Vielen Chiemgauern ist das Vereinsheim des Trachtenvereins „Almarausch“ Hittenkirchen bestens bekannt, sei es als Probenraum zum Platteln oder Dirndldrahn, als Volkstanzhochburg oder als Veranstaltungsraum, in dem vorwiegend Volksmusik zu hören ist. Am vergangenen Wochenende betraten die Organisatoren der Bernauer Veranstaltungsreihe „Konzerte an besonderen Orten“ gleich zwei neue Bühnen.
Bernaus Kulturreferentin Michaela Leidel brachte es auf den Punkt, als sie in Vertretung von Bürgermeister Philipp Bernhofer die Anwesenden begrüßte und einen außergewöhnlichen Abend eröffnete. Den Organisatoren sei es gelungen, sehenswerte „Meisterstücke aus Holz“ mit hervorragenden „Meisterstücken fürs Holz“ zusammenzubringen. Sie dankte gleich zu Beginn dem Trachtenverein mit seinem Vorstand Christoph Kaufmann, der für die erste Veranstaltung mit klassischer Musik im Trachtenheim dieses kostenfrei zur Verfügung gestellt hatte. Hans Kurfer, Obermeister der Traunsteiner Schreinerinnung, konnte der Kulturreferentin nur beipflichten, als er die wunderschönen und handwerklich wertvollen Gesellen- und Meisterstücke vorstellte, die an einer Seitenwand des Saales ausgestellt waren: Ein Hängebord mit Klappe, ein Sekretär, ein Schreibtisch mit Kupferverblendungen, eine Truhe in Rüster und ein sehr aufwändiger Küchenkasten konnten vor und nach dem Konzert genauestens in Augenschein genommen werden, was zu den ersten „Ahhs und Ohhs“ führte. In der Pause durften die Zuhörer in einem Quiz vier verschiedene Holzarten von ausgestellten Musikinstrumenten erraten. Keiner der anwesenden Musikbegeisterten und auch kein Schreiner konnte „Bergahorn, Grenadill, Buchsbaum und Mopane“ richtig benennen.
Der Abend gehörte aber vor allem fünf Musikern, die Kompositionen von fünf Meistern für das Holz in Perfektion zum Klingen brachten. Das Holzbläserquintett der Münchner Philharmoniker, mit Gabriele Krötz an der Querflöte, Alexandra Gruber an der Klarinette, Lisa Outred an der Oboe, Mia Aselmeyer am Horn und Johannes Hofbauer am Fagott zeigte die verschiedenen Facetten der unterschiedlichen „Hölzer“ im gemeinsamen Musizieren. Viele Zuhörer waren bereits bei den ersten Klängen von der Akustik des Raumes beeindruckt. Jeder noch so leise gespielte Ton wurde durch den ganzen Raum getragen und war an jedem Platz hervorragend zu hören.
Den Beginn machten die „Antiken ungarischen Tänze“ von Ferenc Farkas (1905-2000), der sich von Tänzen aus dem 17. Jahrhundert inspirieren ließ.
Das daran anschließende Quintett in Es-Dur op. 4 komponierte Ludwig v. Beethoven (1770-1827) eigentlich als Bläseroktett und schrieb es später zu einem Streichquartett um. Heute wird es meist in einer Bearbeitung von Mordechai Rechtman als viersätziges Bläserquintett gespielt. Es gilt als ein Meilenstein kammermusikalischen Schaffens in Beethovens frühen Wiener Jahren. Die Bläser zauberten hier eine Vielzahl von Klangfarben, wobei die Instrumente wunderbar harmonierten und ein Hörgenuss der besonderen Art entstand.
Nach der Pause eröffneten klangreine Akkorde das Andante von Wolfgang A. Mozarts (1756-1791) „Orgelstück für eine Uhr“. Ursprünglich wurde das Werk für eine Orgelwalze komponiert, die im Wiener Wachsfigurenkabinett in Musikautomaten, den sog. “Flötenuhren”, eingebaut war. Des Öfteren fühlte man sich an Papageno und seine Flöte erinnert, entstand doch die Oper Zauberflöte in etwa zeitgleich.
Der Rest des Abends gehörte der Musik des 20. Jahrhunderts. Der bereits zu Lebzeiten sehr erfolgreiche Komponist Jacques Ibert (1890-1962) schrieb seine „Drei kurzen Stücke“ um 1930. Durch dauernden Wechsel von Tonarten und Melodik entstand eine sehr farbige und kurzweilige Musik, die von den Bläsern gekonnt in Szene gesetzt wurde.
Für das letzte Stück des Abends holte sich das Holzbläserquintett ihren Arbeitskollegen Albert Osterhammer mit seiner Bassklarinette zum gemeinsamen Spiel auf die Bühne. Zusammen mit dem Lokalmatador und musikalischen Leiter der Konzertreihe spielten sie als Bläsersextett „Mladi – Die Jugend“ von Leos Janacek (1854-1928). Der Komponist schildert in einer teils wehmütigen, teils heiteren Autobiographie in Tönen seine Jugend im Mähren des mittleren 19. Jahrhunderts. Mit großer Präzision, differenzierter Artikulation und Spielfreude kommunizierten die sechs Musiker mit viel Kontakt zueinander. Für den nun folgenden lang anhaltenden Beifall bedankten sich die Musiker mit „I Got Rhythm“, einem Jazztitel aus dem Musical Girl Crazy von George Gershwin (1898-1937).
Fazit des Abends: Ein einmaliges Konzert, bei dem für jeden Musikgeschmack etwas auf höchstem Niveau geboten wurde und zeitgleich ein Einblick in die wunderbare Kunst der Holzverarbeitung. Christoph Osterhammer, Leiter der Bernauer Touristinfo und Hauptorganisator der Veranstaltungsreihe, überreichte abschließend allen Bläsern eine Rose als kleine Erinnerung an eine rundum gelungene Veranstaltung.
Bericht und Bilder: Georg Leidel