Das Kriegerdenkmal in Aschau an der Ecke Kampenwandstraße – Schulstraße wird 100 Jahre alt. Am 28. Mai 1922 wurde es feierlich eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben. Schon kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs kam im Oberen Priental der Gedanke auf, ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Großen Krieges der beiden Nachbarsgemeinden Nieder- und Hohenaschau als zentralen Ort der Trauer und des Gedenkens zu schaffen. 35 Männer aus der Gemeinde Niederaschau kamen nach dem Ende des Krieges nicht zurück nach Hause, ihre Gräber lagen weit entfernt und für die Angehörigen unerreichbar vor allem in Frankreich und Belgien. Die Gemeinde Niederaschau zählte vor dem Krieg 1038 Einwohner.
An der Aschauer Pfarrkirche erinnerten bereits zwei Mahnmale aus dem 19. Jahrhundert an die Gefallenen der Napoleonischen Kriege und des Krieges von 1870/71. Die Idee der Kriegerdenkmäler als Gedenkorte für die Angehörigen ist zu dieser Zeit noch jung. Auf dem Land entstanden die ersten Denkmäler erst nach den deutschen Einigungskriegen von 1864 bis 1871. Erst als der Mensch als Einzelperson als kleiner aber unverwechselbarer Teil einer Gesamtheit gesehen wird, beginnt auch die Erinnerung an den einzelnen. Nach der Französischen Revolution und den napoleonischen Kriegen entwickelte sich eine andere Vorstellung vom Soldaten: der Soldat war nicht mehr der anonyme Berufskrieger, der losgelöst vom Volk Krieg in jedermanns Diensten führte, sondern er war im Aufgebot der Volksheere der Verteidiger seiner Heimat. Nach dem Abschluss eines Krieges kam der Soldat als Veteran wieder in seine Heimat zurück und nahm seinen Platz in der Gesellschaft wieder ein. So war es nach dem Ende des „letzten Krieges in der Geschichte“ für alle klar, dass man in jedem Ort einen zentralen Ort zum Gedenken an alle Gefallenen brauchte.
Ilse Goßner, die Archivarin der Gemeinde Aschau im Chiemgau, die aus den beiden ehemaligen selbständigen Gemeinden Niederaschau und Hohenaschau entstand, ist in die Tiefen des Archivs eingetaucht und hat dabei viele Einzelheiten ans Licht gebracht: Aus dem ersten vorhandenen Protokoll des Denkmalausschusses vom 24. Oktober 1920 geht hervor, dass der Kunstmäzen Konsul Karl Kotzenberg aus Frankfurt/Main, 10000 Mark als Grundstock zur Errichtung eines Denkmals für die von 1914/18 gefallenen Soldaten der Gemeinden Hohen- und Niederaschau an den Ortspfarrer Monsignore Josef Jud überwies. Kotzenberg kannte Aschau von mehreren Aufenthalten her. Zusätzlich schlug er vor, einen Denkmal-Ausschuss aus Mitgliedern beider Gemeinden unter dem Vorsitz des Niederaschauer Bürgermeisters Matthias Groß zu bilden. Dieser Ausschuss aus beiden Gemeinden wurde zwar gewählt, aber bereits am 11. Dezember 1920 beschloss die Gemeinde Hohenaschau „ …durch Schaffung eines eigenen Denkmals selbständig vorgehen zu wollen“. Eine nochmalige Bitte an Hohenaschau zur Zusammenarbeit wurde Anfang 1921 mit dem Hinweis abgelehnt „die Vorarbeiten und Ausgaben seien in Hohenaschau schon zu weit fortgeschritten, um noch umdisponieren zu können und außerdem habe Theodor Freiherr von Cramer-Klett den Platz gegenüber dem Burghotel kostenlos als Platz für ein Hohenaschauer Kriegerdenkmal zur Verfügung gestellt“.
Enttäuscht über den Alleingang der Hohenaschauer und die damit verbundenen Mehrkosten für Niederaschau wurde nun mit allem Nachdruck nach Geldquellen zur Finanzierung des Vorhabens gesucht. Als erste Maßnahme wurde eine Haussammlung beschlossen, für die sich Bürgermeister Groß persönlich zur Verfügung stellte. Dabei kam eine Summe von rund 23000 Mark zusammen. Die Ortsvereine wurden gebeten, Veranstaltungen zu Gunsten des Denkmal-Fonds abzuhalten. Auch Freiherr von Cramer-Klett sicherte eine Spende zu. Als Standort für das Denkmal war ursprünglich der Schulgarten südwestlich des Feuerwehrhauses – heute Ecke Schulstraße/Feuerhausstraße – vorgesehen. Der Schmiedemeister Georg Obermaier bot jedoch einen Teil seines Obstgartens an der Ecke Schulstraße / Kampenwandstraße als bessere Lösung an.
Trotz der Absage von Hohenaschau für ein gemeinsames Aschauer Denkmal hielt Konsul Kotzenberg seine Unterstützung für Niederaschau aufrecht und vermittelte eine Verbindung zum Architekten Professor Wilhelm Riedisser (1870 – 1933) in München, der ein erstes Modell anfertigte. Im August 1921 erging dann an den Professor der Auftrag zur Planzeichnung des Denkmals. Mit dem Steinmetzmeister Josef Schmid aus Prien schloss die Gemeinde im September 1921 einen Vertrag zur Ausführung der Arbeiten aus Bodenwöhrer Sandstein. Nach vielen Ausschuss-Sitzungen und noch mehr Schriftverkehr konnte endlich nach anderthalb Jahren Planung und Vorbereitungszeit am 28. Mai 1922 die feierliche Denkmal-Enthüllung zusammen mit der Jahrhundertfeier und Fahnenweihe des „Aschauer Kriegervereins“ abgehalten werden. Über das Kriegerdenkmal Hohenaschau sind im Archiv leider keine vergleichbaren Unterlagen vorhanden, so Ilse Goßner. Ebenfalls 1922 schuf der Bildhauer Angelo Negretti (1881 – 1930) aus München im Auftrag von Konsul Karl Kotzenberg den Kriegeraltar in Eichenholz zu Ehren der Gefallenen des Ersten Weltkrieges für die Pfarrkirche in Niederaschau. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs mit den Namen der 48 Gefallenen und Vermissten mit eigenen Gedenksteinen ergänzt. Das Kriegerdenkmal von Niederaschau stellt seit 100 Jahren bei den alljährlichen und bei allen besonderen Jubiläums-Gedenkfeiern aller Aschauer Vereine den Mittelpunkt dar. Zuletzt gedachten die Aschauer Gebirgsschützen am Abend vor dem Patronatstag der Gefallenen, Vermissten und Verstorbenen des Vereins. Traditionell legen der Bürgermeister und die Vereinsvorsitzenden am Volkstrauertag die Gedenkkränze der Gemeinde Aschau nieder, in Hohenaschau ist die Gedenkfeier am Abend des 1. November.
Bericht und Bilder: Heinrich Rehberg
- Zuletzt gedachten die Aschauer Gebirgsschützen am Abend vor dem Patronatstag der Gefallenen, Vermissten und Verstorbenen des Vereins. Der Landeshauptmann der Gebirgsschützen Martin Haberfellner und der Hauptmann der Aschauer Gebirgsschützenkompanie Hubert Stein gedachten am Vorabend des Patronatstages mit der GSK Aschau, den Abordnungen der Ortsvereine und einem Dutzend weiterer Fahnenabordnungen der Nachbarskompanien am Niederaschauer Ehrenmal der Verstorbenen.
- Ehrenposten der Aschauer Gebirgsschützen am Niederaschauer Ehrenmal
- Pfarrer Hermann Overmeyer und die Aschauer Gebirgsschützen gedachten am Abend vor dem Patronatstag der Gefallenen, Vermissten und Verstorbenen des Vereins.
- Die Gedenksteine für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs am Niederaschauer Kriegerdenkmal