Überfahrt auf der „Queen Mary 2“
Die Verführung auf dem Schiff ist sehr groß – aber bestimmt nicht im Bezug auf Frauen – sondern im Bezug auf das gute Essen. Es ist einfach zu gut. Der „Geist“ ist zwar willig um dagegen zu halten, aber das „Fleisch“ siegt dann meistens ))-;
Und immer wieder muss ich an den Krieg in der Ukraine denken – wie ungerecht das Leben doch ist. Hier dieser fast grenzenlose Luxus und dort die Menschen, die alles verloren haben. Zwischendurch meldet sich diesbezüglich auch mal ein schlechtes Gewissen. Bin Informationsmäßig da immer auf dem aktuellen Stand, denn an deutschem Fernsehen gibt es RTL. Zwar ein furchtbarer Sender, aber wenigstens kann ich da die aktuellen Nachrichten sehen…
„Cunard Line“ ist die einzige Schifffahrtslinie die regelmäßige Atlantik-Überquerungen anbietet. Das Schiff „Queen Mary 2“ ist aber auch als Kreuzfahrtschiff unterwegs. Es kreuzt anschließend in der Karibik, ehe es am 1. Mai wieder von New York zurück nach England startet.
Derzeit befinden sich rund 1500 Passagiere aus 25 Nationen an Bord, darunter 100 Deutsche, aber, wie schon beim ersten Teil der Reise, wieder überwiegend Engländer. Damit ist das Schiff aber nur halb voll, was sehr angenehm ist, weil man kaum, ob an den vielen Liften oder beim Essen, warten muss. 1310 Kabinen hat dieses schwimmende Luxus- Einkaufs- und und und -Hotel. Die knapp 1300 arbeitenden Menschen an Bord stammen aus 59 Ländern, rund 400 aus Indonesien oder anderen asiatischen Ländern, wie z. B. Indien und aus Afrika.
So dampfen wir mit 30 bis 40 Stundenkilometern und 6 Liter Treibstoffverbrauch pro Sekunde durch den Nordatlantik, kommen 700 bis 900 km in 24 Stunden voran und verbrauchen dabei rund 500 000 kg Treibstoff pro Tag. Damit verbraucht rechnerisch jeder Passagier 3000 kg für die Atlantiküberquerung… Die Maximalgeschwindigkeit beträgt 56 km in der Stunde.
Wenn ich mir die tausende von Schiffen auf dem Meer und die tausende von Flugzeugen am Himmel vorstelle, wird mir klar, welche Unmengen an CO² dabei ständig in die Atmosphäre geblasen werden… Sichtbar schockte es mich, als ich sah, wie unser Schiff eine kilometerlange gelbe Abgaswolke über der Nordsee hinterließ…
Die „Queen Mary 2“ wurde von 2002 bis 2004 auf einer französischen Werft bebaut und kostete damals 870 Millionen €. Den Vortrieb erledigen 4 Schiffsschrauben mit einem Durchesser von je 5,9 m und einer Leistung, leider mit Schweröl, von 117 000 PS. Für die Energieversorgung stehen 4 Dieselmotoren und 2 Gasturbinen mit einer Generatoren Leistung von 172 346 PS zur Verfügung. Für die Trink- und Brauchwasserversorgung gibt es eine eigene Meerwasseraufbereitungsanlage. Die Wäscherei an Bord muss bei den Mengen an Tischdecken, Bettwäsche und Handtüchern riesig sein. Ebenfalls die Backstuben. Für Kranke gibt es 11 Betten, sowie eine Kühlkammer mit Platz für maximal 4 Verstorbene – denn Seebestattungen gibt es ja nicht mehr.
Mittlerweile ist die See unruhig. Beim Gehen muss man aufpassen, denn das Schiff schwankt bei seitlichen Wellen, dass man manchmal die Gänge entlangläuft, als hätte man eine Flasche Wein intus. Im Bett erinnert es an eine Wiege in der Baby-Zeit. Mir macht es überhaupt nichts aus. Die Größe des Schiffs wirkt sich natürlich positiv auf die Stabilität aus und dennoch sind wir ein Spielball in dieser riesigen Wasserwüste. Wenn ich die Wellenberge von schätzungsweise 5 m Höhe anschaue kann ich mir vorstellen, wie die kleinen Boote da rauf und runter und hin und her geworfen wurden und das Wochenlang – mit den Segelschiffen in den Jahrhunderten vorher.
Heute am 24. April sagte der Kapitän durch, dass wir bald an der Stelle, an der die Titanic sank, in der Nähe der Küste Neufundlands, vorbeifahren, wir aber vor den Eisbergen keine Angst haben brauchen, weil es mittlerweile Echolot gibt. Draußen war heute schlechtes Wetter, deshalb waren alle Außenbereiche mit den Pools gesperrt. Es könnte ja sonst jemand über Bord geweht werden. Der Innenpool hatte geöffnet. Beim Schwimmen wird man durch den Wellengang wie bei einem Wellenbad ganz schön hin- und her mitgeschaukelt. Man erlebt im Pool den Wellengang der See in Minaturausgabe.
Wir befinden uns gerade im kalten Labradorstrom, der Kreislauf bei dem das Wasser das sich am und unter dem Nordpol abkühlt zum Golf von Mexiko zurückfließt, sich dort wieder erwärmt und seine Reise erneut in Richtung Europa als warmer Golfstrom antritt, der den europäischen Kontinent aufheizt. Als dieser vor rund 10 000 Jahren bei der Abschmelzung des nordamerikanischen Festlandeises durch den Ausbruch eines riesigen Süßwassersees, dessen leichteres Wasser sich ca. 400 m über das kalte und schwerere Salzwasser legte, zum Erliegen kam, entstand in Europa eine Zwischeneiszeit. Es dauerte ca. 200 Jahre bis sich Süß- und Salzwasser wieder genügend vermischt hatten und die „Warmwasserpumpe“ erneut ansprang.
Fortsetzung mit Einfahrt in New York folgt.
Text und Fotos: Hans Fritz – www.hans-fritz.de
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