Was machen 25 junge Pfadfinder am Wochenende auf dem Fritznkaser, der Oberwiesenalm hinter der Hochries und dem Laubenstein nahe der österreichischen Grenze? „Wir haben das Wochenende für die jungen Rover – wie die 16 bis 18-jährigen Pfadfinder genannt werden – unter das Motto „Stoana klauben – Bletschn mahn und Zsammasitzn“ gestellt“, erklärt Quirin Weber aus Raubling, der zusammen mit dem Senner des Fritzenkasers Helmuth Estermann das Zusammensein der Pfadfinder auf 1170 Meter Höhe organisiert hat.
„Die jungen Leute wollen arbeiten; wenn sie zur Arbeit richtig angeleitet und merken, dass ihre Mitarbeit gefragt ist, dann wissen sie, dass sie gebraucht werden. Wir haben ihnen erklärt, warum wir die Almweide steinfrei haben wollen und was sie mit ihrer Arbeit erreichen“, so Helmuth Estermann. Der Senner feierte gerade seinen 80. Geburtstag und ist seit 13 Jahren von Mai bis Oktober auf dem Fritznkaser daheim. In diesem Jahr ist er auf seiner Alm für das Wohl von 102 Kalbinnen verantwortlich. „Wir haben hier keine Milchkühe, die Verarbeitung und der Abtransport der Milch wäre zu umständlich, so bieten wir hier den Kalbinnen einen schönen Sommeraufenthalt vom Juni bis Ende September“.
Auf die Alm, ein paar Meter neben dem Fritznkaser, kommt häufig Quirin Weber von den St. Georgs-Pfadfindern (dpsg) aus Rosenheim und so kamen die beiden am Tisch vor der Hütte ins Gespräch und machten dabei ein arbeitsreiches Wochenende für die Rosenheimer Pfadfinder auf der Hüttn aus. Helmuth Estermann hat in seinen 13 Jahren auf der Alm schon allerhand erlebt, sei es beim Reinigen der Almflächen von Steinen und Verbuschung, sei es beim Schwenden, beim Herrichten der Straßen und Wege oder beim Ableiten des Wasser von den ausgebauten Almwegen. Eine solche Hilfe hatte er bei seiner Arbeit allerdings noch nie: 25 junge Burschen und Mädchen, Pfadfinder aus dem Raum Rosenheim kamen auf die Alm, um dem Senner beim Reinigen der Weidefläche zu helfen. „Wenn ihr fleißig seid und 10000 Steine schafft und jeder Stein nur 20 Quadratzentimeter belegt, dann schafft ihr damit 200 Quadratmeter neue Weidefläche; diese zusätzliche Fläche würde 50 Liter mehr Milch im Jahr bringen – ja wenn wir Kühe hier oben hätten. Wenn es nur 1000 Steine sind, dann gibt es auch nur fünf Liter Milch zusätzlich“, erklärte der Senner seinen Helfern, warum es sich lohnt, die Steine aus der Weide zu bringen. „Mit den zusammen getragenen Steinen bauen wir dann an den Feuchtstellen am Almboden Steinmanndl als Unterschlupf für Eidechsen und Amphibien oder erneuern die bestehenden Steinmauern und Abgrenzungen rund um die Hütten und auf der Weidefläche. Mit Feuereifer gingen die 25 Jugendlichen an die schweißtreibende Arbeit, Steine gab es ja genug.
Raphael und Anton (beide 16) aus Rosenheim waren mit Feuereifer dabei, kindskopfgroße Steine vom oberen Rand der Almwiese nach unten rollen zu lassen. „Es ist toll hier oben und wir sehen am Abend genau, was wir den ganzen Tag getan haben. Als Pfadfinder ist einer unserer Grundsätze die Hilfe für andere; hier können wir dem Senner bei seiner Arbeit helfen und mit der Schaffung von Weideflächen die Kulturlandschaft unserer Heimat erhalten. Neben dem Erhalt der Landschaft schaffen wir mit unseren Steinmanndln Platz für bestehende Arten und Unterschlupf für Eidechsen und Amphibien“. Und mit einem Augenzwinkern: „Normalerweise ist das Steinewerfen in den Bergen immer verboten – hier und heute ist es ausdrücklich erwünscht und es macht Spaß. Ein ganz cooles Wochenende“. Das Problem Handy und WLAN hat sich ganz einfach gelöst: es gibt keinen Empfang und damit ist auch ein Leben ohne Handy an diesem Wochenende wieder für alle möglich.
Katharina aus Großkarolinenfeld und Anna aus Kolbermoor sehen den Aufenthalt auf der Alm als willkommene Abwechslung vom beruflichen Alltag. „Neben dem Umweltschutzaspekt des Reinigens der Almfläche, sehen wir auch wieder einmal den Wert der Handarbeit und bemerken den Unterschied zur Computerarbeit im Büro. Wenn wir abends den Rechner ausschalten, ist von der ganzen Arbeit des Tages nichts mehr zu sehen; hier sehen wir am Abend einen Berg Steine liegen, der seine weitere Verwendung als Zaun, als Mauer oder als Unterschlupf für Kleintiere wieder findet. Alle Leute reden immer vom Erhalt der Umwelt und der heimischen Landschaft, wir leisten an diesem Wochenende einen Beitrag dazu und machen angewandten Umweltschutz“. Nicht vergessen werden dürften dabei auch das Gemeinschaftserlebnis des Miteinanders und das weitere Programm am Abend – Lagerfeuer und Grillfleisch und eine lange Nacht mit langen Gesprächen danach. „Wir sind hier oben mit dabei, weil es schön ist, weil wir gerne mit anderen Jugendlichen zusammen sind und weil wir diese Hilfe für den Senner als eine wertvolle Unterstützung ansehen“.
Helmuth Estermann hört die Kommentare seiner Almgäste mit Vergnügen und ist begeistert von der Arbeit der Pfadfinder. Spontan vereinbart er bereits einen Termin für das nächste Jahr, denn Steine gibt’s genug auf den Flächen der Oberwiesenalm, es fehlen immer nur die helfenden Hände. „Also nächstes Jahr um die gleiche Zeit – ausgmacht ist es“.
Bericht und Bilder: Heinrich Rehberg
Blick auf den Fritzenkaser (rechts im Hintergrund)
25 junge Pfadfinder reinigten am Wochenende auf dem Fritznkaser, der Oberwiesenalm hinter der Hochries und dem Laubenstein nahe der österreichischen Grenze die Almwiesen von Steinen
Pfadfinder Quirin Weber aus Raubling, Organisator des „Stoanaklaubens“ und der Senner des Fritzenkasers Helmuth Estermannaus Rosenheim waren mit Feuereifer dabei, kindskopfgroße Steine vom oberen Rand der Almwiese nach unten rollen zu lassen.
Der Nachschub rollt: Anna und Katharina versorgten die durstigen Seelen mit Flüssigkeit
Nachbarn für ein Wochenende: die 102 Kalbinnen auf der Almwiese und daneben die 25 St. Georgs-Pfadfinder (dpsg) aus Rosenheim