Kultur

Bühnenwochenende beim Zahn am Bach

Am vergangenen Wochenende zeigte sich der Verein Zahn am Bach aus Prien am Chiemsee kreativ: Bei der Offenen Bühne „Voglwuid & Bittaernst“ begeisterten lokale Talente, darunter die junge Elisabeth Engelsman. Am Samstag brachte das Theaterstück „Demut vor deinen Taten, Baby“ mit seiner tiefgründigen Thematik das Publikum zum Nachdenken. Ein vielfältiges Kulturprogramm, das Herz und Verstand ansprach.

VOGLWUID & BITTAERNST OFFENE BÜHNE ZAHN AM BACH

Der Strom der kreativ-künstlerischen Beiträge der Chiemgauer*innen zur Offenen Bühne in Zahn am Bach reißt nicht ab, das bewies auch die sechste Veranstaltung von Voglwuid & Bittaernst am letzten Freitag:

„Uns freut total, dass auch junge Menschen die Chance nutzen, um hier ihren ersten Auftritt zu absolvieren“, so das Team vom Künstlerhof. Die neunjährige Elisabeth Engelsman nahm als bisher jüngste Teilnehmerin diese Gelegenheit wahr und beeindruckte mit ihrer Stimme und ihrer Bühnenpräsenz nicht nur das Publikum nachhaltig – auch die Moderatorinnen waren sichtlich bewegt:„Wir sind uns sicher, dass wir noch viel von dir hören werden und gleichzeitig sehr stolz, dass deine Karriere quasi hier beginnt“ Eine Teilnehmerin schwärmte: „Danke, dass es diese Plattform gibt. Ihr seid meine persönlichen Kulturhelden!!“

Voglwuid & Bittaernst hat wieder einmal bewiesen, dass der ländliche Raum überhaupt nicht langweilig ist, sondern abwechslungsreich, lustig, bisweilen schräg, rockig, poetisch und vor allem herzlich. Wer selber gerne einmal mit einem Beitrag dabei sein möchte, darf sich gerne für die nächste Offene Bühne im Frühjahr melden. Alles Infos unter: openstage.zab@gmail.com

DAS LEBEN VOM TOD HER DENKEN: Die Bühnenkunst förderer zeigen „Demut vor deinen Taten, Baby“

Am Samstag dann gastierte die Produktion „Demut vor deinen Taten, Baby“ auf Einladung der Bühnenkunst Förderer e.V. im längst ausverkauften Pop-up Theater Zahn am Bach. Die drei in Berlin lebenden jungen Schauspielerinnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, Magdalena Köchl, Luise Grell und Jana Niederberger produzierten unter dem Dach des Theater Chronos, Salzburg, das Stück selbst. Für die Inszenierung verpflichteten sie Stefan Krause. „Wir haben bewusst nach einem Stück mit grossen Rollen für Frauen, geschrieben von einer Autorin, gesucht. Die gibt es nach wie vor noch nicht wie Sand am Meer.“, so Magdalena Köchl. Auch die Suche nach einem Regisseur oder einer Regisseurin gestaltete sich schwierig. Das Thema wäre vielen zu heiß gewesen, verriet Köchl. In Stefan Krause fanden die drei dann einen Regisseur, der sich mit Freude auf das polarisierende Stück stürzte und so begeisterten die Schauspielerinnen mit ihrem energiegeladenen, facettenreichen und mutigen Spiel nicht nur das Publikum bei der Premiere in Salzburg, sonderen auch die Zuschauer beim Zahn am Bach.

Ein herrenloser Koffer in der Damentoilette am Flughafen: Terroralarm! Die Toilette wird großräumig abgeriegelt, der Flughafen evakuiert. Zurück bleiben nur Bettie, Mia und Lore, die hilflos in ihren Klokabinen festsitzen. Eben einander noch völlig fremd, erwarten sie gemeinsam die Katastrophe. Freundinnen fürs Leben, wie kurz es auch nur noch sein mag. Aber der große Knall bleibt aus, die Sicherheitskräfte geben Entwarnung. Lebenskrisen, Depression und Einsamkeit – nichts davon hat irgendeine Bedeutung neben dem Gefühl, gerade noch einmal davongekommen zu sein. Dieses Gefühl ist zu groß für die drei allein, dieses Gefühl will in die Welt getragen sein. Und plötzlich ist die Idee da: Ein Anschlagsimulator muss her…Die drei Frauen inszenieren Terrorakte in Clubs, Supermärkten und in Fussballstadions. Unter dem Eindruck der überlebten existentiellen Bedrohung beginnen die Menschen zu tanzen, zu singen und das Leben zu feiern. Bettie, Mia und Lore werden zu Popstars des Abenteuers Leben. Von den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft zunächst geduldet, sogar gehypt, werden die „Terroristinnen“ bald zum unangenehmen Stachel im Fleisch des Kapitalismus. Es lassen sich keine Versicherungen mehr verkaufen, der Konsum schwächelt. Nervosität macht sich breit…Was passiert, wenn wir das Leben vom Tod her denken und unser Glück an den Moment knüpfen? Mit dieser Frage konfrontierte das temporeiche, manchmal fast rotzige Stück der jungen, preisgekrönten Autorin Laura Naumann, das Publikum. „Wir haben dieses Stück an diesem Spielort sehr bewußt gewählt, um auch ein jüngeres Publikum ins Theater zu locken.“, erklärt die stellvertretende Vorsitzende der Bühnenkunst Förderer Julia Urban. Dass solch ein Abend auch polarisiert, sei dabei durchaus gewollt, denn das sei auch Aufgabe des Theaters.

Dank einer Zuwendung des Lions Club Chiemsee Westufer konnten stark verbilligte Karten an SchülerInnen und StudentInnen ausgegeben werden. Die Schultheatergruppe des LTG konnte die Vorstellung sogar überhaupt bei freiem Eintritt besuchen. Nach der Vorstellung stellten sich die Schauspielerinnen den zahlreichen Fragen der interessierten SchülerInnen. „Demut vor deinen Taten, Baby“ war der letzte Programmpunkt der Veranstaltungsreihe FREUDE HOCH 5 der Bühnenkunst Förderer e.V. für dieses Jahr. Lange noch standen im Anschluss Künstler, Veranstalter und Reste vom Publikum zusammen. Keiner wollte so recht nach Hause. Beim Zahn am Bach mag man einfach sein.

Bericht: Wolfgang Sedlmeir – Fotos: Tobias Grill

Redaktion

Toni Hötzelsperger

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