Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) stellte die Ökozüchtung in den Mittelpunkt ihrer diesjährigen Jahrestagung. Forschende der LfL und Partnerorganisationen berichteten von ihren Projekten und Konzepten, wie ökologische Pflanzenzüchtung und Tierzucht gelingen kann. Was leisten Öko-Zuchtprogramme und welchen Herausforderungen muss sich die Ökozüchtung aktuell stellen?
Vielfach denkt man bei Ökolandbau an die Verwendung alter Sorten und bedrohter Rassen. Diese sind wichtig, aber auch Ökolandwirte müssen die von ihnen verwendete Genetik kontinuierlich an Klimawandel und geänderte Rahmenbedingungen anpassen. Pflanzenzüchtung und Tierzucht sind daher zwei Bereiche von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung des Ökolandbaus in Bayern. Auf der LfL-Jahrestagung am 5. Dezember 2023 in Poing-Grub bei München diskutierten rund 100 Teilnehmende aus Landwirtschaftsverwaltung, Forschung, Praxis und Beratung mit den Referentinnen und Referenten über die speziellen Anforderungen des ökologischen Landbaus in diesen zentralen Bereichen der landwirtschaftlichen Forschung.
Tierhaltende Ökobetriebe unterliegen im Hinblick auf Fütterung und Haltung besonderen Regeln. Für sie stehen deshalb oft andere Merkmale im Vordergrund als in der konventionellen Tierhaltung. Für Rinder gibt es seit 2004 einen eigenen ökologischen Gesamtzuchtwert, den Ökobetriebe bei der Bullenauswahl nutzen können. Bei Schweinen und Geflügel sind sie dagegen oftmals gezwungen, dieselbe Genetik zu verwenden, wie sie von internationalen Konzernen weltweit angeboten wird. Für den Ökolandbau wichtige Eigenschaften, wie die Fähigkeit zur Doppelnutzung bei Hühnern und Rindern oder Verhaltensmerkmale in öko-typischen Haltungsformen, können so nicht berücksichtigt werden. Andererseits ist es für die Ökobetriebe eine große Herausforderung, angesichts der noch wenigen züchtenden Betriebe, eigene Zuchtprogramme ins Leben zu rufen.
Im Öko-Pflanzenbau ist heute die Verwendung ökologisch vermehrten Saat- und Pflanzgutes Standard, die EU lässt hier nur noch wenige Ausnahmen zu. Züchtung unter Ökolandbau-Bedingungen und Selektion auf die speziellen Eigenschaften, welche die Pflanzen im Ökolandbau brauchen, werden hingegen erst von einigen wenigen, kleinen Züchterhäusern praktiziert. Das Interesse am Thema nimmt aber rasch zu. Erfolgreiche Konzepte, Programme und Perspektiven wurden auf der Jahrestagung intensiv diskutiert. Im Mittelpunkt standen dabei die in der LfL-Züchtungsforschung bearbeiteten Kulturarten bzw. -artengruppen Mais, Kartoffeln, Getreide und Leguminosen sowie Futterpflanzen. Zudem wurde die Arbeit der Ökozüchtungs-Plattform Ruhstorf und des Forums zur Förderung der ökologischen Pflanzenzüchtung in Bayern vorgestellt. Diese Kooperation zwischen öffentlicher Forschung und privater Züchtung ist eine sehr gute Basis, um die Entwicklung von Sorten für den Ökolandbau zu fördern.
Auf der Tagung präsentierten Forschende der LfL, der Ökologischen Tierzucht gGmbH und des Landesamtes für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg (LGL), teils in Zusammenarbeit mit weiteren Partnerorganisationen, in acht Vorträgen und 13 Posterbeiträgen ihre Ergebnisse aus der ökologischen Pflanzenzüchtung und Tierzucht. In zwei interaktiven Podiumsdiskussionen wurden die Fragen „Wohin geht es mit der Ökozüchtung?“ und „Braucht die ökologische Tierzucht eigene Zuchtprogramme?“ thematisiert. Stephan Sedlmayer, Präsident der LfL, eröffnete die Tagung. Grußworte von Wolfgang Wintzer aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium sowie Maria Lena Hohenester (Geschäftsführerin der Landesvereinigung für den Ökologischen Landbau in Bayern, LVÖ) und die Keynote von Dr. Sabine Zikeli (Universität Hohenheim) zur „Pflanzenzüchtung für den ökologischen Landbau – Prinzipien, Konzepte, Umsetzung in die Praxis“ komplettierten das Tagungsprogramm.
Bericht und Foto: LfL – Engagierte Diskussionen bei der LfL-Jahrestagung rund ums Thema Pflanzenzüchtung und Tierzucht im ökologischen Landbau. (Foto: Alex Testov)