Zäune mitten in Maisäckern sind nicht alltäglich. Zu sehen gibt es sie derzeit vielerorts von Bad Feilnbach über Eggstätt, Schechen, Pfaffing, Edling, Wasserburg bis nach Babensham. Nach Angaben der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Rosenheim dienen sie dem Artenschutz, genauer gesagt dem Schutz der Nester der in der Region vom Aussterben bedrohten Kiebitze.
Margit Böhm, die Leiterin des BayernNetzNatur-Projektes „Netzwerke für den Kiebitz“ im Landkreis Rosenheim freut sich: „Einige Landwirte finden und markieren die Nester bereits selber. In diesem Jahr haben zum ersten Mal mehrere Landwirte bei mir angerufen. Nachdem die ersten von ihnen geschützten Nester zu früh leer waren, meinten sie, dass wir die noch vorhandenen oder neuen Nester schützen sollten“.Daraufhin begann die Zaunbauaktion mit vielen fleißigen ehrenamtlichen Kiebitzbetreuern der unteren Naturschutzbehörde. In den vergangenen Wochen wurden 32 Kiebitzgelege, etwa ein Drittel der insgesamt geschützten Nester, mit Elektrozäunen von insgesamt mehr als 4,5 Kilometer Länge geschützt. Viele Nester waren Zweitgelege nachdem das erste Gelege von einem Räuber aufgespürt worden war. Die Zäune halten Füchse, Dachse und Marder fern, die in der Nacht auf den Äckern nach Nahrung suchen.
Die eingezäunte Fläche um ein Kiebitzgelege muss mindestens 30 m x 30 m groß sein, da die Vögel nicht direkt zum Nest fliegen, sondern etwas entfernt von ihnen landen und dann zum Gelege laufen. Wenn die Landwirte ihre Äcker bewirtschaften wollen, geben sie vorher den Kiebitzbetreuern Bescheid, die dann die Zäune abbauen bzw. niederlegen und anschließend wiederaufbauen. Laut Margit Böhm ging bisher keines der mit einem Zaun geschützten Gelege verloren. Aus einigen sind bereits Küken geschlüpft. Die Mitarbeiterin der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Rosenheim bedankt sich bei den Landwirten und den Kiebitzbetreuern für die hervorragende Zusammenarbeit und ihr Engagement für den Artenschutz und drückt die Daumen, dass viele der Küken es schaffen, in den nächsten vier Wochen flügge zu werden.
Lob gibt es auch von Landrat Otto Lederer, der sich über die gute Zusammenarbeit von Naturschutz und Landwirtschaft freut. Lederer hofft, dass der Erhalt der Artenvielfalt gelingt, „er muss unser gemeinsames Ziel sein.“ Früher brüteten die Kiebitze in Moorgebieten, insbesondere in Streuwiesen. Da diese immer seltener wurden, wichen die anpassungsfähigen Vögel auf Äcker aus, die im Frühjahr, wenn sie aus ihren Winterquartieren in Nordafrika und der Iberischen Halbinsel nach Bayern zurückkehren, noch einen bewuchsfreien, braunen Boden aufweisen. Die Kiebitze benötigen während der vierwöchigen Brutzeit eine freie Rundumsicht, das heißt der Aufwuchs darf etwa 20 Zentimeter nicht überschreiten, damit sie als Bodenbrüter Feinde frühzeitig erkennen können. Besonders geeignet für den Nestbau ab März und April sind Maisäcker und Felder mit Sommergetreide, die zu diesem Zeitpunkt noch einen offenen Boden aufweisen. Um Brutmöglichkeiten für die Vögel zu schaffen, brechen die Landwirte im Landkreis Rosenheim zum Teil sogar die Zwischenbegrünung frühzeitig um. Ebenso sparen sie seit Jahren in sehr guter Zusammenarbeit mit den Kiebitzbetreuern die Gelege bei der Bewirtschaftung der Äcker aus.
Mehr Informationen zu Kiebitzen und Feldlerchen gibt es bei Margit Böhm von der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Rosenheim, telefonisch unter 08031 392 3301.