Manche Dinge sind einfach richtig ärgerlich. Da wurde im Jahr 2018 in Bad Aibling mit den Max-Mannheimer-Kulturtagen eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, die schon im zweiten Jahr auch überregionale Bedeutung erlangt hat, und dann grätscht da so ein Virus dazwischen. Was schon im vergangenen Januar / Februar durch mehrere Streaming-Veranstaltungen eine eher suboptimale Sache war, gestaltet sich heuer offensichtlich nicht leichter.
Michael Stacheder (Foto), Hauptinitiator der Reihe, wusste jedenfalls auch zum Redaktionsschluss (Anmerkung: damit ist die Januar-Ausgabe des Wendelsteinanzeigers gemeint) noch nicht, ob und wie die Kulturtage im Jahr 2022 stattfinden werden. „Eines ist klar: Nach hinten in den Sommer verlegen wollen wir die Sache auf keinen Fall“, sagt er. „Da finden erstens so viele verschobene Veranstaltungen statt und zweitens sollen die Kulturtage ihren Platz am Jahresanfang haben.“ Also hoffen und warten. Oder besser noch: Auf die Homepage max-mannheimer-kulturtage.de schauen. Dort erfahren Interessierte, ob die Veranstaltungen stattfinden und welche davon online oder in Präsenz abgehalten werden.
Dass in der Stadt Bad Aibling an Max Mannheimer gedacht wird, kommt nicht von ungefähr. Der jüdische Schriftsteller und Maler kam immer wieder zu Lesungen und Vorträgen an die Schulen der Stadt. Dort berichtete er über seine Zeit in den Konzentrationslagern der Nazis, die er schwer erkrankt überlebte. Seine Botschaft an die Schüler und Lehrer: „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“ Mannheimer, der nach 1945 Deutschland nie wieder betreten wollte, kam trotzdem zurück. Er heiratete die deutsche Widerstandkämpferin Elfriede Eiselt und lebte mit ihr in München.
Jahrelang konnte und wollte er nicht über das Erlebte reden. Doch dann schrieb er seine Erinnerungen an diese furchtbare Zeit auf und machte es sich zur Aufgabe, den Menschen hierzulande davon zu erzählen. Als Zeitzeuge war er ein gefragter Vortragsredner und Interviewgast. Einen bereits geplanten Termin zur Eröffnung der Literaturtage in Bad Aibling im September 2016 musste er krankheitsbedingt absagen. Wenige Tage später, am 23. September, starb er.
Damit die Erinnerung an die Gräueltaten und Verbrechen des Hitler-Regimes stets im Bewusstsein der Menschen hierzulande bleibt, wurden dann 2018 die „Max-Mannheimer-Kulturtage“ ins Leben gerufen. Michael Stacheder ist es dabei ein Herzensanliegen, vor dem Hintergrund des zunehmenden Antisemitismus in unserer Gesellschaft, einen Teil dazu beizutragen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt und dass Max Mannheimer nicht in Vergessenheit gerät.
Unter dem Motto „Miteinander erinnern“ gibt es für Besucher der Veranstaltungsreihe unterschiedliche Programmpunkte, die sich mit dem Thema Holocaust und Drittes Reich befassen. Ob Film, Kunstausstellung, Diskussion, Lesung, Exkursion oder Theaterstück – vieles macht den Horror von damals für die Zuhörer / Zuschauer wieder lebendig und greifbar. Stacheder selbst beschränkt sich bei der Aufarbeitung des dunkelsten deutschen Geschichtskapitels jedoch nicht nur auf die Veranstaltungen innerhalb der Kulturtage. Der Regisseur und Schauspieler hält das ganze Jahr über Lesungen aus Büchern von Max Mannheimer, auch außerhalb von Bad Aibling. Er hinterlässt dabei stets sehr nachdenkliche und berührte Zuhörer. Sie wissen wohl alle: Es gibt Veranstaltungsreihen, auf die man leichter verzichten kann und Events, bei denen das eher schwer fällt. Die Max-Mannheimer-Kulturtage gehören zu den letzteren.
Text: af – Bildrechte: © Paria Partovi
Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de