Die „Rosenheimer Stammbeckenmoore“ sind jetzt in die Liste der „Hervorragenden Beispiel der UN-Dekade“ aufgenommen worden. Die untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Rosenheim hatte die Information über die Aufnahme Ende November erhalten.
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat das Zeitfenster 2021 bis 2030 zur UN-Dekade für die Wiederherstellung von Ökosystemen erklärt. Die Projekte dienen als vorbildhafte Beispiele und sollen weitere Aktivitäten zur Wiederherstellung von Ökosystemen in Deutschland anregen. Insgesamt gibt es fünf Bewerbungsrunden. Neben dem Bereich „Moore und Feuchtgebiete“ können sich auch Projekte aus den Bereichen „Kultur- und Agrarlandschaft“, „Wälder“, „Gewässer und Auen“ sowie „Küsten und Meere“ bewerben. Zehn Projekte pro Runde kommen in die engere Auswahl. Darauf kürt eine Jury bestehend aus Mitgliedern des Bundesumweltministeriums sowie des Bundesamtes für Naturschutz jeweils drei Gewinnerprojekte, die vor Ort ausgezeichnet werden. Aus allen ausgezeichneten Projekten wird zudem ein Jahresprojekt gekürt und im Rahmen einer Veranstaltung vom Bundesumweltministerium gesondert ausgezeichnet. Das Jahresprojekt wird über eine öffentliche Online-Abstimmung ermittelt.
Die „Rosenheimer Stammbeckenmoore“ gehören mit rund 4.300 Hektar zu einem der größten Moorkomplexe in Süddeutschland. Vor rund 10.000 Jahren befand sich an dieser Stelle ein nacheiszeitlicher Schmelzwassersee. Als der See sich zurückbildete, entwickelte sich über Jahrtausende einer der größten Moorkomplexe. Die Hochmoore wiesen eine Mächtigkeit von bis zu zehn Metern auf. Moor wächst im Schnitt pro Jahr einen Millimeter. Im 19. Jahrhundert begannen die Menschen die riesigen Moorflächen zu nutzen und zu entwässern. Es wurde großflächig Torf abgebaut, zunächst als Brennmaterial und später als Blumenerde. Erst 2004 endetet der Torfabbau hier.
Ein Jahr danach begann mit dem EU-LIFE Naturprojekt die Renaturierung. Dabei wurden Entwässerungsgräben alter Frästorfstiche verschlossen und der Grundwasserspiegel angehoben. Durch die Renaturierung konnten rund 650 Hektar zusammenhängende Moorflächen in einen ökologisch günstigen und natürlicheren Entwicklungszustand zurückgeführt werden. Herausragend ist das Gebiet wegen seiner Größe und der engen Verzahnung bedrohter Feuchtlebensräume sowie des hohen Vorkommens besonderer Tier- und Pflanzenarten. So können hier seltene Schwarzstörche, Baumfalken sowie Blau- und Schwarzkehlchen beobachtet werden. Zudem haben der Kiebitz, die Bekassine sowie seltene Libellen, Schmetterlinge und Pflanzen eine Heimat gefunden. Die im Gebiet vorhandenen Lebensräume und ihre Tier- und Pflanzenwelt sind von europaweiter Bedeutung.
Das EU-LIFE-Projekt Rosenheimer Stammbeckenmoore ist Teil des Europäischen Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“ sowie des Biotopverbundes Bayern-Netz-Natur. Im Dezember 2020 wurden die Rosenheimer Stammbeckenmoore als Feuchtgebiet internationaler Bedeutung in die Liste der Ramsar-Konvention aufgenommen. Mit dem Chiemsee gibt es in der Region zwei Ramsar-Gebiete. Um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, wurden die beiden Moorstationen Sterntaler Filze und Nicklheim aufgebaut und ein rund 1,5 Hektar großer Bereich der Stammbeckenmoore für die Öffentlichkeit freigegeben. Besucher können das Moor hier mit allen Sinnen erleben. An den Moorstationen gibt es unter anderem eine Vogelbeobachtungsstation, ein Aussichtstorfhügel, ein botanisches Gelände mit Hochmoorpflanzen sowie die einst für den Torfabbau genutzte Feldbahn. Es gibt das Angebot von Moorexkursionen mit Lernspielen sowie ein grünes Klassenzimmer, das von Schulen im Rahmen des Unterrichts gern genutzt wird.
Der Landkreis Rosenheim setzt sich seit über 20 Jahren für den Schutz und die Renaturierung der heimischen Moore ein. Neben vielen Einzelmaßnahmen im Biotopverbund „Eggstätt Hemhofer Seenplatte“ sowie im Rahmen des Klimaprogramms Bayern 2050 war das 2010 abgeschlossene LIFE Natur-Projekt „Rosenheimer Stammbeckenmoore“ ein besonders gewichtiger Meilenstein der Moor-Renaturierung. Moore leisten einen wertvollen Beitrag zum Schutz hoch bedrohter Tier- und Pflanzenarten, verfügen über ein enormes Wasserrückhaltevermögen und tragen durch eine dauerhafte Bindung ihres hohen Kohlenstoffvorrates wesentlich zum Klimaschutz bei.
Text und Bildmaterial: Landratsamt Rosenheim