Natur & Umwelt

Mehr Biodiversität im Landkreis Berchtesgadener Land

Vor fast zwei Jahren wurde das Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern – Rettet die Bienen!“ durch den Bayerischen Landtag angenommen und im August 2019 traten die Änderungen des Bayerischen Naturschutzgesetzes in Kraft. Als ein Baustein von vielen wurden hierfür Beratungsstellen geschaffen, die an den Landratsämtern, unter anderem auch am Landratsamt Berchtesgadener Land, angesiedelt sind.

Das übergeordnete Ziel der Gesetzesänderung durch das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ ist, den Biodiversitätsrückgang vor allem im Offenland zu stoppen. Direkt umgesetzt werden sollen unter anderem die Einrichtung von Gewässerrandstreifen oder die Erhöhung des Grünlandanteils, der erst nach dem 15. Juni gemäht wird, von derzeit 5 % bis zum Jahr 2030 auf 10 %.

Auch der Schutz von Streuobstwiesen ab einer Fläche von 2.500 m² als wichtiges Habitat für viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten trat direkt mit der Verabschiedung der Gesetzesänderung in Kraft. Langfristig soll bis zum Jahr 2030 die Biotopverbundfläche von derzeit 9 % auf 15 % und die Fläche für den ökologischen Landbau von 10 % auf 30 % ausgeweitet werden. Als weitere Naturschutzmaßnahmen sollen 10 % des Staatswaldes in einen Naturwald ohne Nutzung übergehen und in besiedelten Gebieten soll die Lichtverschmutzung zum Wohle der nachtaktiven Fauna reduziert werden.

Um diesen Ziele zu erreichen, setzt der Freistaat Bayern auf eine verstärkte Beratung der Landwirte und Kommunen. So sollen insgesamt 50 Biodiversitätsberaterinnen und -berater an den unteren Naturschutzbehörden und 50 Wildlebensraumberaterinnen und -berater an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Ziele des Artenschutzes in die Umsetzung bringen. Auch im Berchtesgadener Land wurde eine Biodiversitätsberatungstelle, die im Fachbereich 33 „Naturschutz und Jagdwesen“ angegliedert ist, geschaffen, damit Maßnahmen zur Verbesserungen der Biodiversität noch besser umgesetzt werden können. Weiterhin werden neben einem umfangreichen Netz an Biodiversitätsberatern in den Nachbarlandkreisen wie Traunstein und Rosenheim auf regionaler Ebene übergeordnete Koordinatorinnen und Koordinatoren mit Sitz an den höheren Naturschutzbehörden, wie beispielsweise bei der Regierung von Oberbayern, eingesetzt. Diese werden wiederum bayernweit vom Bayerischen Artenschutzzentrum in Augsburg koordiniert.

Im Landkreis Berchtesgadener Land nimmt die Biodiversitätsberatung seit Dezember letzten Jahres Henrik Klar wahr. Arbeitsschwerpunkte des Landschaftsökologen sind die Beratung von Landwirtinnen und -wirten, Kommunen, aber auch Flächeneigentümerinnen und -eigentümern sowie Verbänden. Dabei geht es um Schutz und Förderung bedrohter Lebensräume sowie Tier- und Pflanzenarten. Der Biodiversitätsberater gibt Pflegehinweise zur Förderung der Artenvielfalt und klärt über die staatlichen Fördermöglichkeiten wie das Vertragsnaturschutzprogramm oder die Landschaftspflegerichtlinie auf. Dabei sollen z. B. brachgefallene und daher oftmals verbuschte Feucht- und Magerwiesen oder schwer zu bewirtschaftende Steilhänge wieder in Pflege genommen werden. Im Fokus der Beratung, die kostenlos und freiwillig ist, können auch Flächen stehen, die im Rahmen einer Extensivierung (also zum Beispiel spätere Mahd oder Düngeverzicht) speziell für den Erhalt der Artenvielfalt gefördert werden sollen. Auch die Kommunen können von der neu installierten Biodiversitätsberatung profitieren, wenn es etwa darum geht, kommunale Flächen ökologisch aufzuwerten und im Sinne des Artenschutzes zu pflegen.

Durch die langfristig angelegte Biodiversitätsberatung soll ein vernetztes Mosaik aus artenreichen Flächen mit unterschiedlicher Nutzung im Landkreis Berchtesgadener Land entstehen, das die Vielfalt, Schönheit und Fülle der Natur auch für künftige Generationen sichert. Dieser „Biotopverbund“, der u. a. mittels Hecken, extensiven Wiesen, Weiden sowie Gewässerrandstreifen aufgebaut werden soll, bietet Lebensraum und Wanderachsen für zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten. „Besonders am Herzen liegen mir Quellmoore und „Tratten“, die im Landkreis weit verbreitet sind. Quellmoore sind besonders artenreiche Lebensräume, geprägt vom kalten, nährstoffarmen Quellwasser. Früher wurden sie oft zur Einstreugewinnung genutzt. Heute liegen viele der Flächen brach und verbuschen zusehends. „Tratten“ sind eine Nutzungsform, die es nur im südlichen Berchtesgadener Land gibt: Die baumbestandenen Haine wurden beweidet, gemäht und das Laub zur Einstreu gesammelt. Über Jahrhunderte entwickelte sich hier ein kleinräumiges Mosaik aus Lebensräumen, die zahlreichen gefährdeten Arten Nahrungs- und Lebensgrundlage bieten. Auch sie sind durch Nutzungsaufgabe und Verbrachung gefährdet. „Diese Flächen sind wie eine Arche Noah für bedrohte Arten, wie Gestreifte Quelljungfer oder Sumpf-Gladiole. Wo die traditionelle Pflege aufgegeben wird, verschwinden diese Arten“, so Henrik Klar „Das ist eine gesellschaftlich enorm wichtige Aufgabe, die unsere Landwirte da übernehmen“.

Aktuell läuft noch bis zum 26.02.2020 die Antragstellung für das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm. Landwirtinnen und Landwirte, die sich für diese Förderung interessieren, können sich gerne für eine unverbindliche Beratung an Henrik Klar wenden: „Im persönlichen Gespräch findet sich eigentlich fast immer eine Lösung, die für alle passt“, betont Henrik Klar.

Für weitere Informationen oder Terminvereinbarungen ist Henrik Klar telefonisch unter +49 8651 773-847 oder per E-Mail an henrik.klar@lra-bgl.de zu erreichen.

Bericht und Foto: Landratsamt Berchtesgadener Land (www.lra-bgl.de)

Bildunterschrift: Henrik Klar, Biodiversitätsberater im Landratsamt Berchtesgadener Land

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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