Rund 2.500 Trachtenträger aus gut 50 Vereinen, drei Bühnen, zwei Tanzböden und jede Menge Stoff und Lebensfreude – das hält das Programm des Deutschen Trachtenfestes vom 17 bis 19. Mai in Lübben (Spreewald) / Lubin (Błota) bereit. Es ist das wichtigste, nur alle 3-5 Jahre stattfindende Fest des Deutschen Trachtenverbandes (DTV) und seiner rund 1 Million Mitglieder.
Anlässlich des Spinteballs in Lübben-Steinkirchen, den am Samstag rund 60 Frauen in niedersorbischer Festtagstracht zum Abschluss der Fastnachtszeit feierten, wurde das Trachtenfest-Programm im Wendi-schen Bauernhof präsentiert. „Das Fest wird den Spreewald noch bekannter machen, aber auch eine zündende Wirkung nach innen, auf Trachtenträger und Einheimische, entfalten“, sagte Lübbens Bürger-meister Lars Kolan, der ebenfalls in Tracht erschienen war. Die Stadt organisiert das Trachtenfest gemein-sam mit dem in Jüterbog ansässigen Mitteldeutschen Heimat- und Trachtenverband (MHTV) im Auftrag des DTV.
Charles Koppehele, Vorsitzender des MHTV, und seine Frau Marlies stellten die einzelnen Bühnenprogram-me vor. Rund 65 Auftritte auf drei Bühnen sind geplant – von Marschplattler, Plattler mit Dirndl und Goaßl-schnalzer (Peitschenknallen) aus Bayern über den Nickeltanz, einem Drei-Paartanz-Walzer aus Friesland, bis hin zu Tänzen und Musik aus der Ober- und der Niederlausitz. Darüber hinaus werden auf den Bühnen verschiedene „Trachten des Jahres“ (jährlich verliehener Titel des DTV) vorgestellt: aus Altenburg (Thürin-gen), dem Flämig, von der Insel Föhr und aus Lübbenau (Spreewald). Neben den drei Bühnen gibt es zwei Tanzböden, auf denen Trachtengruppen spontan auftreten können.
Zu den weiteren Höhepunkten des Festes zählen die Eröffnungsveranstaltung am Freitagabend und das Trachtenprogramm aller Landesverbände am Samstagabend auf der Schlossinsel sowie der Ökumenische Gottesdienst am Sonntag und der sich anschließende große Trachtenumzug. Auch tanz- und feierfreudige Nicht-Trachtler kommen auf ihre Kosten: Am Freitagabend spielt die Cottbuser Band „nAund“ Rock & Folk, und am Samstagabend ist auf dem Marktplatz das in der Region bereits bestens bekannte Festival Polka-Beats zu Gast.
Das Fest klingt am Sonntag mit einem Programm einheimischer, darunter sorbischer, Trachtengruppen unter dem Motto „Lübben sagt Danke“ aus. Begleitet wird das Deutsche Trachtenfest von mehreren Ausstellungen zum Thema (Kinderzeichnungen „So schön ist meine Tracht“, von Tracht inspiriertes Mode-design, Fotos, Malereien), dem Kunstprojekt „Drastwa“ mit Open-Air-Installationen und einem Heimat- und Handwerkermarkt.
Er freue sich nicht nur über die große Programmvielfalt, sagte Bürgermeister Lars Kolan, sondern auch darüber, dass sich viele Menschen aus dem gesamten Spreewald einbringen – ob bei der Programmgestal-tung, bei den begleitenden Ausstellungen, als Beherberungseltern oder als Helfer beim Frühstückmachen, Parkplatzeinweisen oder Begleiten der Trachtengruppen. Charles Koppehele lobte die gute Zusammenar-beit des Org-Teams aus Stadtverwaltung, Tourismusgesellschaft und Ehrenamtlern.
Das Trachtenfest steht auch im Zeichen des Fontane-Jahres, mit dem 2019 in Brandenburg an den 200. Geburtstag des märkischen Dichters erinnert wird. Theodor Fontane hatte 1859 den Spreewald bereist und in seinen „Wanderungen“ auch die Trachten beschrieben: Als „ein in spätern Kulturzeiten Gewordenes…“ bezeichnete er die wendische Tracht. Zugleich bewunderte er, dass vor allem die Damen „der Nivellierkunst unserer Zeit und großen Städten siegreich widerstanden“ hätten. Damit thematisierte er eine heute immer noch aktuelle Frage: nämlich, wie stark sich Tracht wandeln darf und wie sie zugleich die Zeitläufte über-steht.
Das Deutsche Trachtenfest in Lübben wird mit 49.000 Euro vom Land Brandenburg gefördert. Ministerprä-sident Dietmar Woidke ist Schirmherr der Veranstaltung. Die Stadt Lübben stellt 95.000 Euro bereit, weitere Förderer sind die Ostdeutsche Sparkassenstiftung sowie der Landkreis Dahme-Spreewald.
Das Programm sowie eine Karte vom Festgelände sind unter www.luebben.de/trachtenfest zu finden. Das Team Trachtenfest ist in den Sozialen Medien mit dem Hashtag #trachtenfest2019 unterwegs.
HINTERGRUND:
Der Spinte-Ball
Die Spinte, also das Zusammensitzen und gemeinsame Spinnen und Nähen an langen Winterabenden, hat eine lange Tradition in Spreewald, aber auch im Fläming. Sie wird vielerorts, so auch in Lübben-Steinkirchen, gelebt. Der Spinte-Ball bildet den Abschluss der Spinte- und damit der Winter- und Fastnachts-saison.
In Lübbens Ortsteil Steinkirchen feiern Jugend und Bauern getrennt ihre Fastnacht, die sie mit dem Zam-pern, dem aus sorbischem Brauchtum stammenden Heische-Gang, einleiten. Sie erheischen Eier und Speck, die sie ein bis zwei Wochen später beim Eierkuchenball verspeisen.
Zum Abschluss der Saison feiern die Frauen ihren Spinte-Ball. Zu diesem haben Männer für gewöhnlich keinen Zutritt, es sei denn, sie spendieren eine Saal-Runde und lassen sich ihren Schlips abschneiden. Die Regie bei allen Fastnachts- und weiteren Aktivitäten im Dorf führen die drei Mundschenker. Sie werden Jahr für Jahr aus der Mitte der Dorfbewohner bestimmt und organisieren alle Veranstaltungen, bestellen die Musiker und sorgen für kleine Show-Einlagen.
Die Sorben/Wenden im Spreewald
Der Spreewald ist eine traditionsreiche ländliche Region in der Niederlausitz mit zahlreichen sorbi-schen/wendischen Bräuchen und Trachten. Die Sorben/Wenden sind eine westslawische Minderheit, die seit dem 6. Jahrhundert zwischen Oder und Elbe siedelte und bis heute hier lebt. Ihre Kultur, ihre Sprache und ihre Bräuche prägen die Region und wirken gerade auf Touristen besonders anziehend.
Mit dem offiziellen Beitritt zum angestammten sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet 2016 hat sich die Stadt Lübben (Spreewald) / Lubin (Błota) aufgemacht, sich des Erbes der Sorben/Wenden wieder aktiver anzunehmen. Die Förderung von sorbischer/wendischer Sprache, des Brauchtums und der Kultur soll wieder in den Mittelpunkt rücken. Dazu gehört auch die weitere Aktivierung des Trachtenwesens. Deshalb wurde bereits das Jahr der Vorbereitung auf das Deutsche Trachtenfest als „Jahr der Tracht“ in Lübben begangen.
Für Gemeinden im angestammten sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet werden bestimmte gebietsbe-zogene Maßnahmen der Minderheiten- und Sprachförderung angewendet. Die Begriffe Sorben/Wenden werden heute gleichermaßen verwendet. In der Oberlausitz hat sich eher der Begriff Sorben durchgesetzt, im Niedersorbischen spricht man häufig auch von den Wenden. Sorbe leitet sich aus der sorbischen Eigen-bezeichnung serb ab, Wende geht auf den (althoch-)deutschen Begriffe für „die Anderen“ zurück.
Text: Stadt Lübben (Spreewald)/Lubin (Blota)
Anhang: Teilnehmerliste