Der Bayerische Bauernverband (BBV) mit seinen Mitgliedern steht zu einer nachhaltigen Landbewirtschaftung, die Umwelt und Ressourcen schont und die Produktionsgrundlagen zur Erzeugung von Nahrungsmitteln und Energie auch für künftige Generationen erhält. Die Landwirtschaft ist bereit, ihre Produktionsverfahren mit Blick auf einen ressourcenschonenden Umgang weiterzuentwickeln. Dies muss vorrangig in Kooperation sowie auf einer fachlichen Basis erfolgen, die den Betrieben realistische Anpassungsmöglichkeiten eröffnet.
Um eine rechtskonforme Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie zu erreichen, hat die Bundesregierung die bisher nicht rechtmäßige Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung der roten und gelben Gebiete (AVV GeA) geändert. Die Bundesländer müssen bis 30. November 2022 die bisherigen nicht haltbaren Gebietsausweisungen überprüfen, das heißt die nicht gesetzeskonformen Landesausführungsverordnungen ändern. Bayern weist damit bereits zum dritten Mal nach 2018 eine neue Kulisse der mit Nitrat belasteten (roten) Gebiete und zum zweiten Mal eine Kulisse der eutrophierten (gelben) Gebiete aus. Diese sollen ab der kommenden Düngesaison 2023 gelten.
Das Präsidium des Bayerischen Bauernverbandes sieht nach wie vor Nachbesserungsbedarf bei der deutschen Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie. Für eine rechtssichere und praktikable Umsetzung sind folgende Punkte bei der Ausweisung der roten und gelben Gebiete erforderlich:
1. Praxistauglichen Vollzug ermöglichen
2. Einzelbetriebliche Ausnahmen schnellstmöglich
3. Ausnahmen für Wasserschutzkooperationen als Vertrauensschutz nötig
4. Übernahme von Klagekosten durch den Freistaat Bayern
5. Informationskampagne sofort umsetzen
6. Transparenz für die Zukunft schaffen
7. Einzugs- und Teileinzugsgebiete bei gelben Gebieten differenzierter abgrenzen.
Diese Forderungen stehen konkret für Folgendes:
1. Praxistauglichen Vollzug ermöglichen
Betriebe in neuen roten oder gelben Gebieten werden frühestens mit Inkrafttreten der Ausführungsverordnung (AVDüV) am 30.11.2022 Gewissheit zur künftigen Kulisse haben. Angesichts der seit Sommer 2022 erfolgten Anbauumsetzung zur Ernte 2023 bestehen bei gewissen Auflagen der roten und gelben Gebiete nur noch eingeschränkte Handlungs- und Anpassungsmöglichkeit. Hier muss ein praxistauglicher Vollzug und bedarfsgerechte Nährstoffversorgung im kommenden Jahr ermöglicht werden.
2. Einzelbetriebliche Ausnahmen schnellstmöglich
Mit Streichung der Modellierung in der AVV GeA wird die aktuelle Landbewirtschaftung bei der Festlegung der Gebietskulisse ausgeblendet. Damit geht ein Ansatz für mehr Verursachergerechtigkeit verloren.
Der BBV fordert weiterhin die Möglichkeit für einzelbetriebliche Ausnahmen für Betriebe. Neben den notwendigen Anpassungen auf Bundesebene sind auch in Bayern umgehend die Grundlagen für ein ausreichendes Monitoring zu schaffen. Bei den gelben Gebieten müssen rasch Lösungen gefunden werden, um Flächen mit geringer Erosionsgefahr oder erosionsmindernder Bewirtschaftung auszunehmen.
3. Ausnahmen für Wasserschutzkooperationen als Vertrauensschutz nötig
In Wasserschutzgebieten liegen regelmäßig Monitoringdaten vor, so dass dort die Vorgaben der EU erfüllt und einzelbetriebliche Ausnahmen möglich sind.
Die AVV GeA sieht innerhalb von Wasserschutz- bzw. Einzugsbieten keine weitere Differenzierung mehr vor, sobald eine Messstelle als rot eingestuft wird bzw. sonstige Daten einer Belastung mit Nitrat gegeben sind. In diesen Fällen wird das gesamte Wasserschutz- bzw. Einzugsgebiet rot, selbst wenn eine Kooperation der Landwirte mit einem Wasserversorger gut funktioniert und die Nitratwerte in den genutzten Brunnen auch durch die Kooperation in der Regel unter 50 mg Nitrat/l liegen und einen fallenden oder stabilen Trend aufweisen. Landwirte, die mit Flächen im Wasserschutz- bzw. -einzugsgebiet vertraglich gebunden sind, müssen von den zusätzlichen Auflagen des Roten Gebietes befreit werden.
4. Übernahme von Klagekosten durch den Freistaat Bayern
Die Änderung der bisher fehlerhaften Kulissen bestätigt die Kritik der Landwirte an der bisherigen Abgrenzung, mindestens in den nun aus der Kulisse gefallenen Bereichen.
In den Fällen, in denen die klagenden Betriebe nicht oder nicht mehr erheblich von der Gebietsausweisung betroffen sind und damit der Grund für die Klage entfällt, hat der Freistaat Bayern die Kosten zu tragen.
5. Informationskampagne sofort umsetzen
Die zusätzlichen Anforderungen sowie die kurzfristige Umsetzungserfordernis ab Februar 2023 stellen für Betriebe in mit Nitrat belasteten Gebieten eine große Herausforderung dar. Dies gilt ebenso für die eutrophierten Gebiete.
Der BBV befürwortet die vom bayerischen Landwirtschaftsministerium (StMELF) und vom bayerischen Umweltministerium (StMUV) geplante Informationskampagne. Dabei ist es notwendig, dass die vorgesehenen Detailinformationen zur Gebietsabgrenzung bereits zum Inkrafttreten der Verordnung Ende November zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind die geplanten Informationsveranstaltungen der Ämter sofort nach Inkrafttreten der Verordnung umzusetzen.
6. Transparenz für die Zukunft schaffen
Die Gebietskulisse wird künftig regelmäßig mit aktuellen Werten erneut überarbeitet werden (2025, 2028 usw.). Bauernverband und Landwirte müssen über den Messnetzausbau (Lage bestehender und neu zu bauender Messstellen) sowie die Entwicklung der Messwerte an den entsprechenden Messstellen laufend informiert werden. Andernfalls besteht bei jeder Überprüfung der Kulisse (i.d.R. alle 4 Jahre) die Gefahr, dass Landwirte völlig unvorbereitet von neuen roten oder gelben Gebieten getroffen werden. Durch einen laufenden transparenten Austausch kann gemeinsam negativen Entwicklungen im Gewässerschutz vorgebeugt werden.
7. Einzugs- und Teileinzugsgebiete bei gelben Gebieten differenzierter abgrenzen
Auch bei gelben Gebieten ist eine differenzierte Abgrenzung notwendig. Auch hier sind ausreichend Messstellen zu schaffen um von einer Übertragung der Messwerte von einem Gewässer auch ein Nachbargewässer Abstand nehmen zu können.
Bericht und Foto: Bayerischer Bauernverband