Mit einem Sommerempfang dankte die Stadt Rosenheim all jenen, die sich für Rosenheim engagieren und ihre Erfahrungen, ihre Gestaltungskraft und ihr Engagement zugunsten ihrer Mitbürger einsetzen. Ziel war auch jenseits der üblichen Büroroutinen den persönlichen Kontakt und den Austausch zwischen engagierten Bürgern, zwischen Vertreter der Vereine, Verbände und Initiativen zu ermöglichen. Nach den Coronajahren lud man daher am gestrigen Donnerstagabend auf einen festlichen Empfang auf der Plaza des Kultur- und Kongresszentrums Rosenheim ein.
Gekommen waren Vertreter von Vereinen, Kirchen und Hilfsorganisationen, Kindertagesstätten, Feuerwehr und Polizei, aber auch Vertreter aus Politik, Wirtschaft und der Rosenheimer Medienwelt. Der persönliche Austausch war ein wichtiges Anliegen und so war der Sommerempfang ein super Format, um mit vielen Rosenheimer Akteuren nach den Coronajahren wieder ins Gespräch zu kommen.
Rede von Oberbürgermeister Andreas März anlässlich des Sommerempfangs der Stadt Rosenheim am 28. Juli 2022 auf der Plaza des Kultur- und Kongresszentrums Rosenheim
Anrede,
ich freue mich sehr, Sie heute zum Sommerempfang der Stadt Ro-senheim hier auf unserem zukünftigen Dr.-Michael-Stöcker-Platz begrüßen zu können.
In Vorbereitung der Veranstaltung wurde ich gefragt: Eine Festveranstaltung, ein Sommerempfang, geht das überhaupt
- angesichts eines brutalen Krieges in unserer Nachbarschaft mit Flucht, Vertreibung und Deportationen,
- angesichts von Corona,
- Inflation und
- Energiekrise?
Natürlich gibt es Tage, an denen auch ich am liebsten keine Zeitung aufschlagen, keine Nachrichten einschalten möchte, so bedrückend sind die Dinge, die zum Beispiel aus der Ukraine berichtet werden.
Aber gerade in so einer Situation darf man nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren und auch nicht in kollektive Depression verfallen.
Man muss stattdessen seine Kraft darauf verwenden, in der Gemeinschaft, für die man Verantwortung trägt, gerade in schwieriger Zeit
- Mut zu machen
- und die Weichen auf Verbesserung und Fortschritt zu stellen.
Da darf dann auch dazugehören, einen solchen Sommerempfang auszurichten.
Denn damit eine Stadt wie Rosenheim funktioniert, braucht es jenseits der üblichen Büroroutinen auch den persönlichen Kontakt und den Austausch
- zwischen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, zwischen Vertreterinnen und Vertreter der Vereine, Verbände und Initiativen,
- mit den Repräsentanten der Kirchen, der Parteien und der Verwaltungen,
- mit den Kindertageseinrichtungen, den Schulen und unserer Hochschule,
- und nicht zuletzt auch die aktive Einbindung von Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen in unsere Stadtgesellschaft.
Dieser Empfang soll deshalb auch ein Dankeschön sein an alle, die sich für Rosenheim engagieren und ihre Erfahrungen, ihre Gestaltungskraft und ihr Engagement zugunsten ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger einsetzen.
Gerne nutze ich auch die Gelegenheit, allen sehr herzlich zu dan-ken, die in unserer Stadt Zeichen der Solidarität und Hilfsbereitschaft mit Menschen setzen, die aus der Ukraine fliehen mussten.
• Ich denke hier an die Mitarbeiter unserer Verwaltung und der Hilfsdienste, die ohne Blick auf die Uhr die Ankommenden in Empfang genommen und versorgt haben.
• Ich denke an die vielen freiwilligen Helfer, die Unterstützung, Rat und Trost bieten.
• Und nicht zuletzt an unsere Erzieherinnen und Erzieher und unsere Lehrkräfte, die den Kindern in zahlreichen Willkom-mensgruppen Geborgenheit vermitteln und emotionalen Halt geben.
Es zeigt sich an einer solchen Ausnahmesituation wieder einmal, dass der Staat heillos überfordert wäre, wenn er für all diese Aufgaben einfach nur seine Allzuständigkeit reklamieren würde. Gerade in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft führt kein Weg daran vorbei,
• auf Eigenverantwortung und gesellschaftliches Engagement zu setzen
• anstatt staatliche Vollkasko-Mentalität zu pflegen.
Meine Damen und Herren,
die letzten zwei Jahre haben uns mit ihren vielfältigen pandemie-bedingten Einschränkungen viel abverlangt.
• Auch an unseren traditionellen Neujahrsempfang war zwei-mal hintereinander gar nicht zu denken.
Deshalb haben wir uns mit diesem Sommerempfang ein neues Format überlegt. Heute lade ich Sie zu ein paar Stunden heiterer Gelassenheit ein und zum Austausch mit anderen, die im Kern das gleiche Ziel haben: Rosenheim und die Region voranzubringen.
Das ist die bewusste Gegenposition zu einer Sichtweise, wie sie speziell in manchen Massenmedien heute gepflegt wird. Wenn dort Krisen als die neue Normalität gelten, muss man sich nicht wun-dern, wenn die Gesellschaft als Ganzes und speziell die junge Generation von einer negativen Grundstimmung, ja von Zukunftsangst geprägt ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
gerade in unserer Zeit hat sich die Tendenz verstärkt, der negativen Sicht auf die Dinge immer mehr Raum zu geben.
Das kann aber nicht unser Weg in die Zukunft sein. Gerade im An-gesicht von Tragödien, wie sie etwa der russische Angriffskrieg in der Ukraine mit sich bringen,
• braucht es auf allen politischen Ebenen Entschlossenheit, Mut und Optimismus – so wie es der große englische Philo-soph Karl Popper einmal gesagt hat: „Optimismus ist Pflicht“.
Unsere Aufgabe, ob als Politiker oder als Mitglieder der Zivilgesellschaft ist es,
• ausgehend von den als unabänderlich erkannten Rahmenbedingungen
• mit kühlem Kopf zu analysieren,
• welche Handlungsoptionen es gibt und dann eben auch an-zupacken, zu handeln
• und das, was man tut, offensiv und ehrlich zu vertreten anstatt sich hinter nichtssagenden oder vorgestanzten Floskeln zu verstecken.
Denn jeder von uns heute Abend, in welcher Funktion auch immer sie oder er sich engagiert, tut dies, weil sie oder er etwas bewegen will.
In diesem Sinne können wir alle ein positives Vorbild abgeben, dass unsere Begeisterung für eine Sache, unsere Begeisterung dafür, dass das Leben einem die Chance bietet, zu gestalten,
• auch anderen Schwung und Zuversicht geben kann.
Der Pädagoge und Schriftsteller Ernst Wichert hat einmal in einer Rede vor seinen Abiturienten im Rückblick auf deren Schulzeit gesagt: „Ich weiß nicht, ob ich euch etwas geben konnte. Aber ich hoffe, euch etwas genommen zu haben, nämlich die Angst“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Angst ist nicht nur ein schlechter Ratgeber. Angst lähmt. Angst macht blind für Chancen und Auswege.
Wie sehr Angst auch eine Gesellschaft spalten kann, hat sich in den vergangenen Monaten und Wochen etwa an den Kampagnen der Impfgegner und der Diskussion um den richtigen Umgang mit dem russischen Aggressor gezeigt.
Aber das Einzige, was eine Rhetorik der Angst bewirkt, ist die Polarisierung unserer Gesellschaft.
Nach einer aktuellen Studie der Forschungsgruppe Allensbach, die dieser Tage veröffentlicht wurde, glauben nur noch 17 Prozent der Menschen in Deutschland, dass es in der Bevölkerung zu wichtigen Themen einen breiten gesellschaftlichen Konsens gibt.
Rund vier Fünftel glauben also, dass sich in Deutschland Gegens-ätze auftun, die – wenn überhaupt – nur noch schwer überbrückbar sind. Fast die Hälfte der Befragten erkennt in einigen Themen sogar unversöhnliche Streitpunkte.
Das ist die Seite der Wahrnehmung durch den einzelnen Bürger.
Die Studie führt aber weiter aus, dass in den allermeisten wichtigen Themenfeldern der gesellschaftliche Konsens bei uns tatsächlich viel größer ist, als die Mehrheit vermutet – von der Außen- und Sicherheitspolitik, bis hin zu Fragen der wirtschaftlichen Ordnung, des Sozialstaates und ganz zentral in der Wertschätzung unserer freiheitlichen Demokratie.
Das ist eine eigentlich positive Botschaft. Aber woher kommt dann die Diskrepanz, dass so viele Befragte unsere Gesellschaft als gespalten ansehen, obwohl es gesellschaftlich betrachtet doch viel Konsens gibt?
Ein Grund ist sicher, dass derzeit zu viele Verantwortliche glauben, politisches Handeln nicht mehr erklären und diskutieren zu müssen, sondern durch das Verkünden absoluter Wahrheiten ersetzten zu können.
Ich halte das für falsch.
• Wir brauchen den gesellschaftlichen Diskurs.
• Wir brauchen auch das öffentliche Ringen um den richtigen Weg.
• Wir brauchen die öffentlich ausgetragene Suche nach gut reflektierten Lösungen für gesellschaftliche und politische Herausforderungen.
• Was wir aber definitiv nicht brauchen sind vermeintliche Ausweglosigkeiten und wiederkehrende Horrorszenarien.
Die Aufgabe der Politik ist es, Angst zu nehmen und nicht, sie zu schüren. Wer diese Verantwortung nicht sieht, verstärkt die gesell-schaftliche Spaltung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
ich sehe es als unsere Aufgabe an, auch hier in Rosenheim einen Kontrapunkt zu dieser Entwicklung zu setzen. Und ich bin sicher, ich spreche hier im Namen aller Fraktionen und aller Mitglieder unseres Stadtrats:
• Wir packen an,
• wir gestalten und
• wir ringen in einem sachlich fairen und persönlich anständi-gen Dialog um Lösungen für die Herausforderungen in unserer Stadt.
Und auch wegen dieses gemeinsamen politischen Grundverständnisses ist Rosenheim einfach eine tolle Stadt, in der es sich in jeder Hinsicht gut leben lässt!
Damit dies so bleibt und sich weiter zum Positiven entwickeln kann, braucht es eigentlich nur drei Zutaten:
• Gestaltungswillen
• Arbeit und
• Zusammenhalt.
Gerade den Zusammenhalt, auch über bleibende Unterschiede bei der Beurteilung politischer Fragestellungen hinweg, wollen wir heute mit diesem Sommerempfang fördern und stärken.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen schönen Abend, viel Vergnügen und gute Gespräche!
Impressionen vom Sommerempfang der Stadt Rosenheim von Rainer Nitzsche