Angesichts der wachsenden sozialen Spannungen und Ungleichheiten in Deutschland haben die Spitzen von DGB Bayern und Katholischer Kirche über Schritte zur Stärkung des Sozialstaats gesprochen. Dieses Thema stand im Mittelpunkt eines Austauschs zwischen Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, und dem Vorsitzenden der in der Freisinger Bischofskonferenz versammelten bayerischen Bischöfe und Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx.
„Immer mehr Menschen haben Existenzängste und verlieren das Vertrauen in unseren Staat und unsere Demokratie. Besonders in Armut oder prekären Verhältnissen lebende Menschen fühlen sich vom politischen System abgehängt und ohne wirkliche Stimme. Diese Menschen erleben Demokratie nicht als Chance, sondern als leeres Versprechen. Hier ist der Staat gefordert: Wir brauchen eine soziale Absicherung, die nicht nur auf dem Papier steht, sondern wirklich schützt und Perspektiven bietet“, sagte der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl.
Zugleich forderte Stiedl eine Erneuerung des Versprechens sozialer Teilhabe, das die Grundlage der demokratischen, sozialen Marktwirtschaft bildet: „Es reicht nicht, nur über soziale Gerechtigkeit zu sprechen. Wir brauchen konkrete Maßnahmen: Stabile Tarifverträge, eine verlässliche gesetzliche Rente und eine starke öffentliche Infrastruktur – von modernen Verkehrswegen und Energienetzen bis zu gut funktionierenden Bildungs- und Gesundheitssystemen. Nur wenn diese Grundpfeiler stehen, können wir das Vertrauen der Menschen in die Demokratie festigen.“
Sowohl im Hinblick auf eine gerechte Gestaltung des Gemeinwesens als auch mit Blick auf den Zusammenhalt der Gesellschaft sei ein funktionierender Sozialstaat unabdingbare Voraussetzung, erklärte Kardinal Marx. „Die Kirche in Bayern und die Caritas engagieren sich für eine gerechte Gesellschaft, in der alle Menschen ihren Platz haben. Voraussetzung dafür ist ein funktionierender Sozialstaat. In der aktuellen ökonomischen Situation in Deutschland muss immer wieder betont werden, dass der Sozialstaat ein leistungsfähiges Fundament in der Wirtschaft benötigt. Allerdings ist der Sozialstaat nicht nur ein Anhängsel innerhalb der Sozialen Marktwirtschaft, sondern ein notwendiger Ausgleich, der den Menschen Freiheit und Sicherheit bietet. Deshalb braucht es den Sozialstaat vor allem im Hinblick auf den notwendigen Zusammenhalt in der Gesellschaft, der immer mehr zu erodieren scheint. Umso bedeutender ist es, immer wieder die Bedeutung des Sozialstaats für eine funktionierende Gesellschaft zu unterstreichen.“
An dem Gespräch, das am Mittwoch, 20.11., im Palais Holnstein, dem Dienstsitz des Erzbischofs von München und Freising, stattfand, nahmen neben Stiedl und Marx der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken, Joachim Unterländer, der Leiter des Katholischen Büros Bayern, Matthias Belafi, sowie DGB-Bezirksgeschäftsführer Lukas Graf teil. (ps)
Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat – Archiv-Foto: Hötzelsperger