Gastronomie

Mit dem Priener Chiemsee-Fischer Engelbert Stephan auf See

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

5 Uhr früh, am Ufer in Prien-Stock: ein leises Wellenrauschen ist das Einzige, was zu vernehmen ist. Einwohner und Gäste schlafen noch, auch auf den Straßen ist noch nichts los, nur Engelbert Stephan, Chiemseer Berufsfischer aus Prien ist schon eine Stunde auf den Beinen und sorgt beim Anlassen des Motors für sein Boot dafür, dass sich was rührt und der Arbeitstag beginnt – so wie fast alle Tage und bei fast bei jedem Wetter.

„Ein guter, fast reicher Fischfang“ – so bezeichnet Fischer Stephan nach zweieinhalb Stunden Ausfahrt und Einholen der Netze das Tagesergebnis, im Vergleich zum Vortag war es sogar sehr gut. „Fast zu Hundert Prozent Renken fangen wir derzeit, die Nachfrage nach regionalen Fischen ist in der Corona-Zeit gestiegen, an fangschwachen Tagen können wir zum Teil nicht alle Kundenwünsche erfüllen“ – so der 59jährige Fischer, der in diesen Tagen auch mit einem Fischstand auf beim Rosenheimer Herbstfest gewesen wäre. „Wenn das Herbstfest gewesen wäre, hätten wir ganz schön zu tun gehabt, um der Nachfragenmenge gerecht zu werden“. Bei der noch nächtlichen Ausfahrt erläutert Engelbert Stephan die Struktur und Aufgaben der Berufsfischer und beginnt: „In der Fischereigenossenschaft Chiemsee sind wir 16 Berufsfischer, das Pachtverhältnis erfolgt mit dem Staat durch die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung. Einmal im Winter treffen sich alle Berufsfischer der von Thomas Lex von der Fraueninsel geführten Genossenschaft zu diversen Absprachen, alsdann gilt es das ganze Jahr über die getroffenen Vereinbarungen einzuhalten“. Zu diesen gehört unter anderem, dass jeder Berufsfischer das gesamte Seen-Gebiet befischen darf. Wo schon ein Fischer-Kollege ein Netz ausgelegt hat – so die weiteren Erklärungen – erkennt man an den Bojen über Wasser, die nummeriert sind, so dass jedes ausgelegte Netz gleich einem Fischer zugeordnet werden kann. „Meinerseits fahren wir heute fünf Bojenplätze an, zum Teil haben wir diese bereits auf Navi eingegeben, aber wegen der starken Feuchtigkeit geht das Navi nicht immer. Macht aber nichts, wir finden sie auch so“ – so der Bootsführer, der beim ersten Platz aus dem Netz fast 80 Renken herausholen und gleich in die mit Eis gekühlten Kisten legen kann. „So viele sind es nicht alle Tage und an allen Plätzen, das hängt auch von der Netzmaschenweite ab, vier Stück haben heute eine Weite von 37 mm, und ein Netz von 40 mm, in letzterem finden sich in der Regel weit weniger Exemplare. Dass wir ganz leer ausgehen, das kommt eigentlich nie vor, aber Tage mit nur 20 Fischen gibt es schon hin und wieder“. Weiters informiert der Fischer, dass die Renke am Chiemsee vom 5. Oktober bis 6. Januar Schonzeit hat, was zur Folge hat, dass dann mehr nach anderen Chiemsee-Fischarten wie Brachsen, Hecht, Zander oder Aal geschaut wird und dazu fügt er hinzu: „ Die Renke ist auf dem ganzen See zuhause, aber als Schwarmfisch zieht er immer wieder weiter. Andere Fischarten finden wir an wieder anderen Stellen, die zum Teil seichter und in Buchten sind“.

Daheim warten viele Hände auf die Fisch-Weiterverarbeitung

Wenn der Fischfang-Morgen vorbei ist, gehen die Arbeiten eines Berufsfischers erst richtig los. Engelbert Stephan legt an den ersten vier Wochentagen die geleerten Netze wieder zurück ins Wasser für den kommenden Fangtag, an Freitagen nimmt er sie mit nach Hause, um etwaige Schäden und verfangenen Unrat zu beseitigen, sonntags werden die Netze dann wieder ausgebracht. Zuhause warten dann bereits Ehefrau Bernadette sowie Tochter Verena und Schwiegersohn Martin, beide haben vor kurzem die Fischergesellen-Prüfung abgelegt, so dass sie einmal den Betrieb, den Engelbert 1989 nach einer ersten kaufmännischen Ausbildung von seinem Vater Max Stephan übernommen hatte, weiterführen werden. Viele Hände sind im Hause Stephan nach Ankunft der fangfrischen Ware gefordert, die erste Aufgabe ist das Schuppen und dann das Herrichten für den Verkaufsladen (Öffnungszeiten neu ab Oktober: dienstags bis freitags von 9 Uhr bis 18 Uhr, Backfisch gibt es immer freitags von 10.30 Uhr bis 13.30 Uhr  und samstags von 9 Uhr bis 14 Uhr – Sonntag und Montag ist ganzjährig geschlossen. Wegen derzeitiger Umbauarbeiten kann der Verzehr von Freitags-Backfisch nicht gleich vor Ort vorgenommen werden, aber ab Ende des Jahres werden die neuen Fischerei-Räumlichkeiten mit Erfüllung der aktuellen EU-Lebensmittel-Auflagen zur Verfügung stehen.

Auch Fischereigenossenschaft Chiemsee ist trotz Corona zufrieden

Der heurige Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie war besonders für die Berufsfischer auf der Fraueninsel eine Herausforderung. Thomas Lex, Vorsitzender der Genossenschaft war selbst betroffen, er blickt wie folgt zurück: „Die Insel war nicht mehr zu erreichen, das war eine schwierige Zeit für den Absatz. Doch nach dem Lockdown kamen wieder mehr Leute auf die Insel als zuvor, so dass wir dank des Verkaufs der zuvor eingefrorenen Fische eine bislang wieder passende Ergebnisse erzielen konnten“. Das Hochwasser im Sommer war für die Fischer nicht nachteilig, im Gegenteil wie Thomas Lex sagt: „Bewegung im Wasser ist immer gut, durch das Hochwasser kamen mehr Nährstoffe in den See, was ebenfalls gut tat“. Somit ziehen die Chiemsee-Fischer in einem Jahr mit Höhen und Tiefen vorläufig eine zufriedenstellende Bilanz.

Foto/s: Hötzelsperger – Eindrücke vom Fischfang auf dem Chiemsee mit Berufsfischer Engelbert Stephan


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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