Zu einem Thema, das „aktuell präsenter ist als noch vor einigen Wochen“, lud der Rotary Club in Kooperation mit dem Park-Kino ein: Gezeigt wurde der Film von Christian Berger „Klassik unterm Hakenkreuz: Der Maestro und die Cellistin von Auschwitz“ mit dem Dirigenten Wilhelm Furtwängler und der Cellistin Anita Lasker-Wallfisch. Dieses Sonderprogramm ist eine Dokumentation unter der Regie von Christian Berger. Produzent ist Rotarier Bernhard Fleischer von Moving Images GmbH (in Bad Reichenhall ansässig).
Seit dem 11. November fanden diese Benefizveranstaltungen jeweils am Samstag um 14 Uhr in Zusammenarbeit mit dem Rotary Club Bad Reichenhall/Berchtesgaden statt. Die eingegangenen Spenden, die vom RC auf 2000 Euro aufgestockt wurden, sind für den neu eingerichteten Sozialfonds der Stadt Bad Reichenhall bestimmt. In diesem Rahmen stellte die Präsidentin des Rotary Clubs, Marie-Louise Schäfer in ihrer Begrüßung den Sozialfonds der Stadt vor, der vom Stadtrat aus der Taufe gehoben wurde, um in Not geratene Bürger zu unterstützen. „Wir sind in einer privilegierten Situation und dürfen helfen“, sagte Schäfer. Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung durfte die Spende in Höhe von 2000 Euro entgegennehmen und präzisierte, dass Menschen geholfen werden soll, die „durch das Raster fallen, und von denen wir Kenntnis erlangen“. Als Rotarierin und Stadträtin ergriff auch Monika Tauber-Spring das Wort und dankte für die gemeinsame Arbeit, besonders auch den Betreibern des Park-Kinos, Max Berger und Josef Loibl, der sich freute, Gastgeber sein zu dürfen. Mit dieser Veranstaltung zeigten die beiden Kinobetreiber, „dass sie nicht nur ein kulturelles Zentrum in Bad Reichenhall darstellen, sondern vor allem soziale Problematiken im Blick haben und einen Raum bieten für aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft, die uns alle angehen“, so Tauber-Spring.
Die Nationalsozialisten nutzten klassische Musik gezielt für ihre Propaganda. Dieses Themenfeld behandelt der Deutsche-Welle-Regisseur Christian Berger in seinem neuen Film und beleuchtet dabei zwei Perspektiven. Zum einen zeigt er, wie Stardirigent Wilhelm Furtwängler und andere bekannte Musikschaffende ins NS-System eingebunden waren, zum anderen wie die junge Cellistin Anita Lasker-Wallfisch (geb. 1925) dank der Musik den Naziterror in Auschwitz überleben konnte. Bergers Dokumentation zur Bedeutung der klassischen Musik im Nationalsozialismus verwendet Archivmaterial aus den 1930er und 1940er Jahren, darunter Szenen, die den Dirigenten Wilhelm Furtwängler beispielsweise bei Konzerten zeigen. Erstmals wurden einzigartige Archivaufnahmen aus dem Bereich der Klassik, etwa von Konzerten der Berliner Philharmoniker, mit großem Aufwand restauriert und koloriert. Durch den Film wird das Geschehen neu erlebbar gemacht und gleichsam in die Gegenwart holt.
Bericht und Bilder: Brigitte Janoschka – 140322: Dr. Henner Kraus, Marie-Luise Schäfer, Dr. Christoph Lung, Monika Tauber-Spring, Michaela Fleischer (die Ehefrau des Produzenten Bernhard Fleischer), Tobias Kurz
Der Film
Die jüdische Cellistin Anita Lasker-Wallfisch und der Stardirigenten Wilhelm Furtwengler stehen auf sehr unterschiedliche Weise für die Musikkultur in der NS-Zeit. Hier ein Dirigent, der weltweit gefeiert wurde, und der mit Hitler und seinen Helfern (notgedrungen) ein Bündnis einging. Dort eine junge Frau, die als deutsche Jüdin in Auschwitz nur dank ihres musikalischen Könnens überlebte – mit dem Cello als Lebensversicherung. Furtwängler entschied sich in Deutschland zu bleiben. Beide verband die Liebe zur klassischen Musik. Hitler selbst war sich der Macht von Musik bewusst: „Sicher ist, dass die Musik als größte Gestalterin von Gefühlen und Empfindungen anzusprechen ist, die das Gemüt bewegen“, ist er im Film auf den Kulturtagen des NSDAP-Parteitages im Jahr 1938 zu hören. Die zynische Realität war: Während jüdische Komponisten und Musiker ermordet wurden, ließen sich Nazis von Jüdinnen wie Anita Lasker-Wallfisch in Auschwitz klassische Musikstücke vorspielen. Hitler und Goebbels ließen sich durch die, von Furtwängler dargebotene Musik feiern. Dennoch soll dieser Musik nichts Negatives mehr anhaften, davon ist Anita Lasker-Wallfisch überzeugt. In der Dokumentation verurteilt der Musikjournalist Norman Lebrecht die Verstrickung Furtwänglers mit dem Nazi-Regime moralisch. Anita Lasker-Wallfisch will sich daran nicht beteiligen: „Man soll sich nicht herausnehmen, ein Urteil über Menschen zu fällen, die in einer Situation waren, die man sich nicht vorstellen kann“, sagt sie ohne Verbitterung und Groll. Mit Hass vergifte man sich selbst. Einprägsam ihre Worte: „Musik? Können sie nicht kaputt machen! Sie können es versuchen, aber es ist unmöglich“. Wie ein Bogen spannen sich diese Worte vom Anfang zum Ende, wo sie nochmals zu hören sind. Musik ist allgemeingültig und absolut („losgelöst“ im ursprünglichen Sinn) und „niemand kann sie kaputt machen“, wie Lasker-Wallfisch betont. Eine erstaunliche Frau mit Vorbildcharakter.
Fotos (Repros aus dem Film): – 2551: Anita Lasker-Wallfisch im Interview. – 2559: Wilhelm Furtwängler im Dokumentarfilm