In Varadero – eines der größten Hotel-Resorts in der Karibik .◊.
Als ich der befreundeten Familie erzählte, dass ich die letzten Tage meiner Reise noch im 170 km entfernten Varadero zur Erholung in einem großen 5 Sterne Hotel verbringen möchte, bettelten sie mich so lange, dass ich die Mutter und die 10jährige Rachel einlud. Der Vater arbeitet bei einem Veterinär und konnte nicht mitkommen. Die 10jährige kam erstmals aus dem Großraum Havanna heraus und war überglücklich, das erste Mal in ihrem Leben eine Cola zu trinken. Sprite folgte dann in den nächsten Tagen. Soviel Luxus hatten sie vorher noch nicht gesehen oder erlebt. Allerdings wurde bei dem reichlichen Buffett täglich gehamstert. Der Kühlschrank in ihrem Zimmer wurde von Tag zu Tag voller.
Was mir hier, wie früher auch schon in Afrika, auffiel, ist, wie sich die Beiden gegenüber dem Servicepersonal, als Gast, also „höher“ fühlten. Sie überhäuften es mit Beschwerden und reichlichen Anweisungen. Dazu fiel mir das alte Sprichwort ein: „Wenn der Bettelmann auf das Pferd kommt, dann kann ihn der Teufel nicht mehr einholen“.
Varadero ist eine gut 20 km lange schmale Halbinsel mit viel Sandstrand, auf der ab 1990 eines der größten Hotel-Resorts in der Karibik gebaut wurde, denn die goldenen Zeiten mit dem dauerhaften Geldsegen aus Moskau waren ab da vorbei und es mussten neue Einkommensquellen geschaffen werden. Früher hatten reiche Amerikaner ihre Villen hier. Unter anderem auch der berüchtigte Al Capone.
Wir waren 6 Tage im Iberostar Bella Vista. Eine Hotelburg mit 827 Zimmern. Die meisten Gäste waren Franko-Kanadier und Argentinier. Aus Europa waren derzeit nur wenige da. Ich traf einen Norweger, ein Paar aus Tschechien, sowie ein junges deutsches Paar aus Regensburg, die sich nach zweieinhalb Wochen Rundreise noch 4 Tage Karibik-Feeling gönnten, bevor sie wieder im Krankenhaus als Chirurgin tätig ist und er weiter Computer programmiert. Als Vegetarier taten sie sich in Kuba allerdings nicht leicht, denn es gibt immer und überall Fleisch – zumindest in den Touristengebieten – für das normale Volk ist es allerdings rar (deshalb wird von Mama und Tochter ja auch so gehamstert).
Die Schlacht am Buffet ist psychologisch interessant. Die meisten Gäste sind im Rentenalter und finanzieller Mittelstand (ich betone FINANZIELLER), meist übergewichtig bis sehr übergewichtig. Was manche Leute verdrücken können ist unglaublich. Unter anderem auch die Dalia und ihre 10jährige Tochter Rachel. Für die Angestellten muss es ein Alptraum sein, zu sehen, was für Verschwendung hier stattfindet. Auch waren einige junge Leute mit noch nicht schulpflichtigen Kindern hier.
Effektiv zu Arbeiten ist noch ein Fremdwort. Für das Laub im Hotelpark zusammenzurechen brauchen 3 Männer einen ganzen Tag. Bei uns würde das ein Mann in ein paar Stunden erledigen. Am Eingang steht immer jemand der die Tür auf und zu macht. Am Tisch steht kein Wasser oder andere Getränke, die muss man bestellen, dann werden sie gebracht. Oft erst wenn man mit dem Essen schon fast fertig ist. Am Buffett sind große heiße Kochplatten auf denen man sich Fleisch, Fisch oder Eier braten lassen kann – je nachdem was man sich roh ausgesucht hat. Auch wenn die Schlange noch so lang ist, es wird immer nur für die Person gebraten, die gerade dran ist, obwohl der Platz auf der heißen Platte locker für 5 Personen gleichzeitig zu Braten da wäre. Aber wenn selbstständiges Denken jahrzehntelang nicht gewünscht war, wie soll sich da selbstständiges Denken entwickeln können. Salz steht nicht am Tisch, das muss man sich, wie Zucker bringen lassen – oder selber holen, wenn der Service wieder mal nicht schnell genug kommt.
Es gibt zwei Eissorten: Rosarot und Schokoladenbraun. Man geht mit einem Becher hin und lässt ihn sich füllen. Wieviel die Leute verdrücken können, hätte ich vorher nicht für möglich gehalten. Manche gehen mit zwei übervoll beladenen Bechern zum Tisch. Ist ja All-Inklusive – das muss schon genutzt werden. Ich muss sagen, mir hätten auch 3 Tage All-Inklusive gereicht.
Die Maskenpflicht ist allgegenwärtig und streng. Bei nicht Einhalten drohen 20.- € Bußgeld – ein ganzer Monatslohn. Auch für die Anschnallpflicht im Auto. Mein Taxifahrer sagte, dass ich die Sicherheitsgurte nicht schließen, sondern nur rüberzulegen brauche und immer, wenn eine Polizeikontrolle kam, bat er mich die Maske hochzuziehen (ein stiller Protest gegen die Obrigkeit).
Kuba ist nach wie vor ein Polizeistaat, der die Bevölkerung nur durch Angst ruhig hält. Ausschließlich ALLE sind hier unzufrieden, aber kaum jemand traut sich darüber zu sprechen. Und wenn, dann nur unter 4 Augen und wenn eine gewisse Vertrauensbasis aufgebaut ist. ALLE würden das Land gerne verlassen – wenn sie könnten. Aber wie sagte mir ein anderer Taxifahrer: „Es sind die alten Männer, die sich die Taschen mit viel Geld vollstopfen, es ist bei uns dasselbe wie in den anderen kommunistischen oder ehemals kommunistischen Staaten“!
Die Menschen haben durch das Internet heute wesentlich mehr Informationen als noch vor 12 Jahren und erleben live bei den Touristen, dass das Geld eines Monatslohns, einfach mal schnell für eine kleine Fahrt mit einem alten Amischlitten ausgegeben wird – und das macht immer noch mehr unzufrieden. Wann das Pulverfass explodiert, kann keiner sagen, aber die Elite haut ab und die die dableiben, haben meist nicht die Courage und durch Einschüchterung, Angst aufzubegehren. Aber selbst, wenn man von einem Tag auf den anderen eine westliche Demokratie einführen könnte, würde es vermutlich nicht funktionieren, weil Demokratie auch gelernt werden muss und sicher auch ein oder zwei Generationen brauchen würde, die Mentalität zu ändern.
Mein Rat für alle die über unsere Regierungen ständig schimpfen: „Geht mehr auf individuelle Reisen, dann würdet Ihr vermutlich schnell Eure Meinung mit mir teilen, nämlich, dass wir unglaublich glücklich sein können in einem freien Land mit korrekter Demokratie und freier Marktwirtschaft geboren und aufgewachsen zu sein und darin leben zu dürfen. Demnach können unsere Nachkriegsregierungen nicht so schlecht gewesen sein, wie viele Deutsche denken – und darüber schimpfen!“
Die staatlichen Taxis sind gelb wie in New York, haben Klimaanlage und kommen ausschließlich aus chinesischer Produktion. Für 70.- $ brachte mich ein 28jähriger Taxifahrer zum 170 km entfernten Flughafen nach Havanna. Er hat es vom Staat gemietet, will aber in einem Jahr auch illegal nach Amerika gehen. Das Benzin kostet der Liter nur 30 Eurocent, dank des Venezuelanischen Brudervolks …
Text und Fotos: Hans Fritz – www.hans-fritz.de
Bisher sind 21 Berichte im Rahmen der Artikelserie „Mit Hans Fritz vom Chiemsee in die USA“ erschienen – es folgen weitere.
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