchgeführt hat. Verschiedene Tourismusakteure der Region haben dabei über ihre Situation Auskunft gegeben. Sie berichten über den Einbruch der Übernachtungszahlen, aber auch von Hoffnungsschimmern: Denn die Region gewinnt für Urlauber zunehmend an Attraktivität.
„Am schlimmsten ist die Unsicherheit“
Von rund 600 angeschriebenen Betrieben beteiligte sich ein Sechstel an der anonymen Umfrage des Tourismusverbands. Sie zeichnen ein mitunter verheerendes Bild ihrer persönlichen Situation und damit eines wichtigen Wirtschaftsfaktors in der Region: Denn die Zahl der Gäste-Ankünfte in der Region sank 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 52,5 Prozent. Ähnlich sieht es bei den Übernachtungen aus: Sie gingen 2020 um 45 Prozent zurück.
Für viele Unternehmen hat dieser Einbruch weitreichende Folgen. Die Lage sei existenzbedrohend, melden einige Befragte zurück. „Jetzt wird’s finanziell ziemlich eng“, lautet ein Kommentar in der Umfrage. „Am schlimmsten ist die Unsicherheit“, beschreibt ein anderer die aktuelle Stimmungslage.
Wer anreist, bleibt länger in der Region
Doch es gibt auch Lichtblicke, die Hoffnung für die Zukunft machen und zeigen, dass es lohnt, durchzuhalten. Zwar melden 66,1 Prozent der Befragten einen Rückgang von geschäftlichen Übernachtungen. Ein Trend, der sich vermutlich auch nach Corona fortsetzen wird: Rund 40 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Digitalisierung in vielen Betrieben langfristig für einen Rückgang von Geschäftsreisen sorgen wird.
Gleichzeitig aber steigt das Interesse von Urlaubsreisenden an der Region deutlich. Sichtbar wird das einerseits an der zunehmenden Verweildauer von Touristen: Urlauber, die sich 2020 für eine Reise in die Inn-Salzach-Region entschieden, blieben auch länger. Die Aufenthaltsdauer lässt sich auf durchschnittlich 2,5 Tage beziffern – 2019 lag sie noch bei 2,2 Tagen. Als positiv wertet der Tourismusverband Inn-Salzach außerdem, dass es sich bei bereits 60 Prozent der Anreisenden um überregionale Gäste handelt. Zahlreiche Anfragen von Urlaubern erreichen den Verband beispielsweise aus Baden-Württemberg, Niedersachen oder Nordrhein-Westfalen. „Die überregionale Bekanntheit und Beliebtheit der Inn-Salzach-Region ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Im letzten Jahr hat Pandemie bedingt vor allem der deutsche Markt angezogen“, so Tourismusverbands-Geschäftsführerin Andrea Streiter.
Vom Businessgast zum Urlauber
Weniger Geschäftsreisende, dafür mehr Urlauber – eine Chance, die der Großteil der Tourismusbetriebe nutzen will. So wünschen sich knapp 80 Prozent der Befragten mehr Urlaubsgäste. „Das Bewusstsein der Akteure für die Bedeutung des Urlaubstourismus steigt“, bestätigt Geschäftsführerin Andrea Streiter.
Bereits in den vergangenen Jahren habe der Tourismus in der Region einen klaren Aufwärtstrend verzeichnet, der durch die Pandemie abrupt gestoppt wurde. „Die Corona-Krise hat den Tourismus nahezu komplett zum Stillstand gebracht“, so die Tourismus-Chefin. Nach mehreren Rekordjahren in Folge sei die Branche auf der Überholspur ausgebremst worden. Nicht nur für die Betriebe, sondern für die gesamte regionale Wirtschaft ein harter Schlag. Denn alleine 2019 brachten 0,6 Millionen Übernachtungen und 7,8 Millionen Tagesgäste der Region Inn-Salzach einen Bruttoumsatz von rund 233 Millionen Euro. Dieser Umsatz kommt Hotels und Gaststätten, aber auch Dienstleistern, Handwerks- und Handelsbetrieben sowie über Steuereinnahmen den kommunalen und öffentlichen Kassen zugute. Dazu kommt ein Aspekt, der in Zahlen nur schwer zu messen ist: „Wo der Tourismus lebendig ist, wird mehr investiert. Kommunen und Bürger profitieren von einem breiteren kulturellen Angebot, besserer Infrastruktur, Arbeitsplätzen und einem gepflegten Landschaftsbild“, so Streiter.
Kurzarbeit, aber kaum staatliche Hilfen
Durch die Corona-Pandemie ist die Tourismuswirtschaft komplett eingebrochen. Laut Umfrage kämpfen sich die Betriebe in der Region mit unterschiedlichen Strategien durch diese schwere Zeit. In Zahlen: 28,7 Prozent der Befragten retten sich seit Beginn der Pandemie mit Kurzarbeit durch die Krise. 20,2 Prozent haben bereits Mitarbeiter verloren. Auf staatliche Hilfe hat hingegen nur ein kleiner Teil der Befragten zurückgegriffen. Laut Umfrage bestehen bislang 65 Prozent der Tourismusakteure ohne Bund-Finanzhilfen in der Krise. 29,8 Prozent der Befragten haben finanzielle Hilfen vom Bund beantragt, 19,4 Prozent davon haben aber noch keine der beantragten Hilfen erhalten. Besonders schwierig ist die Lage für die Gastronomen und Einzelhändler, die vom Tagesgeschäft abhängig sind. „Nach Soforthilfen, Kurzarbeitergeld und Stundungen wird es mittelfristig eine laufende Unterstützung brauchen, um die Umsatzverluste aufzufangen“, resümiert Andrea Streiter. Hier dürfen auch die Kleinstunternehmer wie Gästeführer, Privatvermieter oder Kulturschaffende, die für den Tourismus und auch die Gastronomie wichtig sind, nicht vergessen werden. Der Tourismus stärke gerade den ländlichen Raum und gehe mit großen Investitionen in die Infrastruktur einher. „Tourismus sorgt nicht nur für Lebensfreude, er sichert auch für viele Menschen in der Region den Lebensunterhalt“, so Streiter.
Zurückhaltung bei Buchungen für 2021
75 Prozent der befragten Beherbergungsbetriebe gaben an, dass sich die Buchungslage für die kommende Sommersaison „schlechter als in einem normalen Jahr“ entwickelt. Gründe hierfür liegen neben dem langanhaltenden Lockdown auch in der Zurückhaltung der Urlauber, die sich – abhängig von der Infektionslage – eher spontan für Reisen entscheiden. Außerdem spielen weniger Urlaubstage durch pandemiebedingte Kinderbetreuung sowie eingeschränkte finanzielle Möglichkeiten – etwa wegen Kurzarbeit – eine große Rolle im diesjährigen Urlaubsverhalten. Und nicht zuletzt hält die Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus noch viele Reisende von einer Buchung ab.
Nicht alle Betriebe für Tests und Kontaktverfolgung
Trotz der Zurückhaltung der Gäste bei Buchungen – laut der jetzt ausgewerteten Umfrage des Tourismusverbands sind nur 51,1 Prozent der Befragten bereit, durch besondere Maßnahmen schnellstmöglich zu einem normalen Gästebetrieb zurückzukehren. Die übrigen Akteure lehnen es ab, beispielsweise Corona-Geimpften besondere Privilegien einzuräumen oder mit Nachverfolgungs-Apps wie Luca zu arbeiten.
Beratung und Produktentwicklung
Auf lange Sicht werde der Tourismus nach der Corona-Bremse wieder an Schwung gewinnen, prognostiziert Geschäftsführerin Andrea Streiter. Der Tourismusverband Inn-Salzach arbeitet daran auch während der Krise unvermindert weiter. So wurden in den vergangenen Monaten neben den Rad- und Wanderwegen die inzwischen über 200 Erlebnisangebote – vom Alpakawandern über Schmiedekurse bis hin zur neuen Radlroas-Pauschale mit geführten Touren – weiter ausgebaut. Zudem hat sich der Verband von Beginn der Pandemie an der Beratung und Unterstützung touristischer Betriebe verschrieben. „Seit einem Jahr machen wir unsere Leistungsträger in zahlreichen Online-Seminaren fit. Zu juristischen Fragestellungen rund um Corona, aber auch für die Herausforderungen der Digitalisierung, ohne die es auch im Tourismus nicht mehr geht“, berichtet Andrea Streiter. Ergänzt wird dieses Angebot unter anderem durch ein Corona-Infoportal. Größte Herausforderung sei es, die Tourismusstrukturen so gut es geht durch die Krise zu retten, so Andrea Streiter, Die Reiselust der Gäste sei da. Die Prospektbestellungen laufen auf Hochtouren. Nun müsse man abwarten, bis man endlich wieder öffnen könne. „Damit wir an die erfolgreichen Zeiten des Wachstums wieder anknüpfen können.“
Tourismusregion Inn-Salzach
Gut vierzig Kilometer östlich von München beginnt die Ferienregion Inn-Salzach, die sich bis zur deutsch-österreichischen Grenze erstreckt. Zu den Besuchermagneten zählen die längste Burg der Welt in Burghausen, der Wallfahrts- und Pilgerort Altötting und die traditionsreiche Handelsstadt Mühldorf in klassischer Inn-Salzach-Architektur. Zahlreiche Rad(wander)wege entlang von Inn und Salzach, das Europareservat „Unterer Inn“, historische Kleinode, Klöster und Museen, Golfplätze, Ausflugsziele und Veranstaltungen in den 55 Orten garantieren jede Menge Abwechslung rund ums Jahr. Kulinarisch tut sich die Region durch kleine Handwerksbrauereien, renommierte Sterneköche und Bioproduzenten hervor.
Über den Tourismusverband Inn-Salzach
Der Tourismusverband Inn-Salzach wurde Ende 2012 von den beiden Landkreisen Mühldorf und Altötting gegründet. Ziel des Tourismusverbandes ist es die Aktivitäten in der Region zu bündeln und eine gemeinsame Außendarstellung der 55 Städte, Märkte und Gemeinden zu realisieren. Zur Vermarktung der Erlebnisregion Inn-Salzach werden zahlreiche Maßnahmen und Projekte in den vier Geschäftsfeldern Städte- und Kulturtourismus, Land- und Naturerlebnis, Rad- und Aktivtourismus sowie Wallfahrt und spirituelles Reisen umgesetzt. Dazu gehören Messeauftritte und PR-Aktivitäten, aber auch Broschüren und Publikationen zu den touristischen Angeboten in der Region.
Weitere Informationen unter www.inn-salzach.com.
Bericht und Bildmaterial: Tourismusverband Inn-Salzach