Brauchtum

Sonderausstellung „Sehnsucht nach Heimat – Trachtenkultur im Füssener Land“

Die barocke Schönheit des ehemaligen Klosters St. Mang im Museum der Stadt Füssen bietet den Rahmen für die Sonderausstellung Sehnsucht nach Heimat – Trachtenkultur im Füssener Land“. Noch bis zum 27. Februar 2022 kann sie besucht werden.

Ein höchst traditionelles Thema – die Gebirgstracht – präsentiert sich in der Ausstellung im modernen Gewand. Schuhplattler und Volksmusik, vorgeführt von Gruppen in heimischer Tracht, waren und sind heißbegehrte Bereicherungen vieler Feste und kurzweiliger Abendprogramme für Touristen und Einheimische. So wundert es nicht, dass in einer für den Fremdenverkehr so attraktiven Stadt wie Füssen ab dem Jahr 1900 Gebirgstrachten-Erhaltungsvereine gegründet wurden und bis heute zum touristischen Jahres- und Festprogramm beitragen.

Spannend sind die Zusammenhänge – denn die Initiatoren der ersten Gebirgstrachtenvereine waren Zugereiste. Der Fluss Lech begünstigte die Industrialisierung der Stadt und die Gründung einer mechanischen Seilerwarenfabrik. Das lockte viele Arbeiter nach Füssen. Fern ihrer Herkunftsorte mussten sie in der neuen Heimat Fuß fassen. Abends hatten sie Feierabend, ein mit der Industrialisierung aufkommendes neues Phänomen. Diesen wollten sie in Geselligkeit verbringen, gemeinsam tanzen, singen und musizieren. Die Sehnsucht nach Gemeinschaft war eine starke Motivation, sich einem Trachtenverein anzuschließen.

Ein kleiner Abstecher führt die Ausstellungsbesucher zu den anderen im Füssener Land getragenen Vereinstrachten, dem „Historischen Fiassar Bürgergwand“ und der Tracht der Musikkapellen im Füssener Ortsgebiet. Dort ist auch zu sehen, wie Prinzregent Luitpold und weitere Mitglieder der königlichen Familie sich gerne in Gebirgstracht zeigten. Wir werfen auch einen Blick in frühe Modezeitschriften, die Werbung für die Kleidungsstücke der Gebirgstracht machten.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Trachtenvereine aus dem Füssener Stadtgebiet, die zum ersten Mal gemeinsam ihre Geschichte und Geschichten, ihre Traditionen und Trachtenschätze präsentieren. Ihnen ist der Hauptraum reserviert. Hier werden die reizvollen Details der Trachten und genau be“tracht“et. Partner der Ausstellung sind der Gebirgstrachten- und Heimatverein D´Neuschwanstoaner Stamm Füssen, der Trachtenverein D´Falkenstoaner Weißensee, der Trachtenverein Burg Hopfen und der Obere Lechgau-Verband.

Wenn sich Trachtenvereine nach Außen präsentieren, dürfen ihre Fahnen nicht fehlen. Die zugehörigen Fahnenbänder erzählen viele Geschichten. Diese Zeichen der Verbundenheit laden den Besucher als Fahnenmeer im nächsten Raum zu weiteren Entdeckungen ein. Im „Vereinslokal“ angelangt gibt es audiovisuelle Einblicke in die ganz intimen Angelegenheiten einer Vereinsfamilie mit ihren liebevoll gelebten Besonderheiten.

Die Veranstaltungen der Trachtenvereine werden von Einheimischen und Touristen besonders wahrgenommen. Attraktiv ist dabei der Schuhplattler – für Zuschauer und Aktive gleichermaßen. Er ist ein ausgesprochen sportlicher Tanz, der daher schnell den Ehrgeiz der Tänzer und Tänzerinnen weckt. Die Frau erlebt ihre Herausforderung beim ebenmäßigen Drehen mit kreisenden Röcken. Um den Schuhplattler mit seinen Sprüngen und kräftigen Klatschern lautstark vorführen zu können, muss die Lederhose des Mannes kurz und speckig sein. Dieser Tanz ist daher eng mit der Gebirgstracht verknüpft.

Die stolzen Trachtler fallen in ihrer Gewandung auf – es gehörte anfangs eine gehörige Portion Mut und Zusammenhalt dazu, sich im Stadtbild mit der Gebirgstracht zu zeigen. Die Kirche stand den kurzen Männerhosen mit nackten Knien nicht gerade aufgeschlossen gegenüber. Die Trachtenvereine hatten im Lauf ihres Bestehens zahlreiche weitere Herausforderungen zu bewältigen, für die sie gemeinschaftlich Lösungen fanden. Mit Einfallsreichtum, Einsatzbereitschaft, Frauenstärke und Aufbruchsstimmung wurden Not- und Krisenzeiten überstanden. Auf einem Zeitstrahl werden neben den Herausforderungen auch die historischen Höhepunkte wie etwa Gaufeste und Jubiläen vorgestellt.

Mit dieser Ausstellung für alle Sinne wird erstmalig der über einhundertjährige kulturelle Einsatz der örtlichen Trachtenvereine mit seiner ehrenamtlichen und identitätsstiftenden Vereins- und Jugendarbeit dargestellt.

In Zeiten der Globalisierung laden die Trachtenvereine alle, die „Sehnsucht nach Heimat“ verspüren, ein, an ihren Aktivitäten für Jung und Alt teilzunehmen.

Für die passende Umrahmung sorgt das Allgäuer HEIMATwerk mit einem reichhaltigen Rahmen-programm: Trachtenmarkt vom 30. Juli bis zum 1. August im Klosterhof, Vorträge, Heimat- und Volkstanzabende, Großer Trachtenball am 30. Oktober 2021. Weitere Informationen zum Rahmenprogramm stehen auf www.allgaeuer-heimatwerk.de.

Die vom Museum der Stadt Füssen und der Trachtenkultur-Beratung des Bezirks Schwaben veranstaltete Ausstellung wird großzügig unterstützt von der Bezirk-Schwaben-Stiftung, dem Regio Allgäu e.V., dem Landkreis Ostallgäu und der Sparkasse Allgäu.

Auf www.museum.fuessen.de können sich die Besucher über die aktuellen Öffnungszeiten erkundigen. In den Museen gelten die derzeit gültigen Hygieneregeln mit FFP2-Maske und Abstandspflicht. Weitere Informationen erhalten Sie vor Ort.

Anhang:

Text und Bildmaterial: Museum Füssen

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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