Kultur

Schäffler-Besuch in Aschau i. Chiemgau

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

„Aber heid is koit“ spielte die Blasmusik und die Kolbermoorer Schäffler führten dazu auf dem Parkplatz vor dem Aschauer Rathaus ihren traditionellen Zunfttanz auf. Alle sieben Jahre tanzen die Schäffler und in diesem Jahr besuchten sie auch Aschau. „Hier könnt ihr euch den Schnee anschauen, in Kolbermoor ist ja schon alles grün“, frozzelte Bürgermeister Peter Solnar seinen Amtskollegen Peter Kloo, der seit Jahren aktiv als Reifenschwinger mittanzt. Bürgermeister Solnar und viele Aschauer freuten sich über die Schäffler, die in traditioneller Zunftbekeidung ihre Reigen mit den Buchsbaumkränzen aufführten, so wie vor langer Zeit erstmals in München geschehen. „Raus auf die Straßen, die Pest ist vorbei, die Luft ist wieder rein“, forderten sie die Münchner auf und die folgten dem Ruf der Schäffler und bestaunten die Aufführung der Schäfflergesellen.

Schäffler, Böttcher, Büttner, Küfer, Binder, Fassbinder, Fassler, Fassmacher sind nur einige der Bezeichnungen für den Beruf, der im Vorplastikzeitalter für die Herstellung von Fässern, Butten, Kufen und Schaffl aller Art und Größe aus Holz zuständig war. Bereits an der Berufsbezeichnung konnte man erkennen, in welchem Winkel des deutschen Sprachraums die Gesellen daheim waren. Nannten sich die Süddeutschen Schäffler oder Binder, so kamen die Küfer aus dem Westen und die Böttcher aus dem Osten des deutschen Reiches, die Fassler, Fassmacher und Fasslbinder waren im Österreichischen beheimatet. Aus Holz waren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die Behälter für die Flüssigkeiten aller Art, für Wasser und Bier, für Wein und Most, aber auch die Odel- und Jauchefässer der Bauern und die Fässer zum Einpökeln der Weihnachtssau beim Metzger fertigte und reparierte der Binder. Dazu kamen eine Vielzahl der kleineren Holzgefäße für den Haushalt, vom Waschschaffel über die Tröge aller Art bis hin zu den hölzernen Schüsseln und Vorratsbehältern. Erst nach dem Krieg begannen die Plastikgefäße ihren Siegeszug in die Städte und Dörfer, schließlich ersetzten sie die traditionellen hölzernen Gefäße weitestgehend. Mit ihrem Wegfall war auch das Binder-/Schäfflerhandwerk zum Aussterben verurteilt, die Meister und Gesellen konnten von den wenigen benötigten neuen Gefäßen nicht mehr leben, Reparaturen waren nicht mehr konkurrenzfähig. Als auch die kleinsten Brauereien nur noch Alu-Fässer verwendeten, die Bauern ihre Odelfässer durch riesige eiserne Tankfahrzeuge ersetzten und die Hausfrauen ihre hölzernen Waschzuber endgültig verheizten, blieben für das Handwerk nur noch ein paar kleine Reservate über. Nur noch wenige junge Leute erlernen heute in Deutschland den Beruf des Böttchers, sie leben fast alle in den Weinbaugebieten an Rhein und Mosel oder arbeiten fest bei Brauereien. Schäfflergesellen, die auf die Stör gehen und bei den Bauern die Fässer, Butten und Schaffel zusammenflicken gibt es nicht mehr.

Mit dem Aussterben der Schäffler drohte auch der traditionelle Tanz der Schäffler zu verschwinden. Aber es fanden sich – neben den letzten Handwerksgesellen – alle sieben Jahre wieder genügend Mannsbilder aus anderen Berufen aus Spaß an der Freude zusammen, so dass es stets weiterging mit dem Schäfflertanz. Entstanden ist der Brauch nach einer der großen Pestepidemien des 16. Jahrhunderts. Heute, nach über 500 Jahren tanzen die Schäffler-Tänzer noch immer ihre Figuren, um die Menschen zu unterhalten und Frohsinn zu verbreiten. Der ursprünglich Münchner Brauch hat sich mittlerweile in ganz Altbayern verbreitet und so wird diese Tradition alle sieben Jahre fortgeführt.

Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg

Hinweis: Am kommenden Sonntag, 24. 2. gastiert in Sachrang die Schäfflertanzgruppe aus Kirchheim bei München um ca. 16 Uhr


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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