Die neu aufgetretenen bakteriellen Pflanzenkrankheiten SBR und Stolbur breiten sich in ganz Deutschland mit hoher Geschwindigkeit aus und verursachen hohe Schäden. In Bayern bewegen sich die Krankheiten ausgehend von Franken nach Süden und Osten. Übertragen werden sie von der Schilf-Glasflügelzikade. Die Auswirkungen sind bisher kaum überschaubar, da neben Zuckerrüben und Kartoffeln auch andere Kulturen, wie etwa Zwiebeln, Rote Bete und Karotten, stark geschädigt werden.
Auf Einladung von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber haben sich deshalb Vertreter der Zuckerrüben- und Kartoffelanbauer sowie der Verarbeiter von Zuckerrüben und Kartoffeln zu einem Branchengespräch im Landwirtschaftsministerium getroffen. Am runden Tisch wurden gemeinsam mögliche Wege diskutiert, wie die Herausforderungen, vor die SBR und Stolbur Bayerns Landwirte stellen, am besten bewältigt werden können. Kaniber betonte im Gespräch: „Uns ist die Dimension des Problems bewusst und der Freistaat lässt die Betriebe nicht allein. Genau aus diesem Grund haben wir in Bayern allein in diesem Jahr Forschungsprojekte mit einem Volumen von über 500.000 Euro zu Stolbur und SBR an Kartoffeln und von insgesamt über 1,4 Millionen Euro an Zuckerrüben bewilligt und das als einzelnes Bundesland – für ein bundesweites Problem! Ich würde mir wünschen, dass sich auch andere Bundesländer und insbesondere der Bund entsprechend intensiv einbringen.“
Die Zuckerrüben- und Kartoffelanbauer schilderten eindringlich ihre existenziellen Sorgen und forderten umfangreiche Unterstützung durch Forschungsaktivitäten bei Fruchtfolgeanpassungen und bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln durch den Bund. Bei dem Treffen haben die Teilnehmer auch die Ergebnisse aus den Versuchen der vergangenen Anbausaison intensiv besprochen. Fruchtfolgen müssten neu gedacht und verändert werden. So entwickeln sich die Nymphen, die Jugendstadien der Schilf-Glasflügelzikade, zum Beispiel sowohl an Zuckerrüben als auch an Winterweizen. Um den Entwicklungszyklus der Schilf-Glasflügelzikade zu unterbrechen, scheint es nach aktuellen Erkenntnissen zielführend, in Befallsgebieten auf den Anbau von Winterweizen nach Zuckerrüben zu verzichten. Dabei dürfen allerdings die förderrechtlichen Vorgaben zur Mindest-Bodenbedeckung und fachrechtliche Vorgaben nicht außer Acht gelassen werden. Aus diesem Grund wurden entsprechende Ausnahmemöglichkeiten erörtert. Noch vor Weihnachten werden konkrete Kriterien für die Erteilung von Ausnahmen von den Vorgaben von GLÖZ 6 aufgrund der Ausbreitung von SBR und Stolbur ausgearbeitet und anschließend nochmals mit Teilnehmern des Branchengesprächs erörtert.
Außerdem sagte die Ministerin zu, dass für das Jahr 2025 erneut eine Beauftragung für Forschungsarbeiten in den beiden bayerischen Modelregionen Gelchsheim und Kösching ausgesprochen wird und wieder Streifenversuche unter Federführung des Julius Kühn-Instituts in Bayern stattfinden können. Die Betriebe stehen aber auch vor der Herausforderung, dass nach aktuellem Stand in der Saison 2025 keine Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade zur Verfügung stehen. In einem ersten Schritt müssten wirksame Pflanzenschutzmittel identifiziert und dann schnell eine nationale Zulassung für den Einsatz gegen die Schilf-Glasflügelzikade angestrebt werden. In Deutschland liegt die Zuständigkeit für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). „Ich appelliere hier ausdrücklich an den Bund, die betroffenen Betriebe nicht allein zulassen“, betonte die Ministerin und weiter: „Bayern wird sich bei der nächsten Amtschefkonferenz und anschließend auch bei der Agrarministerkonferenz aktiv für bundesweite Lösungen einsetzen“.
Bericht und Foto: Bayerisches Landwirtschaftsministerium (StMELF)