Einmal im Jahr treffen sich die drei ehrenamtlichen Lawinenkommissionen aus dem Landkreis Rosenheim um Bilanz zu ziehen. Auf Einladung des Sachgebiets Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt Rosenheim blickten sie in Aschau auf einen Winter zurück, der vor allem im Januar enorme Schneemassen mit sich brachte. Mehrfach mussten Pisten und Bahnen gesperrt werden. Um die Lawinengefahr zu minimieren, setzten die Lawinenkommissionen immer wieder Sprengstoff ein. Allein am Wendelstein wurde mehr als einhundert Mal gesprengt.
In der Schloßbergalm konnte Abteilungsleiterin Bettina Bauer, neben der einen Dame und den vielen Herren aus den Lawinenkommissionen, Vertreter von der Polizei, der Bergwacht und aus dem Landratsamt begrüßen. „Dieser Winter hat uns vor große Herausforderungen gestellt“, stellte sie fest.
Auch der stellvertretende Landrat Josef Huber sprach in seiner Begrüßung von einem ereignisreichen Winter mit Schneehöhen, „die wir nicht alle Jahre haben.“ Er bedankte sich ganz herzlich bei allen Mitgliedern der Lawinenkommissionen aus Aschau, Brannenburg und Oberaudorf: „Sie gehen einer Arbeit nach, die Erfahrung erfordert und nicht ungefährlich ist. Und es ist eine wichtige Aufgabe, weil Menschenleben betroffen sein können.“
Als Hausherr begrüßte Aschaus zweiter Bürgermeister Max Pfaffinger die Versammlungsteilnehmer: „Wir stehen am Ende eines atemberaubenden Winters.“ Auch Pfaffinger blickte vor allem auf den Januar zurück, „was innerhalb einer Woche runterkam, haben wir noch nie gesehen.“ Trotz allem glaubt der zweite Bürgermeister von Aschau, dass der Winter in guter Erinnerung bleibt, „weil nichts passiert ist.“
Den Reigen der Tätigkeitsberichte eröffnete der Obmann der Aschauer Lawinenkommission Rudi Angermaier. Auf der Kampenwand fiel bereits Anfang Oktober der erste Schnee. Aber erst am Neujahrstag war die Lawinenkommission Aschau zum ersten Mal gefordert, nachdem in der Silvesternacht mehr als 30 Zentimeter Neuschnee gefallen waren. Weitere Schneefälle und starker Wind machten eine erste Sprengung an der Schwarzen Wand am 3. Januar notwendig. Insgesamt wurden an sechs Tagen Sprengungen ausgelöst und dabei 150 Kilogramm des winterfesten und handhabungssicheren Sprengstoffs Ladin verbraucht. Zeitweise herrschte starke Lawinengefahr, Bahn und Lifte mussten immer wieder gesperrt werden. Die tagelangen Schneefälle sorgten zumindest Anfang Januar für einen Jahrhundertwinter, meinte Rudi Angermaier.
Außergewöhnlich war der Winter auch auf dem Wendelstein. Der Obmann der Lawinenkommission Brannenburg Hans Vogt sagte: „In meiner über 50-jährigen Tätigkeit im Winter am Wendelstein, sind mir derartige Wetterereignisse nicht untergekommen.“ Die Schneefälle ab Silvester und starker Nord-Westwind führten zu einer massiven Schneeverfrachtung. Weil Tourenskigeher immer wieder die Ostabfahrt benutzten, empfahl die Lawinenkommission ihre Sperrung. Nur in einem wenige Wochen umfassenden Zeitraum von Ende Januar bis Ende Februar stand die Ostabfahrt für Wintersportler zur Verfügung. Ansonsten blieb sie bis Mitte April gesperrt. Auch die Zahnradbahn musste ihren Betrieb immer wieder einstellen, was laut Vogt etwas Besonderes ist. Ende April verursachte eine Lawine an der Zahnradbahnstrecke im Bereich der Einfahrt Holzgalerie erhebliche Schäden. Ein Stück der Galerie wurde durchschlagen und die Fahrleitung abgerissen.
Ende Januar erstattete die Lawinenkommission Brannenburg Anzeige gegen einen Skitourengeher. Nach einer Übernachtung auf der Mitteralm Ende Januar hatte er eine Absperrung beseitigt, die wegen einer geplanten Lawinensprengung im Gschwandt errichtet worden war. Weil der Aufstieg des Tourengehers in der Ostabfahrt zu spät bemerkt wurde, konnte die Sprengung nicht mehr verhindert werden. Der Tourengeher hatte großes Glück, die abgehende Lawine verschüttete ihn nicht. Später beschwerte er sich am Talbahnhof der Wendelsteinbahn über die Sprengung. So konnte sein Name festgestellt und Anzeige erstattet werden. Das Bußgeldverfahren gegen ihn ist abgeschlossen.
Insgesamt wurden am Wendelstein im Laufe des Winters 111 Mal Schneefelder gesprengt, acht Mal davon aus dem Hubschrauber heraus. Die Kommission verbrauchte 550 Kilogramm Sprengstoff. Am Ende seines Berichts teilte Obmann Hans Vogt mit, aus gesundheitlichen Gründen sein Amt zur Verfügung zu stellen. Auch Peter Unbehauen will aus Altersgründen ausscheiden.
Hans Berger, Obmann der Lawinenkommission Oberaudorf, sprach ebenfalls von überdurchschnittlichen Neuschneemengen und von Schneeverfrachtungen aufgrund von stürmischen Winden. Die Grafenherberg Straße war vom 8. bis 11. Januar gesperrt. Erst nach einer Lawinensprengung konnte sie wieder freigegeben werden. Die Skiabfahrt Rosengasse und das Traithenkar wurden mit Neuschnee überladen. Hinzu kamen orkanartige Windböen, die eine Sperrung vom 8. bis zum 17. Januar notwendig machten. Die Lawinenkommission Oberaudorf ist seit diesem Winter nur noch für das Gemeindegebiet Oberaudorf zuständig. Vor einem Jahr hatte der Gemeinderat von Kiefersfelden beschlossen, die Kommission zu verlassen. Die Mühlauer Straße war aufwendig saniert worden, zudem waren im Gemeindegebiet von Kiefersfelden Schutzzäune gebaut worden. Öffentliche Verkehrswege sind dadurch nicht mehr einer erheblichen Gefährdung durch Lawinen ausgesetzt, hieß es zur Begründung.
Florian Lotter, als hauptamtlicher Geschäftsführer der Regionalvertretung Bergwacht Hochland in Bayrischzell auch für die Bergwachten im Landkreis Rosenheim zuständig, bedauerte diese Entscheidung und äußerte die Hoffnung, dass es in Kiefersfelden noch zu einem Umdenken kommt.
Als Hans Konetschny, der Leiter der Lawinenwarnzentrale Bayern, seinen Rückblick auf den zu Ende gegen Winter begann, gab dieser ein kleines Lebenszeichen von sich. In Aschau fiel etwas Schnee, der sogar auf den parkenden Autos liegen blieb. Die enormen Schneefälle im Januar sorgten in Verbindung mit massivem Windeinfluss für eine große Lawinengefahr, so Konetschny. Im Bayerischen Alpenraum starben drei Menschen durch Lawinen, einer davon am Teisenberg im Chiemgau. Wie gefährlich ihre Arbeit sein kann, erlebten Mitglieder der Lawinenkommission in Ruhpolding, als sie nur knapp von einer Lawine verfehlt wurden. „Es war ein intensiver und turbulenter Winter“, so Konetschny abschließend.
Bericht und Foto: LRA Rosenheim