Pittsburgh – vom Stahlzentrum Nordamerikas zur heutigen Technologie- und Universitätsstadt –
Von Washington bis Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania sind es rund 400 km, für meine Cousine Linda – auch nur ein Katzensprung. Man muss allerdings neidlos zugeben, dass das Fahren durch die strikte Geschwindigkeitsbeschränkung auf + – 100 Stundenkilometer (manchmal sind es 90 und auch mal 112), viel entspannender ist als bei uns. Auch fahren die Amerikaner disziplinierter als wir. Es gibt kein Drängeln oder gar An-Hupen. Lastwägen fahren im selben Tempo wie Autos.
Michelle, die Tochter des jüngsten Bruders meiner Mutter, bei der ich die Tage wohnte, hat sich mit ihrem Mann vor 22 Jahren ein 5 Hektar großes Waldgrundstück mit natürlichem Laubholzbestand rund 60 km nördlich von Pittsburgh gekauft. Einen Platz für ihr schönes Blockhaus haben sie mittendrin 4 Jahre später gerodet. In Amerika hat jeder Grundstücksbesitzer auf seinem Grundstück ein Baurecht. Die Bundesstaaten haben allerdings oft unterschiedliche Mindestgrößen um ein Haus bauen zu dürfen. In South Carolina z.B. sind es 8.000 Quadratmeter. Das ist aber nicht schlimm, weil ein Quadratmeter, wie im Beispiel von Michelle, vor 22 Jahren noch unter einem Dollar kostete. Allerdings findet hier bezüglich der Preisexplosionen eine ähnliche Entwicklung wie bei uns statt und dadurch tun sich Normalverdiener zunehmend schwerer sich eine eigene Immobilie zu leisten. Allerdings kostet ein Haus, das bei uns eine Million kostet, hier in der Gegend von Pittsburgh, immer noch meist unter 300 000.- € – und Michelles Grundstück hätte sich in den 22 Jahren „nur“ vervierfacht.
In Pittsburgh fließen, wie in Passau, 2 Flüsse zusammen und bilden dazwischen eine Halbinsel. Allerdings ist es einwohnermäßig fünfmal so groß. Im Gegensatz zu Passau verlieren aber beide Flüsse, der Monongahela und der Allegheny River ihre Namen und vereinigen sich zum Ohio-River. (Finde das gerechter als in Passau, wo der größere Fluss, der Inn, seinen Namen an die Donau abgeben musste.) Die Spitze der Stadt zwischen den Flüssen, schaut aus wie ein kleines Manhattan. Früher war Pittsburgh das Stahlzentrum Nordamerikas, heute ist es eine Technologie- und Universitätsstadt mit 5 Universitäten und Universitätskrankenhäusern.
Die Dominanz der Stahlindustrie blieb bis zur Stahlkrise in den 1970er Jahren bestehen. Die darauffolgenden Jahrzehnte waren aber vom wirtschaftlichen Niedergang geprägt. Der dramatische Verlust von Industriearbeitsplätzen konnte nur zu kleinen Teilen von einem sich entwickelnden Dienstleistungssektor aufgefangen werden. Die Stadt verlor allerdings zwischen 1950 (noch 673.703 Einwohner und 2010 nur noch 305.704) mehr als die Hälfte ihrer Einwohner. Der Versuch, die negativen Folgen zu begrenzen und die Stadt auf eine neue ökonomische Basis zu stellen, verlief im Vergleich zu anderen Industriestädten überdurchschnittlich erfolgreich, sodass Pittsburgh in den USA heute als Musterbeispiel für gelungenen Strukturwandel gilt.
Heute gilt Pittsburgh mit 5 Universitäten als Wirtschafsmetropole und ist führend in Medizin. Michelle zeigte mir das „Pitt“, ein imposanter Universitäts-Bau in einer Mischung zwischen Spätgotik und Art Deko. Allerdings kostet es in Pittsburgh zu studieren monatlich 3.000.- bis 5.000.- $, was sich auch der Mittelstand kaum leisten kann. Da drängt sich mir der Verdacht auf, dass das alte römische System, „halte das Volk mit Brot und Spielen ruhig und bilde nur eine kleine Führungselite aus“, hier noch präsent ist.
Die zweite Generation Auswanderer, was ich am Beispiel meiner 11 Cousin und Cousinen beobachten konnte, hat es zu einem guten Mittelstand gebracht. Alle haben eigene Häuser. Der Lebensstandard ist nach meiner Wahrnehmung, höher als bei uns. Im Deutschen Haus trafen wir zusammen. Sie sind sehr auf die gemeinsamen Wurzeln bedacht und freuten sich, dass wir uns im Rentenalter nun endlich kennen lernen. Ebenfalls lernte ich auch einige der dritten Generation im Alter von + – 30 kennen. Aus Neugier bestellte ich im Deutschen Club „Leberkas mit Kartoffelsalat“. Ich konnte es nicht aufessen, denn beides schmeckte furchtbar ))-;
Beindruckt hatten mich auch die 4.000 Fahrräder des Fahrradmuseums. Manche sogar im Cadillac-Stil. Übrigens wurde hier auch der Ketchup erfunden…
Text und Fotos: Hans Fritz – www.hans-fritz.de