Kirche

Nußdorf: Der neue Altar des Künstlers Florian Lechner

Man kann ein Kunstwerk auf verschiedene Weise betrachten: Einerseits kann man es einfach auf sich wirken lassen und Überlegungen dazu anstellen, andererseits ist natürlich der Künstler selbst, eng mit seinem Werk verknüpft, ein Schlüssel zum Verständnis. Florian Lechner hat Altar und Ambo in der Wallfahrtskirche Kirchwald neu gestaltet – höchst abstrakt und sehr persönlich zugleich. Bei einem Besuch gibt er Einblicke in sein Schaffen.

Der Künstler arbeitet schon seit vielen Jahren an sakralen Bauten, seine Schöpfungen aus Glas verleihen speziell Kirchen eine besondere Wirkung. Keine bloße Selbstinszenierung, sondern immer mit Bezug auf bereits vorhandene Räume. Er braucht diesen Bezug, sagt er, sonst könnte er als Künstler nicht in der Architektur arbeiten. „Ich kann es zwar tun und sagen: Meine Idee ist so genial, die überstrahlt alles, was die vorherigen Jahrhunderte gemacht haben. Das würde der Egozentrik entsprechen, die ein Künstler ja auch haben muss. Aber ob die Lösung dann den Zusammenhang zur Architektur und zum übergeordneten Ganzen herstellt, das bezweifle ich.”

Mithilfe seines Gespürs für Licht und Raum greift Florian Lechner Vorhandenes auf, übernimmt Elemente und erzielt eine neue Wirkung.

In Kirchwald fällt die besondere Farbigkeit der Säulen im Hochaltar auf, ein grün-türkis-grauer Ton, der sich auch im Inn wiederfindet. So haben die damaligen Künstler des Spätbarocks, genauso wie Florian Lechner heute, dieses Motiv aufgenommen und umgesetzt. Die Glasprismen des neuen Altars, der nun der Kirchengemeinde zugewandt ist,  weisen ebensolche grünlichen Farbtöne auf. Er ist in den vorhandenen Mosaikboden eingepasst, der aus sechseckigen Blütenformen gesetzt ist. Sie haben das Maß der dreieckigen, prismenförmigen Stehlen vorgegeben, auf denen die Holzplatte ruht. Der Arbeitsprozess war ein aufwendiger, denn einerseits mussten exakte Berechnungen angestellt werden, was die Abmessung und das Gewicht der Glasprismen betrifft, andererseits muss sich in der Schmelze der Gläser auch deren Innenleben und Farbigkeit ausbilden, so wie es gewünscht und vorgesehen war. Das Glas dehnt sich beim Schmelzen aus und erzeugt Abweichungen, die nicht zulässig sind. Somit waren experimentelle Arbeit und ein “Sich-Herantasten” vonnöten, um zu einem genauen Ergebnis zu kommen.

Das Licht kommt mit ins Spiel

In den Sommermonaten passiert jeweils zwischen 9 Uhr und 10 Uhr morgens etwas Besonderes: Das natürliche Licht der Sonne wandert hier vorbei und hinterlässt auf seinem Weg für diesen kurzen Moment den Eindruck, dass der Altar „auf Licht schwebt“.

Florian Lechner war inspiriert durch einen Aufenthalt in der Kathedrale von Chartres während einer Studentenwallfahrt, die sein Lehrer Joseph Lacasse angeregt hatte. Seitdem widmet er sich dem Thema Licht in Verbindung mit Glas, weil für ihn das Glas die Materialisierung von Licht darstellt – als Künstler kann er dies auf unendlich viele Arten sichtbar machen. „Licht ist die Begegnung des Kosmischen mit dem Irdischen,” sagt er.

So einfach zu sehen und nur schwer zu erklären

„Das, was das Licht gibt, ist eines der für mich wesentlichen Elemente”, führt er weiter aus, „denn ohne unsere Erfahrung, die wir hier auf der Erde machen dürfen, könnten wir das alles nicht erschließen und begreifen. Licht ist eigentlich die Höchstform des Vorstell- und Unvorstellbaren. Die Physiker haben damit ein gewaltiges Thema und keine eindeutige Formel und Lösung, das Verständnis schwankt zwischen den Elementen des korpuskularen und des Fließenden.”

Die Korpuskeltheorie (auch Emissionstheorie oder ballistische Lichttheorie) ist eine vor allem Isaac Newton zugeschriebene physikalische Theorie, nach welcher das Licht aus kleinsten Teilchen oder Korpuskeln (Körperchen) besteht, lässt einen Wikipedia hierzu wissen.

Die Botschaft des Jesus von Nazareth spielt ebenso in die Gestaltung mit ein. Erzbischöfliches Ordinariat und dessen Kunstkommission haben eine Lösung abgesegnet, die so ungewöhnlich wie logisch daherkommt. So ist bei der rechteckigen Platte des Ambo vorne ein Eck ausgespart und für die Kirchengemeinde sichtbar. Warum? Weil die Texte eine Wahrheit beinhalten, die nicht bequem ist, sondern aneckt – dieser provokante Gedanke wurde von Florian Lechner ausgeformt.

Weitere Infos zu Florian Lechner unter: www.glaslichtklang.de

Text: cl – Bildrechte: Rainer Gätcke / Conni Lechner

Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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