Wirtschaft

Kohlefunde ibei Höhenmoos – Bergbaugeschichte

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Ein Beitrag von Volkhard Steffenhagen – Kohlefunde in der Region – Eine Chronik gescheiterter Schürfversuche

Höhenmoos/Schaurain/Lauterbach Man mag es kaum glauben, aber unsere Region war einst Schauplatz intensiver Kohlesuche. Bereits im Jahr 1836 begann die Erforschung nach Kohlevorkommen in unserer Region. Inspiriert von den reichen Kohlevorkommen bei Bad Häring in Tirol, gründete der polytechnische Verein in München eine Aktiengesellschaft zur Erschließung von Kohle[1]lagerstätten zwischen Inn und Salzach. Ihre Aufgabe war es auch, das Gebiet zwischen Häring, Miesbach und Höhenmoos auf Kohle zu untersuchen. Doch die Bemühungen blieben erfolglos, und die Gesellschaft löste sich schon bald wieder auf.

Zwanzig Jahre später übernahm eine belgische Firma, die „Societe des mines des houille et mines metallique de l’Inn“, die Schürfrechte. Am 7. Mai 1855 erhielt sie die Genehmigung, in den Landgerichtsbezirken Rosenheim und Prien nach Kohle zu suchen. Die Abbaurechte rund im Höhenmoos, Lauterbach und Schaurain wurden unter der Bedingung erteilt, an insgesamt zehn Stellen zu schürfen. Diese Arbeiten wurden akribisch dokumentiert, etwa der zweite Schürfversuch im Frühjahr 1855 bei Lauterbach. Dort wurde ein Kohleflöz entdeckt, das jedoch aufgrund der geringen Mächtigkeit und der schwierigen Geologie keine großen Hoffnungen weckte.

In den 1860er Jahren wandelte sich die Betriebsgesellschaft in die „Belgische Gesellschaft“ (später: Tegernseer Steinkohlen- Bergbaugesellschaft) zur Ausbeutung der Steinkohle-, Braunkohle- und Erzlagerstätten in den Landgerichtsbezirken Prien (Lkr.Rosenheim) und Rosenheim, Bergrevier Bergen um. Die Gesellschaft rekrutierte Bergleute, die zunächst aus belgischen Bergrevieren stammten und einheimische Arbeiter ausbildeten. Der Bergbau erfolgte unter strenger Aufsicht der Behörden, die sicherstellten, dass Löhne regelmäßig ausgezahlt und fremde Arbeiter nur so lange beschäftigt wurden, bis Einheimische ausreichend qualifiziert waren.

Spätere Untersuchungen des Geologen Prof. Carl Wilhelm Ritter von Gümbel sprachen sogar von nur sechs bis acht Zoll (ca. 15 bis 20 Zentimeter) dicken Flözen (Lagerstätte nutzbarer Steine). In seiner „Geognostischen Beschreibung des bayerischen Alpengebirges und seines Vorlandes“ von 1861 berichtete von Gümbel von interessanten Entdeckungen zur älteren Molasse im östlich des Inns und den darin enthaltenen Pechkohlenflözen. Besonders im Kirchleitengraben, Wasserfallgraben und bei Schaurain wurden Kohlenvorkommen gefunden, die als Fortsetzung der Flöze von Miesbach und Au galten. Doch geognostische (geognostisch ist ein veralteter Begriff für geologisch) Untersuchungen zeigten, dass jedes Kohlenbecken in Oberbayern seine eigenen, nicht identischen, aber ähnlichen Flöze besitzt. Die Zone zwischen Inn und Traun erwies sich als dünner und weniger ergiebig.

Pechkohle ist eine bituminöse Kohle. In einer Mitteilung der Geologischen Gesellschaft in Wien aus dem Jahr 1917 wird die Pechkohle wie folgt beschrieben: „Die oberbayerische Pechkohle ist trotz ihres tertiären Alters auffallend steinkohlenähnlich, von tiefschwarzer Farbe und von hohem Glänze. Spröde, meist mehr oder weniger muschelig, doch auch eben brechend, zeigt sie in der Regel eine lagenweise Zusammensetzung, oft auch in ziemlich dicken Bänken gleichförmige Struktur, sodass die Kohle in einzelnen Flözen in manchmal 10 cm bis 20 cm (und mehr) hohen, ebenen, glänzenden Flächen quer auf die Bankung bricht.“

Weitere Untersuchungen bestätigten diese Vermutungen. Beobachtungen im Thalbach, der von Höhenmoos zur Rohrdorfer-Achen führt, zeigten, dass die Kohleflöze nur wenige Zoll mächtig und die Kohlepartien zertrümmert waren. Weitere Untersuchungen bei Lauterbach und Thalham brachten keine besseren Ergebnisse. Die Flöze waren zu dünn und die Kohlequalität zu schlecht für einen wirtschaftlichen Abbau. Ein 100 Lachter langer Stolle bei Lauterbach, das sind rund 200 Meter, denn ein altbayerisches Lachter wurde mit 1,97 Meter angegeben, stieß auf grobkörnigen Sandstein und schwache „Kohleflözchen“.

Ein Dokument aus dem Jahr 1861 bestätigte, dass innerhalb des großen Distrikts kein abbauwürdiges Flöz gefunden wurde. Die vielfältige Bodenschichtung der Region Höhenmoos-Lauterbach bot lediglich dünne Kohleflöze, die nicht rentabel abgebaut werden konnten. Ein weiterer Bericht von 1862 zeigte den Zustand der bis dahin durchgeführten Arbeiten auf. Der St. Leonhardstollen bei Lauterbach war seit über einem Jahr nicht mehr in Betrieb, da das durchfahrene Kohleflöz kaum abbauwürdig war. Weitere Schürfstellen, wie der Schacht bei Wasserfall und der Stollen bei Hetzenbichl, brachten im Übrigen auch keine lohnenswerten Ergebnisse. Der Stollen bei Sinning zeigte ebenfalls keine Kohlefunde von wirtschaftlichem Interesse.

Nach der Einstellung der Arbeiten hatte die Gesellschaft bis zu diesem Zeitpunkt bereits rund 80.000 Gulden investiert. Der Wert von 80.000 Gulden aus dem dieser Zeit würde heute etwa 2 Millonen Euro betrgen.

Trotz der negativen Gutachten tauchten in den 1920er Jahren neue Interessenten auf. Die „Gewerkschaft Franziska-Sidonie“ begann unter der Leitung von Dr. Sandkühler und dem Bergingenieur Biolik erneut mit Schürfungen. Doch auch diese Bemühungen endeten 1922/23 ohne nennenswerten Erfolg. Der St. Leonhard-Stollen wurde feierlich wiedereröffnet. Am Stolleneingang wurde eine kleine Grotte mit einer Marienstatue eingerichtet. Aber auch diesmal stellte sich heraus, dass der Stollen nicht abbauwürdig war. Die Arbeiten wurden eingestellt, und der Stollen verfiel.

Im Jahr 1946 erhielt die „Fa. I.O.G Ottobrunn“ die Erlaubnis zur Aufsuchung von Bitumen und Braunkohle. Auch diese Mutungen brachten kein positives Ergebnis.

Der wiederholte Misserfolg der Kohlesuche in unserer Region verdeutlicht die Herausforderungen und Risiken des Bergbaus. Trotz vielfältiger geologischer Schichten blieben die Kohlefunde stets unbedeutend, was letztlich zum Ende der Bergbauaktivitäten vor 100 Jahren im Jahr 1925 führte.

Heute erinnern nur noch wenige Relikte an das Montanzeitalter in Höhenmoos. Karl Kreidl, der im Februar 2024 verstarb, hielt die Erinnerung stets wach. In seiner Gastwirtschaft hing ein Foto von 15 Bergleuten, die 1922 anlässlich einer Barbara-Feier vor der Gaststätte posierten. Diese Feier war ein wichtiger Tag im Jahr der Bergleute, die ihrer Schutzheiligen, der Heiligen Barbara, gedachten.

Karl Keidl, Jahrgang 1925 hat zwar selbst nicht viel von der Zeit des Bergbaus in Höhenmoos mitbekommen, aber als Wirt hatte er immer gute Kontakte zu Einwohnern, die ihm oft Geschichen aus längst vergessenen Zeiten erzählten und die er gerne an Interessierte weitergab. So erzählte er gerne, wie er und seine Spielgefährten als Kind einst die offenen und verlassenen Stollen als Abenteuerspielplatz nutzten. Heute sind die letzten Relikte größtenteils zugewachsen und wurden von der Natur zurückerobert. Die Geschichten von gefährlichen Abenteuern und der harten Arbeit unter Tage verblassen langsam und der Gruß der Bergleute „Glück auf!“ ist schon lange verhallt.

Foto  -Ein besonders bewegender Moment der Geschichte ist das Foto von 15 Bergleuten, die sich 1921 vor der Gaststätte Lengauer anlässlich einer Barbara-Feier aufstellten. Diese Männer waren vermutlich die letzten, die hier Kohle abbauen wollten. Heute sind die einstigen Stollen und Schächte von der Natur zurückerobert, und nur noch wenige Erinnerungen an diese Zeit sind erhalten. Die traditionellen Uniformen sollen sich die Bergknappen extra für diese Feier sich bei Miesbacher und Haushamer Bergleuten ausgeliehen haben.

Bericht und Foto/Repro: Volkhard Steffenhagen

Bergmannstracht

Ein Blick in die Historie

Die Bergmannstracht, die auf dem historischen Foto von 1921 zu sehen ist, entführt uns in die Welt des frühen 18. Jahrhunderts. Diese traditionelle Kleidung ist nicht nur funktional, sondern auch tief symbolträchtig und von Geschichte durchdrungen.

Der Schwarze Bergkittel: Symbol der Dunkelheit

Der schwarze „Bergkittel“ ist das Herzstück der Tracht und steht symbolisch für die Dunkelheit im Stollen, in dem die Bergleute tagtäglich arbeiten mussten. Doch der Kittel trägt noch mehr Bedeutung in sich: Auf ihm befinden sich 29 goldene Knöpfe, die mit Schlägel und Eisen, den typischen Werkzeugen (Gezähe) der Bergleute, geprägt sind.

Goldene Knöpfe und die Heilige Barbara

Diese 29 Knöpfe sind nicht zufällig gewählt – sie stehen für das Lebensalter der Heiligen Barbara, die der Legende nach im Alter von 29 Jahren von ihrem Vater enthauptet wurde. Die goldene Farbe der Knöpfe soll an das ersehnte Sonnenlicht erinnern, das jeder Bergmann nach einem harten Arbeitstag wiedersehen möchte.

Ein Tribut an die Dreifaltigkeit

Ein besonderes Detail: Die obersten drei Knöpfe des Bergkittels bleiben stets offen. Dies ist ein symbolischer Hinweis auf die Dreifaltigkeit – Vater, Sohn und Heiliger Geist – und zeigt die tiefe religiöse Verbundenheit der Bergleute.

Schwarze Fransen: Erinnerungen an die Arbeit

Auch die schwarzen Fransen an den Ärmeln haben ihre Bedeutung. Sie erinnern die Träger an die Reservedochte ihrer Öllampen und die Zündschnüre für Sprengladungen – wichtige Utensilien in ihrem gefährlichen Beruf.

Der Schachthut: Ein Zeichen der Schutzpatronin

Nicht zu vergessen ist der zylinderartige „Schachthut“. Dieser besondere Hut soll an den Schacht, in den die Bergleute täglich einfahren und an den Turm erinnern, in dem die Heilige Barbara von ihrem Vater eingesperrt wurde. Er symbolisiert den Schutz und die Verbindung der Bergleute zu ihrer Schutzpatronin.

Die „Heilige Barbara

ist nicht nur die Schutzpatronin der Bergleute, sondern auch vieler anderer Berufe und Institutionen. Das Patronat für die Bergleute basiert auf der Legende ihrer wundersamen Rettung in einer sich öffnenden Felshöhle während ihrer Flucht vor dem eigenen Vater. Die Legende berichtet, dass sie wegen ihres Glaubens von ihrem Vater enthauptet wurde. Seit dem 5. Jahrhundert wird sie von der griechisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche verehrt. Die Verehrung begann im 14. Jahrhundert in Böhmen, Sachsen, Schlesien und Tirol, breitete sich dann über den Alpenraum aus. Als Namensgeberin für Städte, Straßen, Kirchen und Krankenhäuser, verkörpert sie als Helferin der Armen und Märtyrerin tiefe christliche Überzeugungen. Bergleute weltweit begehen am 4. Dezember gemeinsam den Barbaratag, um ihre Schutzpatronin zu ehren und Bräuche sowie Rituale zu pflegen. So auch in Höhenmoos vor rund 100 Jahren.

 

Zeittafel

Zeitpunkt Ereignis
1836 Vermutlicher Beginn der Kohleschürfungen in Höhenmoos.
Bericht am 01.08.1836 über geringe Dicke der Kohlenflöze in Höhenmoos.
Erster Versuch, Kohlevorkommen in der Region zu erforschen.
Eine Aktiengesellschaft aus München begann Schürfungen in Höhenmoos, die jedoch
erfolglos blieben und zur Auflösung der Gesellschaft führten.
1855 Das belgische Unternehmen, die „Societe des mines des houille et mines metallique de l‘Inn“, erhielt am 07.05.1855 die Schürfrechte unter dem Namen „Belgische Gesellschaft zur Ausbeutung der Stein- und Braunkohlenlager“.
1855 Zweiter Schürfversuch zu Lauterbach im Frühjahr 1855: Entdeckung eines Kohlenflötzes, das jedoch nicht bauwürdig war. Ein Stollen wurde von Lauterbach Richtung Schaurain und Höhenmoos aufgefahren.
1858 Fünfter Schürfversuch auf dem Waldgrund des Martin Möderl: Weitere Schürfungen in der Region, die zur Eröffnung des „St. Leonhard-Stollens“ bei Lauterbach führten.
1858 St. Peter Stollen bei Thalmann wurde im Jahr 1858 in 12-13Stunde aufgefahren (gegraben), steht im Letten (Schlamm, Ton) der sehr druckhaft ist.
1859 Schürfungen im „Stollen bei Sinning“ ab 24.09.1862: Die Arbeiten wurden aufgrund mangelnder Kohlefunde und der erfolglosen Schürfungen eingestellt.
1860 Umwandlung der „Inngesellschaft“ in die „Tegernseer Steinkohle Bergbau Gesellschaft“ zu Beginn der 1860er Jahre
1861 Carl Wilhelm von Gümbel berichtet über Kohlenflöze in Höhenmoos.
1862 Bericht des königlichen Berg- und Hüttenamtes Bergen: Einstellung der Arbeiten im „St. Leonhardstollen“ und anderen Stollen am 24.09.1862 aufgrund der geringen Mächtigkeit der Kohlenflötze.
1900 Unternehmen aus Würzburg sucht um 1900 erneut nach Braunkohle in Rohrdorf.
1909 Gründung der Gesellschaft „Gewerkschaft Franziska-Sidonie“ der
Chiemgau-Kohlenbergbau-AG
1921 Vor der Gastwirtschaft Lengauer wurde das Foto der Bergknappen aufgenommen.
1922 Die „Gewerkschaft Franziska-Sidonie“ reaktivierte 23.09.1922 den „Leonhard-Stollen“ bei Schaurain, die Arbeiten wurden jedoch erneut aufgrund der geringen Kohlenmengen eingestellt.
1923 Ende des Kohleabbaus wegen Unrentabilität.
1923 Endgültige Einstellung der Arbeiten ca. 1923/24 im „Leonhard-Stollen“: Der Stollen verfiel, die Marienstatue wurde entfernt.
1925 Gewerkschaft Franziska-Sidonie stellt den Betrieb ein.
1926 Endgültige Löschung der “Gewerkschaft Franziska-Sidonie“.
1946 Die „Fa. I.O.G Ottobrunn, Ludwig Zerzog, Mineralölraffinerie Ottobrunn“ erhielt die Erlaubnis zur Aufsuchung von Bitumen und Braunkohle im Konzessionsgebiet Rohrdorf und Frasdorf, jedoch ohne Erfolg.

 

 

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