Im Jahr 2020 überschreitet der Haushalt des Bezirks Oberbayern erstmals die Zwei-Milliarden-Marke und erreicht damit einen neuen Rekordwert. Rund 90 Prozent des Gesamtetats in Höhe von 2,06 Milliarden Euro fließen in soziale Aufgaben, Bildung und Kultur. Für die Umlagezahler hatte Bezirkstagspräsident Josef Mederer bei der Haushaltsdebatte die gute Nachricht, dass die Umlage trotz gewaltigen finanzieller Herausforderungen stabil bei 21 Prozentpunkten bleibt. Der Bezirkstag verabschiedete den Haushalt mit fünf Gegenstimmen.
Mehr inklusive Hilfeangebote, die Übernahme der ambulanten Hilfen für pflegebedürftige Menschen und Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst führen 2020 zu deutlichen Mehrausgaben. Erheblicher Kostendruck entsteht durch gesetzliche Änderungen wie das Bundesteilhabegesetz (BTHG) und das Angehörigen-Entlastungsgesetz in der Hilfe zur Pflege. Allein die Mehrausgaben im Etat Soziales und Jugend liegen bei rund 170 Millionen Euro (plus 10,8 Prozent). Davon entfallen als größte Einzelposten 92,4 Millionen Euro auf Leistungen nach dem Bundesteilhabegesetz (bisher Eingliederungs-hilfe für Menschen mit Behinderungen) sowie 37,2 Millionen auf die Hilfe zur Pflege.
Wegen der stetig weiter steigenden Ausgaben sieht Bezirkstagspräsident Mederer den Bezirk „vor gewaltigen Herausforderungen“. So sei die für den Haushalt 2020 relevante Umlagekraft von 2018 zwar um 10,8 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro gestiegen. Die daraus resultierenden Mehreinnahmen bezifferte Mederer auf 168 Millionen Euro. Dem Haushalt fließen 1,72 Milliarden Euro über die Bezirksumlage zu. Die Umlage kann jedoch laut Mederer 2020 nur stabil bei 21 Prozentpunkten gehalten werden, weil der Rücklage zusätzlich rund 48,4 Millionen Euro entnommen werden. Damit schmilzt die Rücklage auf 25 Millionen Euro und liegt nur noch knapp über der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestgrenze.
Mehrausgaben durch Bundesteilhabe- und Angehörigen-Entlastungsgesetz
Die für die Mehrausgaben verantwortlichen gesetzlichen Neuerungen werden den Bezirk dauerhaft finanziell stark belasten. So regelt das Bundesteilhabegesetz ab 2020 wesentliche Bereiche der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen neu. Es werden unter anderem deutlich höhere Freigrenzen für Einkommen und Vermögen eingeführt. Zudem tritt mit dem Jahreswechsel das Angehörigen-Entlastungsgesetz in Kraft. Es sieht vor, dass Kinder mit einem Einkommen niedriger als 100.000 Euro in der Hilfe zur Pflege nicht mehr für die Pflegekosten ihrer Eltern herangezogen werden. „Wir müssen mit einer großen Unbekannten leben. Wie viel tatsächlich an Mehrkosten auf uns zukommt, weiß heute noch niemand“, sagte Mederer.
Des Weiteren sinken die Zuweisungen des Freistaats Bayern an den Bezirk Oberbayern nach Art. 15 Finanzausgleichsgesetz von 87,2 Millionen Euro auf 47,6 Millionen Euro – ein Minus von rund 40 Millionen Euro. „Das sind ernüchternde Zahlen. Sie führen zu einem großen Loch im Etat“, sagte Mederer. Die gesamte kommunale Familie Oberbayerns werde dadurch spürbar belastet. Mederer sparte nicht mit Kritik am Freistaat Bayern, der seinen Beitrag für die Umsetzung der Inklusion und Entlastung der Angehörigen schuldig bleibe. „Hier stellt sich für mich eindeutig die Frage nach dem Konnexitätsprinzip“, sagte Mederer. „Wer Leistungen einfordert, muss dafür auch finanziell gerade stehen.“
„Verlässlicher Partner der Umlagezahler“
Der Bezirk Oberbayern sei deshalb gezwungen, „sich das Geld, das wir für unsere Aufgaben brauchen, von den Kommunen zu holen“. Dass die Bezirksumlage trotz der geschilderten Unwägbarkeiten stabil bleibe, so Mederer weiter, „zeigt, dass wir ein verlässlicher Partner unserer Umlagezahler sind.“ Der Bezirk Oberbayern erhebt die Umlage von den 20 oberbayerischen Landkreisen und den drei kreisfreien Städten München, Ingolstadt und Rosenheim zur Finanzierung seiner Aufgaben. Zielvorgabe ist die Vorlage eines genehmigungsfreien Haushalts. Das heißt, es dürfen keine Kredite aufgenommen und auch in den Folgejahren keine Verpflichtungsermächtigungen mit Krediten finanziert werden.
Über 90 Prozent des Haushaltsvolumens fließen in die sozialen Kernaufgaben des Bezirks. Als größter Posten steigen die Leistungen nach dem Bundesteilhabegesetz (bisher Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen) auf 1.147 Milliarden Euro (plus 8,8 Prozent). Davon gibt der Bezirk für Kinder im Vorschulalter über 115 Millionen Euro (plus 8,2) aus, für Leistungen im Schulalter rund 175 Millionen Euro (plus 7). Der Zuwachs ergibt sich unter anderem durch die weiterhin steigenden Ausgaben für individuelle Begleitungen in schulvorbereitende Einrichtungen, KITA, Schule und heilpädagogischen Tagesstätten von Kindern mit Behinderungen, die mit 50,4 Millionen Euro zu Buche schlagen. Für die ambulante und stationäre Hilfe zur Pflege gibt der Bezirk Oberbayern 2020 rund 275 Millionen Euro aus (plus 15,6). Davon entfallen rund 99 Millionen Euro auf die ambulante und 179 Millionen auf die stationäre Pflege.
Bericht und Foto: Bezirk Oberbayern