„Schicksalsfäden“ zum Thema „Stille Nacht“, das Halleiner Weihnachtsspiel des Evangelischen Literaturtheaters hatte unter der Regie von Silke Stein und Bashir Khordaji auf der Festspielbühne der Pernerinsel Premiere. Weitere Aufführungen sind am 15.12. um 17 Uhr, sowie am 16.12. um 16 und 19 Uhr und am 17.12. um 11 und um 16 Uhr.
Am Beispiel des berühmten Weihnachtsliedes „Stille Nacht“ und seiner Autoren lotet Andrea Sobieszek in ihrem Theaterstück die gegensätzlichen Aspekte Zufall oder Schicksal aus. Zwei Menschen aus ärmlichen Verhältnissen, der Lehrer Franz Gruber (typmäßig sehr gut gestylt: Heimo Thiel) und der Geistliche Joseph Mohr (Momo Feichtinger, der den kränklichen Pfarrer authentisch verkörperte) begegnen sich auf beruflicher Ebene und werden Freunde. Familienszenen zeigen, wie schwer es damals war, dem sozialen Umfeld zu entrinnen. Der gestrenge Vater Gruber war nur schwer von der Begabung seines Sohnes zu überzeugen. Beide Hauptdarsteller hatten Gönner und Unterstützer (Helmut Kreipl als überzeugender Lehrer Peterlechner und Markus Schwarz als gönnerhafter Domvikar Hiernle). Aber weshalb diese tätig wurden, das lag an den drei Schicksalsgöttinnen Moira (Astrid Fürhapter-Royer), Parzia (Petra Gauß-Wallinger) und Norma (Silke Stein, auch Regisseurin). Wegen ihrer verschiedenen Ziele stritten sie des öfteren. Und so würzten diese drei den ernsten Stoff mit unterhaltsam Komödiantischem. Wie Teenagerinnen benahmen sie sich mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik – in edlen Feen- oder Göttinnenkostümen (Sigrid Wurzinger). Dieser Gegensatz zwischen übernatürlichem Aussehen und komödiantischem Verhalten, ebenso wie zwischen dem Werdegang der beiden Protagonisten und der „Lebensschmiede“ im geistigen Bereich kennzeichnete symbolisch das gesamte Stück. Eine weitere Ebene lieferte die Musik – elf kleine Stücke inspiriert vom Weihnachtslied, die die Szenen begleiteten und im bekannten, zweistimmig gesungenen Lied (Josef Wörgetter, Gesang und Gitarre, Roman Stalla, Gesang) gipfelten.
Schicksalsfäden – dargestellt durch die symbolischen Fäden als dreiseitige Bühnenbegrenzung, dargestellt aber auch durch rotes Garn, mit Hilfe dessen Menschenleben nach Lust und Laune der Schicksalsgöttinnen gelenkt werden – ist ein Theaterstück mit Tiefgang, das gekonnt Historisches und Spirituelles auf der Bühne vereint.
Bericht und Bilder: Brigitte Janoschka