Natur & Umwelt

Neue Forschungskooperation TU München – Nationalpark Berchtesgaden zu den Folgen des Klimawandels

Veröffentlicht von Günther Freund

Im Nationalpark Berchtesgaden startet ein einzigartiges Forschungsprojekt zur Artenvielfalt und zu den Folgen des Klimawandels: Gemeinsam mit der Technischen Universität München (TUM) hat die Nationalparkverwaltung ein Langzeit-Monitoring der Biodiversität im Alpenraum konzipiert. Mit modernsten technischen Geräten sollen Veränderungen in den Ökosystemen dokumentiert, Grundlagendaten gewonnen und daraus Strategien für den Erhalt der Biodiversität entwickelt werden.

Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber betonte beim offiziellen Startschuss des Projekts am Königssee: „Wir schlagen ein neues Kapitel in der Erforschung der Alpenwelt auf. Ziel ist eine umfassende Inventur von Tieren, Pflanzen und Pilzen im Nationalpark Berchtesgaden. Im Nationalpark treffen Wissenschaft und neueste Erfassungsmethoden mit hochmoderner Technik auf einzigartige Natur. Das Projekt wird neueste Erkenntnisse zu Artenvielfalt und Klimawandel im sensiblen Alpenraum liefern. Der Nationalpark mit seinem Artenreichtum und seiner Vielfalt an Lebensräumen ist der ideale Ort für das Forschungsvorhaben. Wir verfügen dort mit 14 vollautomatisierten Klimastationen über das dichteste Klimamessnetz in den Alpen. Diese Kooperation des Nationalparks mit der TU München ist ein Meilenstein für die bayerische Forschung im Hochgebirge.“

Für das Langzeit-Monitoring wurden im Nationalpark rund 50 Standorte für ein Versuchsflächennetz ausgewählt. Nach dem Vorbild von Wetterstationen soll die Artenvielfalt dort halbautomatisch erfasst werden. Für das Monitoring von Fledermäusen werden beispielsweise Batcorder in sogenannten „Waldboxen“ installiert. Vögel werden mit Soundrecordern dokumentiert. Für Kleinsäuger gibt es besonders schnelle Fotofallen mit hoher Auflösung. Künstliche Verstecke sollen Erkenntnisse über Amphibien und Reptilien liefern. Bodenproben geben Aufschluss über Pilze und Bakterien. Auch fliegende und laufende Insekten sowie mittelgroße und große Säugetiere und die Vegetation sind Bestandteil des Monitorings. TUM-Präsident Prof. Thomas F. Hofmann ergänzte: „Die herausragende Expertise des Nationalparks im Naturschutzmanagement in Verbindung mit der exzellenten Forschungskompetenz der TUM eröffnet einmalige Perspektiven für die Wissenschaft. Wir wollen neue Erkenntnisse zu Folgen des Klimawandels für die Biodiversität erlangen, die unmittelbar dem Naturschutz vor Ort in den Alpen zu Gute kommen, aber auch weltweit helfen, eine der größten Herausforderungen der Menschheit zu bewältigen.“

Der Nationalpark ist auch deshalb besonders gut für das Monitoring geeignet, weil natürliche Prozesse hier weitgehend unbeeinflusst ablaufen. Dazu unterstrich der Leiter des Nationalparks Berchtesgaden, Dr. Roland Baier: „Das wichtigste Ziel in Nationalparken ist das Zulassen der natürlichen Dynamik, eine Naturentwicklung ohne Ziel- und Endzustand und ohne Eingriff des Menschen. Damit sind Nationalparke einzigartige Forschungslandschaften. Die beiden bayerischen Nationalparke nutzen dieses Potenzial auch in diesem Projekt eng und partnerschaftlich.“

Die Erfassungsmethoden wurden bereits wissenschaftlich erprobt. Die gewonnenen Informationen bilden die Basis für die Entwicklung von fundierten Managementkonzepten im Alpenraum, gerade im Hinblick auf den Klimawandel. Glauber: „Wir tragen Verantwortung für unser Naturerbe. Wir wollen Vorreiter beim Naturschutz sein. Wir müssen die Alpen verstehen, um sie schützen zu können. Die Forschungsergebnisse sollen Grundlage für ein nachhaltiges Management von Gebirgslandschaften sein. Das Forschungsprojekt ist die Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis.“

Das Biodiversitäts-Monitoring ist das erste große Forschungsprojekt im Rahmen einer vom Umweltministerium geförderten Kooperation zwischen TUM und dem Nationalpark Berchtesgaden. Das Umweltministerium unterstützt diese Kooperation mit 310.000 Euro pro Jahr. Geleitet wird das Projekt vom Inhaber des im Rahmen der Kooperation neu geschaffenen Lehrstuhls für „Ökosystemdynamik und Waldmanagement in Gebirgslandschaften“, Prof. Rupert Seidl.  Die erste deutsche Professur für alpine Ökosysteme ist an der TUM School of Life Sciences angesiedelt.

Als Forschungskoordinator betreut Dr. Sebastian Seibold die Schnittstelle zwischen Professur und der Nationalparkleitung. Durch die enge Zusammenarbeit werden Synergien für beide Institutionen geschaffen. Auch die Forschung in der Biosphärenregion Berchtesgadener Land soll einbezogen werden. Einen hohen Stellenwert hat zudem die enge Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Bayerischer Wald. Das Monitoring findet auch im Nationalpark Bayerischer Wald statt und soll in beiden Nationalparken als Daueraufgabe etabliert werden. Erste Ergebnisse für den Nationalpark Berchtesgaden werden Ende 2021 erwartet.

Nirgendwo ist der Klimawandel so stark messbar wie in den Alpen. In den Alpen sind die Temperaturen in den vergangenen 100 Jahren mit 2 Grad Celsius doppelt so stark gestiegen wie im globalen Durchschnitt.

Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden vom 5.Oktober 2020


Redaktion

Günther Freund

1944 in Bad Reichenhall geboren, Abitur in Bad Reichenhall, nach dem Studium der Geodäsie in München 3 Jahre Referendarzeit in der Vermessungs- und Flurbereinigungsverwaltung mit Staatsexamen, 12 Jahre Amtsleiterstellverteter am Vermessungsamt Freyung, 3 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Zwiesel und 23 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Freyung (nach Verwaltungsreform mit Vermessungsamt Zwiesel als Aussenstelle). Seit 2009 im Ruhestand, seitdem in Prien am Chiemsee wohnhaft.

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