Am 10. November fand das Bio-Regio-Coaching in der Kita Thansau seinen erfolgreichen und feierlichen Abschluss mit Urkundenverleihung. Die Freude über das Coaching-Ergebnis ist groß, denn künftig werden Milchprodukte, Fleisch und Wurstwaren, Getreide und Gemüse für täglich bis zu 300 Essen von regionalen Bio-Betrieben bezogen. Die Lebensmittel, die Bio und gleichzeitig auch regional sind, machen einen Anteil von gut 18 Prozent des Einkaufsvolumens der Kita aus. Hinzu kommen Lebensmittel aus bayerischer Herkunft, die ebenfalls einen Anteil von mehr als 18 Prozent des Einkaufsvolumens haben. Lebensmittel, die Bio-Qualität aber keine bayerische Herkunft haben, zahlen mit gut einem Prozent auf das erfreuliche Ergebnis ein.
„Damit nimmt die Kita Thansau in Sachen „Bio“ und „Regional“ eine Vorreiterrolle ein und kann diese Erfahrung an andere Einrichtungen in der Region weitergeben“, betonte Irmgard Reischl vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg-Erding, zuständig für Bio in der Gemeinschaftsverpflegung im östlichen Oberbayern, bei der Überreichung der Urkunde.
Die Menschen hinter der Erfolgsgeschichte
„Wir wollen den Einkauf und unsere Küchenabläufe optimieren sowie gesund und nachhaltig für unsere Kinder kochen. Wir sind stolz darauf, mit Markus Schuler einen motivierten Koch in unserer eigenen Frischeküche zu haben und können auch auf die volle Unterstützung von Kita-Verbundsleiter Markus Kahler setzen“, stellte Einrichtungsleitung Birgit Kreipl (seit Kurzem pensioniert) gleich zu Beginn des Coachings klar. Kreipl und Irmi Prankl, Projektmanagerin der Öko-Modellregion Hochries-Kampenwand-Wendelstein (ÖMR), kamen über eine ÖMR-Veranstaltung zum Thema „Mehr Bio in der Gemeinschaftsverpflegung“ in Kontakt. Prankl leitete das Coaching in die Wege und unterstützte die Einrichtung während des Coachings bei der Suche nach regionalen Bio-Lieferanten.
Kita-Koch Schuler, Einrichtungsleitung Kreipl, Erzieherin Christine Latta sowie Verbundsleiter Kahler erhielten während des Coachings fachliche Unterstützung bei der Optimierung des Kita-Speiseplanes und bei der Integration von mehr bioregionalen Lebensmitteln. Das BioRegio-Coaching in der hiesigen Ökomodellregion wird vom Bayerischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten finanziert. Die fachliche Beratung erfolgte durch Irmgard Reischl vom Sachgebiet Gemeinschaftsverpflegung Oberbayern Ost und durch Biocoach Hubert Bittl, der selbst täglich für die Verpflegung vieler hundert Tischgäste in der Betriebsgastronomie der Versicherungskammer Bayern in München zuständig ist. Auch mit den Essens-Vorlieben der Kleinsten kennt sich Bittl aus, denn er kocht zusätzlich für rund 70 Kita-Kinder der Mitarbeitenden der Versicherungskammer Bayern.
Welche Vorteile bringt Bio aus der Region für die Kita?
„Uns und den Eltern ist wichtig, dass die Kita-Kinder gesund ernährt werden. Es kommen auch immer wieder Eltern auf uns zu, die sich eine Bio-Verpflegung in der Kita wünschen.“ so Kreipl. Bio-Landwirte dürfen keine synthetischen Pflanzenschutzmittel und keinen synthetischen Stickstoffdünger verwenden. Dadurch werden unerwünschte Rückstände im Lebensmittel und im Grundwasser vermieden. In der Bio-Tierhaltung wird das Tierwohl großgeschrieben und Antibiotika nur restriktiv eingesetzt. Auch für den Artenschutz leistet Bio einen wichtigen Beitrag. Im Laufe des Coachings wurde klar, dass man mit der Verwendung von regionalen Bio-Lebensmitteln nicht nur den Tischgästen etwas Gutes tut, sondern auch einen Beitrag zum Klima-, Arten-, Boden- und Grundwasserschutz im direkten Lebensumfeld der Kinder leisten kann.
Kita-Koch Schuler besuchte einige Bio-Betriebe, die ihm von der Öko-Modellregion als potenzielle Lieferanten empfohlen wurden. Die artgerechte Bio-Rinderhaltung auf dem acht Kilometer entfernten Anderlhof in Tinning überzeugte ihn auf Anhieb. Nach ersten Test-Bestellungen von Bio-Rindfleisch bestellt er mittlerweile alle Fleisch- und Wurstprodukte direkt beim Demeter-Betrieb. „Gerade bei Fleisch liegt uns die Herkunft und die Haltung der Tiere am Herzen. Beim Anderlhof sind die Rinder auf der Weide oder können im Offenstall auf Stroh liegen. Die Kälber dürfen nach der Geburt bei ihren Müttern bleiben und beste Muttermilch trinken. Auch die Fleischqualität ist hervorragend, was sowohl an der Fütterung als auch an den genetischen Anteilen der französischen Fleischrinderrasse Charolais liegt.“, so Schuler.
Beim ersten Speiseplan-Check zu Beginn des Coachings hat sich herausgestellt, dass die Kita laut Empfehlungen der Bayerischen Leitlinien Kitaverpflegung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) etwas mehr Vollkorn-Produkte auf den Speiseplan setzen sollte. Neben Vollkorn-Nudeln gibt es für die Kinder daher nun auch Bio-Vollkornbrot – und zwar selbst gebacken. Das Bio-Roggenmehl für das hauseigene Brot stammt vom Biohof Schlarb in Kolbermoor, der seine Produkte im eigenen Hofladen sowie auf Märkten in der Region anbietet. Neben Mehl bezieht die Kita je nach Saison auch Bio-Salate und Bio-Gemüse von der Familie Schlarb.
In Zukunft werden alle Milchprodukte von der Molkerei Berchtesgadener Land in Bio-Qualität bezogen. Darüber freut sich Öko-Modellregionsmanagerin Prankl sehr, liefern doch gut 40 Milchviehbetriebe aus der Öko-Modellregion ihre Bio-Milch nach Piding.
Mit „Bayerischem Reis“ kommt auch eine echte Produktinnovation auf den Kita-Speiseplan. Julia Reimann und Stefan Schmutz von Chiemgaukorn in Trostberg haben eine Mischung aus den Urgetreidearten Emmer, Einkorn und Urdinkel entwickelt, die dank einer speziellen mechanischen Korn-Behandlung ähnlich wie Reis in der Küche eingesetzt werden kann. „Die ersten Gerichte mit ‚Bayerischem Reis‘ kamen bei den Kindern sehr gut an. Das Urgetreide bringt im Vergleich zu echtem Reis viele Vorteile: Es ist gesund und nahrhaft, durch die kurzen Transportwege kann CO2 eingespart werden und das regionale Bio-Produkt enthält keine Rückstände wie Pflanzenschutzmittel oder Arsen.“, so Schuler, der auch ausgebildeter Ernährungsberater ist. Auch die Teilnehmer der Abschlussveranstaltung konnten sich am kleinen Büfett mit Produkten der Anbieter von deren hervorragender Qualität und Geschmack überzeugen.
Wo ein Wille, da ein Weg
Biocoach Bittl und Frau Reischl vom Sachgebiet Gemeinschaftsverpflegung waren von Anfang an von der Motivation und der Begeisterung des Kita-Teams beeindruckt. Statt Hürden wie die möglicherweise steigenden Einkaufspreise oder die zusätzlichen Arbeitsstunden während des fünf-monatigen Coachings, sahen Kreipl und Schuler stets die Vorteile, die sich aus dem Wissens- und Erfahrungsaustausch sowie aus der Integration von bioregionalen Lebensmitteln ergeben würden.
Beim Coaching-Abschluss stellte sich zur Überraschung aller heraus, dass die Kosten pro Mittagessen trotz des hohen Anteils an biologischen und regionalen Lebensmitteln bisher nicht gestiegen sind. Denn obwohl den regionalen Bio-Bauern faire Preise gezahlt werden und ihre Produkte verglichen mit konventioneller, nicht regionaler Ware teurer sind, konnten Bittl und Reischl der Kita auch Tipps und Werkzeuge für Einsparungen an die Hand geben. Neben der Optimierung des Speiseplans ermittelte die Einrichtung auch sogenannte Warenkörbe, mit denen sie die Bedarfe in den Produktgruppen über das Jahr hinweg abschätzen kann. Mit diesem Wissen können zum Beispiel größere Bestellungen bei Großhändlern aufgegeben und somit Kosten eingespart werden.
Im Verlauf des Coachings hat sich gezeigt, dass die Kita in Sachen Bio und Regional nicht nur auf die Unterstützung des Kita-Verbundes, sondern auch auf die Unterstützung der Elternschaft zählen kann. „Nachhaltige Ernährung betrifft bei uns nicht nur die tägliche Mittagsmahlzeit. Wir behandeln mit den Kita-Kindern spielerisch das Thema gesunde Ernährung, Kochen und Backen miteinander, bauen Kräuter und Salate an und besuchen zum Beispiel einen Kartoffelacker. Dieses Rundum-Paket schätzen die Eltern sehr!“, betont Kreipl. Das Thema nachhaltige Verpflegung hat die Einrichtung deshalb jetzt auch im Verpflegungsleitbild niedergeschrieben. Die Kita Thansau möchte den erzielten Anteil an biologischen und regionalen Lebensmitteln zunächst verstetigen und zukünftig weiter ausbauen.
Bericht: Öko-Modellregion Hochries-Kampenwand-Wendelstein
Fotos: © Daniel Delang / Christian Schönleber