Wildbienen wie die Blaue Holzbiene (Gartentier des Jahres 2022) spielen eine wichtige Rolle in Naturlebensräumen – und sind gefährdet. Dabei können bienenfreundliche Gärten den Wildbienen und anderen Insekten helfen, indem sie diesen einen wichtigen Lebensraum bieten. Die Gebietsbetreuerin für den Landkreis, Julia Werner, hat mit Kreisgartenfachberater Sepp Stein einige Fakten rund um die Wildbienen und insektenfreundliche Gärten zusammengestellt.
Neben der Blauen Holzbiene kommen im Berchtesgadener Land etwa 250 Wildbienen-Arten vor. Diese Verwandten der Honigbiene findet man bevorzugt in intakten, naturnahen und strukturreichen Landschaften, die ebenfalls Lebensräume sind für viele heimische Tier- und Pflanzenarten. So sieht man sie häufig auf artenreichen Mähwiesen, auf Berg- und Obstwiesen, in Hecken und blühenden Gärten. Im Gegensatz zu Honigbienen leben Wildbienen meist solitär und nisten nicht in Bienenstöcken, sondern in der Erde, in Sand und Lehmflächen, in morschem Holz oder Pflanzenstängeln. Auch haben sie einen wesentlich kleineren Aktionsradius – sie entfernen sich nur bis zu 500 Meter von ihrem Nest zur Futtersuche. Honigbienen können hierfür bis zu 7 Kilometer weit fliegen. Dabei sind viele Wildbienen spezialisiert auf bestimmte Pflanzenarten, die umgekehrt abhängig sind von der Bestäubung durch eine bestimmte Wildbienen-Art.
Wildbienen sind wichtig für die biologische Vielfalt
Etwa 80 Prozent der heimischen Pflanzen werden durch Insekten bestäubt, wobei Bienen hier die Hauptrolle spielen und Wildbienen zwei Drittel der Bestäubungsleistung stemmen. So können Hummeln, die ebenfalls zu den Wildbienen gehören, etwa 5.000 Blüten pro Tag besuchen. Honigbienen und Wildbienen erfüllen damit nicht nur essentielle Funktionen in den Ökosystemen und sind unerlässlich für die Fortpflanzung und das Überleben von vielen Pflanzen und damit für die Artenvielfalt, sie spielen auch eine zentrale Rolle in der Nahrungsmittelproduktion und haben einen hohen ökonomischen Nutzen.
Wildbienen als bedrohte Arten
Leider sind die Bienenpopulationen auf der ganzen Welt bedroht und nehmen ab. Zehn Prozent der Arten sind gefährdet, in Europa ist ein Drittel der Bienenarten im Rückgang – man spricht heute von einem globalen Bienensterben. Von den ca. 560 in Deutschland lebenden Wildbienenarten sind fast die Hälfte gefährdet und teilweise vom Aussterben bedroht. Auch im Berchtesgadener Land ist ein Rückgang feststellbar. Die Gründe hierfür sind neben Klimawandel, Umweltverschmutzung und der Verbreitung natürlicher Feinde, Krankheitserreger und Parasiten wie der Varroa-Milbe insbesondere der Lebensraumverlust, der Einsatz von Pestiziden und der Anbau von Monokulturen mit einem nur kurzzeitigen Nahrungsangebot. So bieten Monokulturen anstelle von artenreicher Blumenwiesen mit vielfältigem und ganzjährigem Nahrungsangebot für die Wildbienen nur ein kurzzeitiges Nahrungsangebot zur Blütezeit der angebauten Pflanzen. Für das übrige Jahr wird es für die Wildbienen schwer, genügend und vielseitige Nahrungsquellen zu finden und sie müssen hungern.
Wie können Menschen den Wildbienen helfen?
Neben regionalen, bundes- und bayernweit geförderten Projekten wie dem Wildbienenprojekt der Biosphärenregion oder dem Blühpakt Bayern, die natürliche Lebensräume und ein Nahrungsangebot für Wildbienen und anderer Insekten fördern, kann auch jeder Einzelne etwas in seinem Garten oder auf seinem Balkon für die Wildbienen tun. Hier gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die teilweise nicht aufwendig sind und dabei viel bewirken können:
- Bienenfreundliche Blumen im Garten
Im eigenen Garten ist es eine gute Möglichkeit bienenfreundliche Blumen anzupflanzen. Hier eignen sich am besten einheimische Wiesenblumen, Sträucher und Bäume. Diese benötigen auch meist weniger Pflege als Zuchtformen und nicht heimische Pflanzen. Insbesondere sollten Pflanzen mit ungefüllten Blüten angepflanzt werden, da gefüllte Blüten bei denen die Blütenblätter durch Züchtung über die natürliche Anzahl hinaus vermehrt worden sind, den Zugang zum Inneren der Blüte verhindern oder – obwohl sie gut riechen – gar keinen Nektar oder Pollen anbieten. Damit sind gefüllte Blüten von Pflanzen wie etwa Zuchtrosen, Dahlien oder Garten-Chrysanthemen für Bienen keine Nahrungsquelle. Im Gegensatz dazu haben bienenfreundliche Pflanzen besonders nektar- und pollenreiche Blüten.
Ein vielfältiges Blütenangebot das Jahr über
Besonders wichtig ist es, dass im Garten von Frühjahr bis Herbst über ein vielfältiges Blütenangebot aus bienenfreundlichen Pflanzen geschaffen wird – also etwa durch das Anpflanzen von Früh- und Frühjahrsblühern, Sommer- und Herbstblühern: Früh im Jahr eignen sich Frühblüher, wie Schneeglöckchen, Winterling, Märzenbecher, Blaustern, Leberblümchen, Wiesen-Schlüsselblume und Krokus und die etwas später blühenden Narzissen, Wild-Tulpen und Pfingstrosen. Auch Bäume und Sträucher wie Weide, Haselnuss, Apfel und Kirsche, Kastanie, Johannisbeere, Hartriegel und Schlehe bieten Wildbienen und anderen Insekten ein Nahrungsangebot im Frühjahr. Zu den schön anzusehenden sommerblühenden bienenfreundlichen Wildpflanzen gehören Wildrosen, Flockenblumen, Kornblume, Wegwarten, Wiesen-Salbei, Wicken, Glockenblumen, der Bienenfreund (Phacelia), Sonnenblume und Sonnenhut sowie Beerensträucher wie Him- und Brombeere.
Herbstblühende Pflanzen im Garten sind wichtig, da in dieser Jahreszeit nur noch wenig blüht und das Nahrungsangebot für Insekten und insb. Wildbienen knapp wird. Hierzu zählen unter anderem Astern, Stiefmütterchen und Efeu, Kräuter wie Oregano oder Thymian, Gurkenkraut, Eisenkraut, Herbstzeitlose, Bartblume, Dahlien, der Echte Alant und Eisenhut.
- Mut zur Unordnung – oder: weniger ist mehr
Neben dem vielfältigen Pflanzenangebot kann man Wildbienen und anderen Insekten mit einigen anderen einfachen Maßnahmen helfen. Hierbei ist weniger (tun) mehr: Um den Wildbienen neben der Nahrung in Form von bienenfreundlichen Pflanzen Nistmöglichkeiten zu bieten, sollte eine Blumenwiese nicht komplett gemäht und Stauden nicht schon im Herbst, sondern erst im kommenden Frühjahr zurückgeschnitten werden, um diese als Winterquartiere zu erhalten. Auch wird eine „unaufgeräumte“ verwilderte Ecke im Garten, die nicht gemäht, gejätet oder betreten wird, sehr von Bienen und anderen Insekten geschätzt. Diese kann als wichtiger Rückzugsort dienen. Die dort dann wachsenden gängigen „Unkräuter“ wie Giersch oder Brennnessel können eine wichtige Nahrungsquelle etwa für Schmetterlingsraupen sein. Auch bei Gartenarbeit ist es wichtig, dass nach Möglichkeit keine chemischen Pestizide oder Herbizide genutzt werden, da diese jede Art von Insektenleben abtöten. Stattdessen kann man auf biologisch verträgliche Produkte zurückgreifen wie etwa ätherische Öle, Knoblauch, Essig oder Pfeffer. Daneben sind Nistmöglichkeiten im Umkreis von etwa 300 Metern um die Nahrungspflanzen wichtig für Wildbienen. Hier sind neben aufgestellten Nisthilfen (sogenannte Insektenhotels) stehen oder liegen gelassenes Totholz, Steinhaufen und Trockenmauern von Bedeutung. Diese bieten neben Wildbienen und anderen Insekten auch weiteren Tieren wie Eidechsen oder Blindschleichen eine Unterschlupfmöglichkeit.
Bericht und Bilder: LRA Berchtesgadener Land / privat
Einige Wildbienen, wie die Hosenbiene legen ihre Nester in lockere Erde oder Sand.
Eine durch die Varroa-Milbe befallene Honigbiene.
Bienenfreundliche Pflanzen wie Phacelia und Wiesen-Salbei werden gerne durch Wildbienen besucht. Links: Ackerhummel auf Phacelia (Foto: privat). Rechts: Holzbiene im Anflug auf einen Wiesensalbei.
Links: Insektenhotels sind durch Wildbienen gern genutzte Nistplätze (Foto: privat). Rechts: Eine Maurerbiene findet Unterschlupf in einem Insektenhotel.
Eine blütenreiche Wildblumen-Wiese im Garten bietet nicht nur ein reichhaltiges Nahrungsangebot für Wildbienen und andere Insekten, sondern ist auch schön anzusehen.