Gelegenheiten muss man erkennen und dann ergreifen, wenn sie sich anbieten. Rudolf Finsterwalder und seine Frau Maria griffen vor rund 25 Jahren zu, als sie die Landlmühle in Stephanskirchen übernahmen, die seit dem Jahr 1869 im Familienbesitz der Familie Finsterwalder war. Das Ehepaar erkannte das Potenzial, das in dem Gelände steckte, und machte sich an die Arbeit. „Wir konnten als Architekten hier Einfluss auf die Neubauten und Umbauten nehmen“, erzählt Rudolf Finsterwalder und fügt stolz hinzu: „Kein Gebäude wurde abgerissen, auch wenn es in einem schlechten Zustand war.“ Zu den renovierten Immobilien, die teilweise schon seit dem Jahr 1376 existieren, kamen neue Gebäude dazu. Und genau dieser Kontrast, diese Spannung zwischen alt und neu, macht die Landlmühle für die Finsterwalders so attraktiv. Dabei beschränkt sich ihr Tun nicht nur auf alte und neue Gemäuer – auch der Außenbereich wurde und wird von ihnen gestaltet. „Das Gelände sehe ich als Gesamtkunstwerk“, sagt der Architekt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn nebenbei ist Rudolf Finsterwalder auch künstlerisch tätig und stellt im Außenbereich seine Skulpturen aus. Diese stehen dann im Verbund mit alten Maschinen, Mühlsteinen oder Findlingen auf dem Gelände. Besucher der Landlmühle können diese Kunst- und Museumsstücke dann kostenlos auf einem Rundweg über das Areal entdecken und bestaunen.
Sie erleben dabei noch viel mehr. Ist die Landlmühle doch vor allem ein Ort, auf dem sich im Lauf der Jahre mehrere Betriebe angesiedelt haben, die jeder für sich genommen schon ein Besuch wert sind. Was einst mit dem ersten Mieter, der Orthesenfirma Albrecht, begann, hat sich nach deren Umzug nach Bernau zu einem wahren Kleinod für Firmen entwickelt, die ihren Kunden und Besuchern das ganz Besondere bietet. „Als die Firma Albrecht nach 17 Jahren wegzog, war das einerseits sehr emotional, andererseits für uns auch der Anlass für einen Neustart.“ Die erste Vision der Finsterwalders war es, hier auf dem Gelände einen Kreativort zu schaffen. „Wir dachten an viele Künstler, die sich hier ansiedeln und in diesem einzigartigen Ambiente tätig sein können“, sagt Finsterwalder. Es war erst einmal ein Trugschluss. „Viele Künstler hatten schon ihre Ateliers und fanden Ort dann nicht so cool wie wir.“ Also gab es einen anderen Fokus – Betriebe aus dem Gesundheitsbereich. Das klappte hervorragend. Heute gibt es ein breites Sport- und Wellnessangebot auf dem Areal. Angefangen von der Kletter- und Boulderhalle über Yoga- und Pilateskurse bis hin zum Beauty- und Spa-Atelier Landlmühle.
Doch auch andere Branchen erkannten die besondere Magie dieses Orts und zogen nach. Inzwischen haben sich in der ehemaligen Kunstmühle rund 40 Gewerbetreibende angesiedelt, die das Gelände beleben und sich selbst davon inspirieren lassen. Sie alle eint eine Eigenschaft: Qualität. Ob Fotoatelier, Grafik-Designstudio, das Restaurant Landl, die Cocktailbar Achtpunktsechs, die Gewürzmühle Rosenheim oder die Werkstatt von Schuhkreateur Jonathan Rösch – alle Unternehmen sind in ihrem Bereich einzigartig und bieten ihren Kund:innen nur das Beste. Was Rudolf Finsterwalder zudem freut: „Viele Firmen sind Startups, die glücklicherweise funktionieren und hier in Ruhe wachsen können. Die meisten suchen nach einiger Zeit nach größeren Räumen auf dem Gelände.“ Wenn etwas frei wird, bekommen sie den Vorrang vor neuen Mietern. Letztere landen dann auf der Warteliste von Rudolf Finsterwalder, dem neben der stimmigen Vermietung von Gewerbeflächen noch etwas anderes ganz wichtig ist – das Gemeinschaftsgefühl auf dem Gelände. Dazu gibt es alle sechs bis acht Wochen ein Treffen der Landlmühle-Community, bei dem all Mieter Feedback geben können. Das besondere Flair und der Zusammenhalt werden auch dadurch gestärkt, dass viele Leute der Firmen hier nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen. Dieser Mix verbindet und schafft Identifikation mit der Landlmühle, die auch Anbauflächen für Solawi – solidarische Landwirtschaft in Form einer Genossenschaft – bietet. Hier bekommen die Mitglieder jede Woche einen Anteil an der Ernte. Rudolf Finsterwalder ist begeistert: „Die Solawi gibt es jetzt seit rund fünf Jahren und das wächst und funktioniert hervorragend. Das ist eine sehr nette Gemeinschaft und wir haben dafür wunderbare Gärtner, die das sehr gut machen.“
Bei allem Erfolg, den die Landlmühle inzwischen in der Region hat – Stillstand wird es hier in Stephanskirchen nicht geben. Für Besucher wird es neue Flyer geben und eine Beschilderung auf dem Gelände, der Spielplatz wird weiter ausgebaut, an der Roteiche auf dem Vorplatz vor dem Biergarten wird eine große Lichterkette installiert, zudem stehen das Sommerfest und das jährliche Open-Air-Kino an. Es gibt also viel zu tun. Und Rudolf und Maria Finsterwalder packen es immer noch mit derselben Leidenschaft an wie vor gut 25 Jahren.
Text: af – Bilder: Rudolf Finsterwalder
Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de