„Wenn schöne Aussichten keine guten Aussichten haben, dann entsteht allseitiger Handlungsbedarf“ – frei nach diesem Motto besuchte Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber die Urlaubsregion Chiemsee-Alpenland an einem der höchst aussichtsreichen Punkte. Die Ministerin kam auf Einladung von Dr. Wolfgang Bachleitner auf die Ratzingerhöhe oberhalb von Greimharing in der Gemeinde Rimsting zum dortigen Aussichtsturm und erklärte diese zur bayerischen Modellregion für die länderübergreifende Initiative „Respektiere Deine Grenzen“.
„Unsere zauberhafte Landschaft ist kleinparzelliert und dünnstrukturiert, Corona hat den Freizeitdruck erhöht, nicht selten, dass aufgeschreckte Rehe tagsüber auf der Straße überfahren werden – all dass muss es uns wert sein, unsere Wildtierwelt und unser Naturjuwehl für die nächsten Generationen zu erhalten“ – so Wolfgang Bachleitner mit seinen jahrelangen Erfahrungen als Jagdpächter auf der Ratzingerhöhe. Gerade dort hat der von der Rosenheimer Landesausstellung an die Gemeinde Rimsting abgegebene Aussichtsturm negative Entwicklungen gestartet. „Partys bis zum frühen Morgen, Müll in den Wiesen und Unterwegssein abseits der Wege, das sorgt für Sorgen“ – so der Jäger, dem auch Landwirt Florian Mayer beipflichtete. Aufgrund der unguten Situation machte sich Dr. Bachleitner an ein Konzept und stieß dabei auf die Salzburger Initiative „Respektiere Deine Grenzen“ und auf die thematische Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung. Dabei und bei der persönlichen Kontaktaufnahme mit den Freizeitnutzern stellte er fest, dass rund 70 Prozent der Freizeit- und Landschaftsnutzer nicht wissen, was sie der Natur und vor allem der scheuen Tierwelt antun, wenn bestimmte und grundsätzliche Regeln nicht eingehalten werden.
Ministerin Kaniber: „Verantwortung auch bei freiem Betretungsrecht“
In ihrem Grußwort ging Staatsministerin Michaela Kaniber auf die vermehrt wahrnehmbare Bewegung in der Natur sowie auf das in der Verfassung festgeschriebene freie Betretungsrecht ein und sagte: „Oft werden Grenzen überschritten, deswegen ist es gut, dass wir über Grenzen hinweg mit gleichem Motto und gleichem Erscheinungsbild zusammenarbeiten. Es ist sehr zu loben, dass diese örtliche Initiative dazu beiträgt, das Bewußtsein zu schärfen sowie ein neues, friedliches Miteinander und die gegenseitige, respektvolle Wertschätzung zwischen Sportlern, Freizeit-Nutzern, Landwirten und Waldbesitzern zu fördern“. Die Ministerin regte an, bereitwillige Grundstückseigentümer zu finden, die – wie in einem Lenkungsversuch im Berchtesgadener Land – eine reguläre Nutzung von Wegen ermöglichen. „Für Unterhalt und Haftung konnten wir eine Regelung treffen“ – so die Ministerin zur Entschleunigung in der Natur, die aufgrund von immer wieder zu beobachtenden Stirnlampenlichtern um 5 Uhr morgends in den Wäldern oder von Partys beim Aussichtsturm unbedingt notwendig ist.
Rimstings Zweiter Bürgermeister und Bio-Bauer Thomas Schuster informierte, dass Erster Bürgermeister Andreas Fenzl nach der jüngsten Informationsveranstaltung im Gemeindehaus von Greimharting einen Runden Tisch zugesagt hatte. Auf die Frage des Landtagsabgeordneten Andreas Winhart, was der Tourismus an Hilfe bieten kann, sagte Bad Endorfs Bürgermeister Alois Loferer als Beiratsmitglied des Tourismusverbandes Chiemsee-Alpenland: „In mehrere Schritten und Projekten haben wir an sensiblen Plätzen mit Aufklärung und Beschilderungen begonnen, die Kampagne ist gut angekommen. Mit Verboten allein können wir nicht punkten, verstärkt setzen wir auf den sanften Tourismus und auf den Gesundheitstourismus“. Als gutes Beispiel mit Erfolg nannte Loferer das Simssee-Moos mit seinem Schiffsgürtel. „Seit wir einen kleinen Aussichtsturm mit kleinen Parkplatz mit Eingebundenheit in das Rad- und Wanderwegenetz geschaffen haben und die Beschilderung verbessert haben, sind wir frei von Besuchern in den Ufer- und Schilfsgürtel-Zonen“. Niemand Aussperren war auch die Aussage von Kreisbäuerin Katharina Kern und Kreisobmann Sepp Andres vom Bayerischen Bauernverband, begrüßt wurden von ihnen der im Oberland eingeführte Natur-Ranger und das auf die Leute persönliche Zugehen.
Salzburg als Vorbild
Christoph Burgstaller, Projektleiter von „Respektiere Deine Grenzen“ im Land Salzburg übergab ein in seinem Revier eingesetztes Musterschild und er setzte darauf, die vor 20 Jahren begonnene Initiative noch stärker bekannt zu machen, denn: „Wenn wir den Slogan weiter verbreiten und gemeinsamen aufklären, dann tut sich was zugunsten der Natur“. Genau dies sollen auch die von Dr. Wolfgang Bachleitner, Christoph Burgstaller und Staatsministerin Michaela Kaniber abschließend aufgestellte Hinweistafel sowie der in Aussicht gestellte Runde Tisch in der Gemeinde Rimsting bewirken.
Fotos: Hötzelsperger – Eindrücke von der Zusammenkunft „Respektiere Deine Grenzen“ beim Aussichtsturm auf der Ratzingerhöhe