Der Leonhardiritt in Nußdorf am Inn ist ein besonderes Spektakel, das Brauchtum und Andacht vereint. Am 6. November fand die jahrhundertealte Prozession zu Ehren des Heiligen Leonhard, Schutzpatron der Pferde und Bauern, erneut statt – eine Tradition, die bis ins Jahr 1776 zurückreicht. An diesem sonnigen Herbsttag versammelten sich über 140 festlich geschmückte Pferde und Ponys sowie 20 Kutschen, die in einem feierlichen Umzug um die St.-Leonhards-Kirche zogen. Begleitet von Gebeten und Andacht wurde die Prozession zu einem Highlight für die rund 1.500 Besucher, die sich in Nußdorf einfanden.
Viele Reiter und Kutschlenker trugen traditionelle Gewänder, während die Pferde mit kunstvollen Flechtfrisuren und prächtigen Brustgeschirren ausgestattet waren. Die Prozession wurde vom Nußdorfer Trachtenverein angeführt, und Pfarrer Christoph Rudolph segnete wie jedes Jahr Mensch und Tier im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes. Der dreifache Umritt um die Kirche steht für eine besondere Verbundenheit zwischen Mensch und Tier – ein Relikt aus einer Zeit, als Pferde für die Landwirtschaft noch unverzichtbar waren. Ein alter Spruch besagt: „Wie’s Wetter an Leonhardi ist, bleibt’s bis Weihnachten gewiss.“ Diesen Glauben im Hinterkopf, erfreuten sich die Anwesenden am milden Herbstwetter. Vor allem die aufwendig geschmückten Kutschen zogen die Blicke der Besucher auf sich, die die Prozession mit Begeisterung verfolgten.
Der Leonhardiritt in Nußdorf ist tief in der Geschichte des Ortes verwurzelt, musste jedoch einige Unterbrechungen hinnehmen: Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ließ die Anzahl der Pferde in der Region stark schrumpfen, sodass zwischen den 1960er und 1990er Jahren kein Umritt stattfinden konnte. Erst 1992 hauchte der Trachtenverein Alpenrose der Tradition neues Leben ein. Zuletzt sorgte die Corona-Pandemie für eine Zwangspause, doch dieses Jahr konnte die Prozession wieder in vollem Glanz abgehalten werden.
Nach dem Umritt fanden sich zahlreiche Teilnehmer und Besucher in den Gasthäusern ein, um die Tradition in geselliger Runde fortzusetzen – eine gesellige Stärkung gehört fest zum Brauchtum des Leonhardiritts. Für die Gemeinde Nußdorf und ihre Gäste bleibt dieses Ereignis ein wichtiger Bestandteil des Jahreslaufs, der das Zusammengehörigkeitsgefühl stärkt und Besucher an der lebendigen regionalen Kultur teilhaben lässt. Mit diesem eindrucksvollen Leonhardiritt bewies Nußdorf einmal mehr, wie sehr religiöse und kulturelle Traditionen die Region prägen. Der große Zuspruch der Besucher und die hohe Beteiligung unterstreichen die Bedeutung dieses Festes für die Gemeinde – ein lebendiges Zeugnis bayerischen Brauchtums und gelebter Zusammenhalt in der Region.
Bericht und Bilder: Volkhard Steffenhagen