Leben und Berufung können laut Kardinal Reinhard Marx nicht verstanden werden „als ein Leben gegen die anderen“ im Sinne von „ich und die anderen, wir und die“. Auch in Zeiten zunehmenden Individualismus seien gelebte Berufung und das Finden von Glück nicht möglich ohne Gemeinschaft, Liebe, Miteinander und Begegnung im Fest wie in der Trauer: „Wer sein Leben öffnet und gibt, der wird reicher, nicht ärmer“, betonte der Erzbischof von München und Freising am Samstag, 24. September, im Münchner Liebfrauendom bei einem feierlichen Gottesdienst, in dessen Rahmen er sechs Männer zu Diakonen weihte. Die Kirche sei „nicht dafür da, dass sie sich selbst sucht“, sondern solle „Volk Gottes sein für die Welt“ so Marx. Diakone seien in besonderer Weise aufgerufen, „das Auge der Kirche“ vor allem dorthin zu wenden, wo die Armen, Schwachen, Kranken und Hilflosen seien, und sollten „an der Seite Jesu zu den Menschen gehen“.
Marx thematisierte die grundsätzliche menschliche Spannung zwischen „dem, was ich will, meinem Lebenstraum, meiner Berufung“ und „den vielen Möglichkeiten, die sich mir eröffnen“. Hinzu käme die Suche nach Gemeinschaft und Zuspruch und damit eine Spannung zwischen „eigenem und gemeinsamem Leben“. Angesichts begrenzter, unwiederholbarer Lebenszeit könne man dabei nicht „in allen Möglichkeiten bleiben. Da braucht es auch eine Entschiedenheit“ zu der Frage „wie will ich leben?“. Die Weihekandidaten seien in ihren vielfältigen Erfahrungen beruflichen und familiären Lebens immer wieder der Frage begegnet: „Was bedeutet mein Leben im Blick auf Christus?“ Aus der Entschiedenheit heraus, diesem Blick nicht auszuweichen, seien sie dem Weg der Berufung als Diakone gefolgt, wofür der Kardinal dankte.
„Diakon“ ist das griechische Wort für „Diener“. Diakone widmen sich insbesondere dem Dienst am Menschen und der Sorge für in Not geratene, kranke und alte Menschen. Insbesondere Diakone mit Zivilberuf sind auch in ihrer Arbeitsumgebung als Seelsorger präsent. Die Weihekandidaten haben sich durch kirchliches Engagement, im Beruf sowie in Ehe und Familie oder in eheloser Lebensform bewährt und bringen diese Erfahrungen in ihre neue Aufgabe ein. Sie haben zudem eine mindestens vierjährige berufsbegleitende Ausbildung absolviert, die sowohl ein Theologiestudium als auch Praxisinhalte umfasst. Zu Diakonen werden neben Männern, die nach der Weihe als Ständige Diakone wirken, auch Männer geweiht, die die Priesterweihe anstreben.
Zwei der neu Geweihten werden hauptberuflich als Diakone arbeiten, die anderen werden den Dienst nebenberuflich ausüben. Oskar Ehehalt (54), verheiratet und Vater zweier Kinder, lebt in Geretsried und war bisher als Marketing- und Vertriebsleiter tätig. Er wird als hauptberuflicher Diakon im Pfarrverband Bad Tölz tätig sein. David Neu (37), verheiratet, lebt in Buchbach und ist Gymnasiallehrer. Er soll künftig als Diakon mit Zivilberuf im Pfarrverband Buchbach und im Pfarrverband Obertaufkirchen eingesetzt werden. Volker Nickel (51) ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Der Caritas-Mitarbeiter lebt in München und ist als Diakon mit Zivilberuf im Pfarrverband Forstenried vorgesehen. Andreas Scherrer (40) ist Historiker. Der verheiratete Vater dreier Kinder aus München-Pasing wird in seinem Heimatpfarrverband Pasing als Diakon mit Zivilberuf eingesetzt. Christian Schmidl (51) lebt in Freising und ist persönlicher Sekretär des Bischofsvikars der Region Nord. Der verheiratete Vater zweier Kinder wird als Diakon mit Zivilberuf im Pfarrverband Altfraunhofen im Einsatz sein. Andreas Wachter (40) ist Sozialpädagoge, verheiratet und Vater dreier Kinder. Er lebt in Pürten und wird künftig hauptberuflich als Diakon im Pfarrverband Kraiburg und im Pfarrverband Flossing wirken.
Im Erzbistum München und Freising werden mit den sechs Weihekandidaten insgesamt 295 Ständige Diakone tätig sein. 128 von ihnen wirken als hauptberufliche Diakone, 45 als Diakone mit Zivilberuf. 122 Ständige Diakone sind bereits im Ruhestand, viele von ihnen unterstützen jedoch weiterhin in der Seelsorge. 22 weitere Männer befinden sich derzeit in Ausbildung. Das Zweite Vatikanische Konzil hatte die Diakonenweihe in den 1960er Jahren als eigene Stufe des Weihesakramentes neben der Priester- und der Bischofsweihe erneuert. (hs)
Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat
Archiv-Foto: Rainer Nitzsche