In Prien a. Chiemsee fand heute der erste von zwei Tagen der diesjährigen Landkreisversammlung des Bayerischen Landkreistags statt. Gastgeber ist der Landkreis Rosenheim.
Im Fokus standen dabei die Wahl eines neuen Präsidenten des Bayerischen Landkreistags und vor allem der Austausch mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder. Landrat Thomas Karmasin, Fürstenfeldbruck, der zuvor mit überwältigendem Ergebnis an die Spitze des Verbandes gewählt worden war, musste dabei die großen Herausforderungen der bayerischen Landkreise gar nicht erst zur Agenda des Ministerpräsidenten machen. „Der Landkreistag ist eine der stärksten Vertretungen, die wir haben. Auf Euch kann man sich verlassen. Gemeinsam finden wir gute Lösungen“, so der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder, MdL.
Insbesondere für die Bewältigung aller Fragen im Zusammenhang mit den aktuellen Flüchtlingsströmen aus der Ukraine sicherte er den bayerischen Landrätinnen und Landräten die volle Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung zu. Der jüngste Beschluss der Bundesregierung, die Flüchtlinge künftig ins Sozialgesetzbuch II aufzunehmen, stellt die Landkreise vor enorme Schwierigkeiten. Geflüchtete Menschen erhalten somit künftig keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern Hartz IV. „Der Wunsch, den Menschen in dieser fürchterlichen Situation zu helfen, kommt für uns alle an erster Stelle. Dazu gehört es auch, gute, praktikable und finanzierbare Lösungen für ihre Unterbringung zu finden. Mit dem Wechsel in den Sozialgesetzbüchern endet die Unterbringungspflicht der Landkreise und die Geflüchteten müssen aus den Unterkünften ausziehen. Die Obdachlosigkeit für diese Menschen kann niemand wollen. Sollen sie dennoch in den von den Landkreisen bereitgestellten Unterkünften wohnen bleiben, müssen den Landkreisen aber die Kosten der Unterkunft auch vollständig vom Staat erstattet werden“, so der neu gewählte Präsident Thomas Karmasin. Bis heute ist ungeklärt, wie die durch den Vorstoß der Bundesregierung ausgelösten sozialen Belastungen gelöst werden sollen. Für den Bayerischen Ministerpräsidenten ist der Wechsel ins SGB II auch ein Anreiz, um alle Flüchtlingsströme nach Deutschland zu lotsen.
Ebenso intensiv wurde über die Energieversorgung diskutiert. Die Sorgen um deren Sicherung und die drohenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen einer Energiekrise wiegen derzeit schwer. Man war sich einig, dass die nötige Klima- und Energiewende ohne Akzeptanz vor Ort nicht gelingen wird und zentralistische Vorgaben aus Berlin ohne eine substanzielle Beteiligung der Betroffenen vor Ort abgelehnt werden. Der Bayerische Ministerpräsident und der Präsident des Bayerischen Landkreistags waren sich einig, dass starre Flächenvorgaben für einzelne Energiequellen – wie der Windkraft – der falsche Ansatz sind. Stattdessen müssen temporär alle Energieträger genutzt und unter Beachtung der regionalen Stärken alle Arten der erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Der Bayerische Ministerpräsident sagte zudem zu, sich für eine zukünftige Befugnis der Landkreise, sich energiewirtschaftlich betätigen zu dürfen, einzusetzen. Die Landkreise betonten gleichzeitig ihren Willen, im Rahmen der Klima- und Energiewende auch weiterhin unterstützend tätig zu werden und wiederholten hierzu ihre Forderung nach den notwendigen Strukturen.
Die oftmals fehlende Langfristigkeit von (bundes-)politischen Maßnahmen ist eine große schwelende Klammer über vielen Herausforderungen der bayerischen Landkreise. So ist u.a. das „9 für 90“-Ticket wenig hilfreich für den ÖPNV. In der Stadt werden die Kapazitäten zusätzlich belastet. In dünn besiedelten Gebieten, wo Angebote fehlen, wird das Ticket nicht angenommen. Und nach drei Monaten verpufft die Wirkung. Dabei ist keineswegs klar, ob die angesetzten 2,5 Mrd. Euro ausreichen. Es kann aber nicht sein, dass der Bund Geschenke zulasten der Länder und Kommunen verteilt. Besser wäre es gewesen, die 2,5 Mrd. in den langfristigen Ausbau des ÖPNV zu investieren. Wer es mit dem Ausbau des ÖPNV ernst meint, muss langfristig mehr Geld zur Verfügung stellen. Deshalb müssen insbesondere die Regionalisierungsmittel und ÖPNV-Zuweisungen dauerhaft erhöht werden.
Der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder hierzu: „Besser wäre es gewesen, die 2,5 Milliarden in die ÖPNV-Infrastruktur zu investieren. ÖPNV-Ausbau funktioniert über flexible Angebote. Trotzdem ist der ländliche Raum ohne Auto auf Dauer schwer benachteiligt. Die Bundesregierung hat 140 Mrd. neue Schulden gemacht. Dabei brauchen wir langfristige Strukturmaßnahmen.“
Bericht und Foto: Bayersicher Landkreistag