Die Ausstellung zur Eröffnung des denkmalgeschützten und frisch sanierten Mesnerhauses des Kloster Seeons ist eine liebevolle Hommage an Karl Valentins Sichtweise auf Gestalten wie Krenkel, den Wurzelsepp oder den „ewigen Hochzeiter“. Die „Münchner Originale – Fotografien aus der Sammlung Karl Valentin“ ermöglichen im Kultur- und Bildungszentrum des Bezirks Oberbayern vom 21. Januar bis 4. Juni einen amüsanten und bewussten Blick auf eine Welt von gestern.
Und diese Welt des „alten Münchens“ war voller Sonderlinge, Gaudiburschen, Ratschkatteln, Revoluzzer, Spinner und Volkssänger. Einer von diesen Originalen, gewiss einer der größten, war Karl Valentin selbst. Der Humorist war ein unermüdlicher Sammler von Fotos, Postkarten und anderen Abbildungen, auf denen das München der Jahrhundertwende und die besonderen Menschen dieser Zeit zu sehen sind. Den abgebildeten Zeitgenossen hat Valentin begeistert nachgespürt und in Wirtshäusern Lichtbildvorträge über sie gehalten. Deshalb stehen neben den Abbildungen auch die Lebenswege dieser „Münchner Originale“ im Mittelpunkt.
Eine dieser speziellen Charaktere war Thekla Foag, besser bekannt als das „Schlüsselfräulein“. Thekla Foag betrieb ihr Gewerbe „Schlüssel, Altmetalle und Tandlerei“ in einem kleinen Laden in der Blumenstraße, der im Prinzip nicht viel mehr als ein vollgestopfter Hausdurchgang war. Wenn die zierliche Frau mit einem Riesenschlüsselbund vor der versperrten Tür des Ladens auftauchte, klimperte es gewaltig. Wer auch immer in München einen Schlüssel verloren hat, der ging zur Thekla und die fand Ersatz. Der zierlichen Frau genügte meist ein kurzer Blick auf ein mitgebrachtes Schloss. Falls der passende Schlüssel nicht dabei war, feilte sie eben ein bisschen nach und erzählte nebenbei Wissenswertes – oft von ihrem Vater, der einst wegen dem „Flitscherl“ Lola Montez auf die Barrikaden gegangen war. Täglich putzte und ölte sie ihre metallenen Schätze. Geheiratet hat das „Schlüsselfräulein“ übrigens nie.
Es war eine Welt, die überschaubar war und in der man sich noch kannte. Man lachte über die Außenseiter, lebte aber auch mit ihnen. Sie gehörten zum Stadtbild dazu. Der Bilderwelt Karl Valentins, die erst vor einigen Jahren im Stadtarchiv München wiederentdeckt wurde, verdanken wir einen Blick auf besondere Persönlichkeiten – Menschen, die eigen waren und sich nicht verbiegen ließen. Die Präsentation der „Münchner Originale“ entstand in Kooperation mit dem Stadtarchiv München, dem Valentin-Karlstadt-Musäum, dem Allitera Verlag und der Heimatpflege des Bezirks Oberbayern.
Zwei Zeichenkurse mit Rosemarie Zacher begleiten die Ausstellung. Am Freitag, 10. März 2023, können Kinder ab 5 Jahren „Einfach Zeichnen!“. Unter fachkundiger Anleitung der Künstlerin entstehen freche Figuren, witzige Porträts oder etwas „typisch Bayerisches“. Ein zweitägiger Kurs für Jugendliche und Erwachsene steht am Samstag, 11. und Sonntag, 12. März unter dem Motto „Menschen zünftig zeichnen!“. Informationen zum Rahmenprogramm und den Teilnahmegebühren unter www.kloster-seeon.de. Eine Voranmeldung ist im Klosterladen per Tel. 08624 897-201 oder E-Mail: klosterladen@kloster-seeon.de möglich. Der neue Klosterladen befindet sich ab sofort ebenfalls im denkmalgeschützten Mesnerhaus im Klosterweg 15.
Text und Bildmaterial: Kloster Seeon