Tourismus

Mit Hans Fritz vom Chiemsee in die USA – Bericht 3

Veröffentlicht von Claus Linke

Zu Gast im dreitausend Einwohnerdorf Abbeville in South Carolina –

Ankunft am 3. April in Greenville South Carolina. Der 77 Jahre alte Albert Yoder, absolvierte seinen Ersatzdienst, als er anfangs Zwanzig war, drei Jahre lang in Berlin, weil er als gläubiger Mennonit Kriegsdienst ablehnte. Deshalb spricht er auch sehr gut deutsch. Nach einer Holzmaschinenmesse vor 16 Jahren in Pennsylvania, kaufte er mir das Messe-Serra Sägewerk ab. Seitdem sind wir befreundet und immer wieder in Kontakt. Er besuchte mich vor ein paar Jahren in Deutschland und lud mich zum wiederholten Mal ein.
Mit seiner Frau Maria lebt er in einem großen Haus, das sie mitten in einem alten Natur-Laubwald auf ihrem 20 Hektar großem Land von vor 40 Jahren bauten. Das obere Stockwerk mit 4 Schlafzimmern und 2 Bädern steht, seit die vier, heute erwachsenen Kinder auszogen, leer. Damit haben sie das gleiche Problem wie viele ältere Leute auch hierzulande – dass das Haus viel zu groß ist.
Als fromme Mennoniten wird, wie früher auch bei uns auf dem Bauernhof, vor jedem Essen vorher und nachher gebetet. Die ersten Mennoniten sind vor rund 300 Jahren, wegen der Verfolgungen evangelischer und katholischer Christen, nach Amerika ausgewandert. Der Hauptgrund war, weil sie die Babytaufe nicht akzeptierten. Darum heißen die heute weltweit rund 2,1 Millionen Mennoniten und Amischen, auch die „Täufer“. Die Älteren von ihnen „kenna desweng no deidsch schwäza“.
Vor gut 60 Jahren ist eine Gruppe aus Pennsylvania nach South Carolina gezogen, haben viel Land gekauft und blühende Farmen, sowie mittelständische Firmen und Geschäfte, in dem damals beim amerikanischen Bürgerkrieg umkämpftem Südstaat, hier aufgebaut.
Die Mennoniten sind Glaubensbrüder der Amischen, die ohne Strom, Chemie und Verbrennungsmotor, meist als tüchtige Bauern und Geschäftsleute leben. Sie leben aber im Gegensatz zu den Amischen als moderne Amerikaner, die große Autos fahren, fast alle reich wurden sind – und auch dementsprechend leben.
Reich wurden die Amischen allerdings auch, aber sie lehnen Strom und Verbrennungsmotoren ab, fahren nur mit den Pferdekutschen und haben auch keine Handys. Allerdings erzählte mir Albert, dass viele junge Amische, das nicht mehr mitmachen wollen. Hier im Süden leben die ca. 800 Mennoniten mit den Einwohnern der Gegend, ebenfalls meist Christen, friedlich zusammen. Sie haben ganz entscheidend die Wirtschaft in der ganzen Gegend entwickelt und sind deshalb auch sehr angesehen.
Amerika ist 28 mal so groß wie Deutschland, aber es leben nur gut 4 mal so viel Menschen in dem Land – und das merkt man auch überall – denn sie haben einfach mehr Platz! Das geht von den großzügigen immer genügenden Parkplätzen, über die breiten Straßen, den großen Grundstücken und den großen Abständen zwischen den meist mit alten Bäumen umsäumten Häusern. Hat jemand in diesem Bundesstaat ein Grundstück von mindestens 8.000 Quadratmetern, hat er das Recht drauf ein Haus zu bauen. Egal in welchem Baustil und wie groß. In anderen Staaten und im Innenstadtbereichen, gelten bezüglich Grundstücksgrößen für die Bebauung unterschiedliche Vorgaben.
South Carolina liegt auf demselben Breitengrad wie Nordafrika. Es sieht aber von der Vegetation ähnlich aus wie bei uns in Mitteleuropa. Abwechselnd viele Wälder und Wiesen auf denen die Rinder ganzjährig auf der Weide sind, weil die Winter milder als bei uns sind. Meist herrscht natürlicher Laubwald vor, der aber oft nicht genutzt wird und dazwischen dann immer wieder Kiefern in Plantagenanbau, die hier so schnell wachsen, dass sie 18 Jahre nach der Pflanzung schon gefällt werden können. Manche haben in ihrem Garten auch mal ein paar Palmen stehen. Schnee und gefrorenen Boden kennen sie nicht, deshalb sind die Wasserleitungen auch nur ganz flach im Boden verlegt.
Albert baut mit seinen Söhnen Häuser in Holzrahmenbau. Das System mit dünnen Hölzern und kleinen Kammern, das mich seit über 30 Jahren begeistert und das sich zunehmend auch bei uns im Holzbau immer mehr durchsetzt (nicht zuletzt auch auf Grund meiner Aktivitäten seit 1990). Meine Häuser in Bad Endorf sind z. B. auch in dieser Bauweise errichtet. Im Grunde ist das System der Natur abgeschaut. Ob die Bienenwabe, ein Knochen, oder ein Getreidehalm, alles erreicht seine Stabilität durch dünne Wände und kleine Kammern und ist deshalb auch so effektiv in der Materialeinsparung.
Entfernungen werden nie in Kilometern oder Meilen, sondern in Zeit angegeben und 100 km Entfernungen sind hier gefühlsmäßig so wie bei uns 10 km. Das Fahren ist hier wesentlich weniger aggressiv als bei uns. Das liegt nicht nur an der Geschwindigkeitsbeschränkung, sondern auch an den breiten Straßen und dem geringeren Verkehr und natürlich auch an den großen Sechs- oder Achtzylinder-Motoren, die natürlich auch ganz heftig „Durst“ haben. Benzinkosten spielten bisher keine große Rolle. Allerdings regt sich mittlerweile diesbezüglich Unruhe.
Albert jammert schon, dass der Liter anstelle von 50 Cent jetzt einen Dollar kostet. Daran ist aber nur Joe Biden und der Ukrainekrieg schuld, den Trump bestimmt verhindert hätte, weil er ein Freund Putins ist – das ist Alberts feste Überzeugung, ebenso die Präsidenten-Wahlfälschung. Er hofft, dass Trump wieder zurückkommt und betet dafür…
Energieeinsparung ist kein großes Thema. Es wird zwar über die Klimaveränderung gesprochen, aber man lebt lieber so bequem weiter. Z. B. brennen die Lichter oft auch am Tag, weil Strom so billig ist, auch ist es bequemer, Geschirr und Besteck wergzuwerfen als es zu waschen und Brennholz verfault im Wald, weil auch Gas billig ist und Holz beim Heizen Dreck macht… Allerding hat Albert und seine Frau Maria im Keller, neben den vielen haltbaren Lebensmitteln, auch eine Menge Brennholz gelagert. Da vertraut man dann doch schon lieber auf sich selber als auf Gott. Es wird über China geschimpft, das mit rund 30 % des weltweiten CO₂ Ausstoßes an erster Stelle steht. Als ich sagte, dass die USA mit 13 % an zweiter Stelle stehen, wird gesagt, dass sie eben ein großes Land seien.
Ich habe diesbezüglich mal den pro Kopf CO₂ Eintrag auf die Einwohnerzahl der Länder berechnet. Die Amerikaner stellen 4 % der Weltbevölkerung und emittieren 13 % des weltweiten CO₂. Wir Deutsche stellen rund 1 % der Weltbevölkerung und emittieren 2 %. Da sind wir etwa gleichauf mit China. Wir und die Chinesen haben auf die Einwohner gerechnet einen rund doppelt so hohen pro Kopf-Verbrauch und somit CO₂ Ausstoß gegenüber dem pro Kopf-Weltdurchschnitt. Die Amerikaner stoßen nach meiner Berechnung aber das 4,3 fache pro Kopf aus.
Wir waren täglich unterwegs um Häuser, Baustellen oder Firmen zu besuchen und auch um ein Auto für mich zu kaufen, mit dem ich den Kontinent durchqueren wollte. Aber gebrauchte Autos sind mittlerweile hier ebenso gefragt wie bei uns, weil durch den Ukrainekrieg die Produktion von neuen Autos auch ins Stocken geraten ist. Da wir nichts Gescheites fanden, musste ich den Plan dann leider aufgeben. Ein zweiter Grund kein Auto zu kaufen war, dass in Ontario, wo ich vor 35 Jahren mal eine Farm am Eriesee hatte, meine ehemaligen Nachbarn besuchen wollte. Dort grassierte aber zu dieser Zeit sehr stark Corona, weshalb mir mein damaliger Freund Bill abriet, derzeit dorthin zu fahren. Auch schreckte mich der doch nicht unerhebliche Bürokratismus beim Autokauf und wieder Verkauf, davon ab. Nach reiflicher Abwägung gab ich dann den Plan mit dem Auto auf. Allerdings bleibt mir dadurch auch Zeit übrig. Und da ich als letzte Etappe erst anfangs Mai bei meiner Schwester in Vancouver aufschlagen wollte, überlege ich deshalb gerade, vielleicht in die Karibik, nach Cuba oder in die Dominkanische Republik zu fliegen. War da früher öfters und kenne dort auch noch einige Leute.
Am letzten Tag fuhren wir in einer „nur“ eineinhalbstündigen Spazierfahrt nach Giorgia um ein Gestüt mit kleinen, aus England stammenden Hockney-Heißblutpferden, zu besichtigen – die Gleichen die auch Albert hat. Die Hockneys laufen einen ganz besonderen weit ausgestreckten Trab. Der Mann hat 44 Pferde und ist ein bekannter Züchter. Für sein Hobby beschäftigt er 3 Mexikaner die die Pferde den ganzen Tag bewegen und trainieren.
Sein Geld verdient der 77jährige als Makler für große Grundstücke. Er erzählt, dass er 1980 an die Meyr Melnhofs aus Salzburg mal 4.000 ha Wald, hier in Giorgias verkaufte. Kleine Welt, denn ich kenne einen Teil der Nachfolger von Erzherzog Johann, sogar von zwei Seiten. Aus dem Süden Chiles, wo sie auch viel Land besitzen und über die Holzhäuser, die ich nach dem Jugoslawienkrieg für die zerstörten Bauerndörfer entwickelte und die bis heute in der Gegend von Srebrenica, durch die Initiative einer Tochter des alten Barons, gebaut werden.
Am 8. April nächste Etappe: Da es mit dem Auto nichts wurde, wollte ich eigentlich mit dem Bus nach Washington D. C. fahren, aber das wäre teurer als Fliegen gewesen und hätte 12 Stunden gedauert. Fliegen ist in Amerika fast so wie bei uns Bahnfahren. Man bucht online mit dem Handy, gibt seine Kreditkartendaten ein und kurz darauf kommt die Bestätigung auf das Handy. Die Nachricht beim Einchecken vorzuzeigen reicht. Bei der Sicherheitskontrolle sind sie allerdings sehr pingelig. Beim Abflug in New York haben sie mich durchsucht wie einen Terroristen und heute haben sie mir das ganz kleine Schweizer Messer abgenommen, das in Europa schon längst wieder mitgenommen werden darf. Ich flog wieder nach Norden, nach Washington, der amerikanischen Hauptstadt. Dort holte mich meine Cousine Linda ab, die ich noch nie zuvor in meinem Leben, ebenso wie weitere 9 Cousins und Cousinen, außer einer, der Michelle, die vor ein paar Jahren mal hier war, gesehen hatte. Michelle wird dann in Pittsburgh/Ohio ein Verwandtschaftstreffen organisieren. Bin schon ein bisschen stolz, dass ich mit 36 noch ein wenig Englisch gelernt habe, auch wenn ich manchmal nicht alles verstehe… aber es öffnet mir diese vielen „Türen“.

Text und Fotos: Hans Fritz – www.hans-fritz.de


• mit einem KLICK! zum vorherigen Bericht 2-3


Redaktion

Claus Linke

1939 in Bautzen/Sachsen geboren, Maschinenschlosser-Lehre in Bautzen, 1956 Flucht aus familiären Gründen aus der DDR über Berlin nach München, Maschinenbau-Studium in München, 1969 Erwerb eines Grundstückes in Atzing und beginn mit dem Bau eines Hauses für meine Eltern und den drei Kindern, 1981 Ernennung zum Siemens-Oberingenieur, nach 36 Jahren Beschäftigung bei Siemens in den Ruhestand, 1995 Verlegung des Hauptwohnsitzes nach Prien.

Ehrenamtlicher Mitarbeiter bei der Chiemseeagenda seit deren Gründung im Jahr 2002 - angesiedelt beim Abwasser- und Umweltverband Chiemsee. Das Aufgabenspektrum (mehr oder weniger involviert) umfasst die Webmeisteraktivitäten für die diversen Agendaseiten; Mitarbeit bei nahezu allen Agendathemen (wie z.B. Chiemseeringlinie, Bürgerbus Chiemsee, Vogelführungen, Chiemsee Rundweg und Chiemsee Radweg); Konzeption und Erstellung der Broschürenreihe "Natur.Erlebnis.Chiemsee"; Betreuung des online-Fotoalbums der Chiemseeagenda. Verleihung der bayerischen Ehrenamstmedaille "Für besondere Verdienste um die bayerische Gastlichkeit" im Jahr 2017.

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