Es ist Donnerstag, 7. Mai, 19 Uhr, die Abendsonne wärmt das weite Feld des Segelflugplatzes in Unterwössen. Auf der Startbahn allerdings kein Segler sondern 35 Stühle mit 4 Meter Mindestabstand, eingerahmt von rot-weißem Flatterband. Vor 35 Fans und über zehn Helfern spielen Florian Starflinger (Geige) und Kamil Müller (Gesang) von Django 3000 ausnahmsweise in der Duobesetzung. Was für eine Stimmung: beschaulich, fast andächtig hallt inmitten dieser Bilderbuchlandschaft ihr Echo von den Unterwössener Gipfeln. Welch Kulisse für ein deutliches Zeichen. Nach sieben Wochen Total-Shutdown im Kulturleben zeigen die beiden Chiemgauer Musiker, die mit Hits wie „Heidi“ schon um die halbe Welt tourten, dass man auch kreative Lösungen finden kann, um Kultur in diesen Zeiten wieder aufleben zu lassen. Eine Versammlung zum Beispiel. Die sind seit 4. Mai erlaubt, mit bis zu 50 Leuten.
Wenn Django 3000 auf der Bühne stehen, geht normalerweise die Post ab, ihre Livekonzerte sind wuid, laut und legendär. Aber sie können auch anders. Als „Versammlungsleiter“ begrüßt Florian Starflinger das Publikum, weist nochmal auf die mit einem Augenzwinkern übertriebenen Maßnahmen der Masken und vier Meter Mindestabstand zwischen den Gästen hin und legt los. Sie wollen keine Minute verlieren beim exklusiven Konzert vor den handverlesenen Lieblingsfans.
Das hat alles nichts von Protest, mehr von innovativem Zusammenhalt. Alle verstehen worum es hier geht. Die Corona-Pandemie hat der gesamten Live- und Kulturbranche den Boden unter den Füßen weggezogen. Das bedauern alle. Und so wurde einvernehmlich mit dem Landratsamt in Traunstein, der örtlichen Polizei, dem Unterwössener Bürgermeister Ludwig Entfellner und dem Vorstand des Flugplatzes Tom Ager beschlossen, die Startbahn für eine Stunde dem ersten kleinen Open Air dieses Jahres im Chiemgau zur Verfügung zu stellen. Denn erst „die Kultur macht uns zu Menschen“ spricht Kamil gegen Ende des Konzerts zum zustimmend klatschenden Publikum. Irgendwie muss sie wieder zu den Menschen finden. Live und lebendig.
Fotos: Andreas Richter