Anlässlich des Sonntags des Wortes Gottes hat Kardinal Marx dazu aufgerufen, „dass die Heilige Schrift wieder stärker gelesen wird“ und „dass in der Kirche die Leidenschaft, die Liebe zum Wort Gottes noch lebendiger wird“. Jesus habe Gottes Wort stets befreien wollen „von denen, die es einmauern in Sätze, in Schablonen, in Traditionen“. Um es zu verstehen und zu verhindern, „dass die Heilige Schrift benutzt werden kann zum Gegeneinander“, sei wichtig, „dass wir in sie eintauchen und dass wir verstehen, was das Wort Gottes uns sagen will“, sagte der Erzbischof von München und Freising bei einer Vesper im Münchner Liebfrauendom am Sonntag, 31. Januar.
Die aufmerksame Lektüre der Bibel weist laut Marx den Weg in die Zukunft der Kirche und des ökumenischen Miteinanders. „Wenn wir nicht immer wieder von Neuem gemeinsam die Schrift lesen, werden wir nicht den Weg finden, den Gott uns immer wieder in der Gestalt Jesu von Nazareth vorschlägt“. Die Bibel sei dabei keine „Tonbandaufzeichnung der Stimme Gottes“, sondern „Gottes Wort in Menschenwort“, so Marx. Deshalb müssten Christen „alles tun, um zu verstehen, in welchem Zusammenhang die Texte entstanden sind“ und dann „darüber nachdenken: Was will der Herr uns über Jahrhunderte hin in diesen Worten, in diesen Erzählungen, mitteilen?“. Eine große Gefahr, „die auch immer wieder in der Geschichte der Kirche und der Geschichte des alten Volkes Gottes da war“, so Marx, sei „die Heilige Schrift zu benutzen für die eigenen Zwecke“. Eine angemessene, „geistliche Lesung der Heiligen Schrift“ sei nur möglich, „wenn wir zwei Gefahren vermeiden, auf die Jesus immer wieder schaut“, so Marx. „Das eine ist die Schriftgelehrten-Mentalität“, die auf jene zutreffe, „die nur Buchstaben verdrehen, aber nicht das Wort Gottes befreien“ und so die Begegnung mit dem lebendigen Gott verhinderten. „Das andere ist der Fundamentalismus, das wörtliche Verstehen mancher Sätze, die aus dem Zusammenhang gerissen werden“ und als „direktes Zitat des lebendigen Gottes anderen um die Ohren geschlagen werden“. Beides trage nicht dazu bei, einzudringen, „in das, was uns die Heilige Schrift sagen will“, so Marx. Papst Franziskus hat den weltweiten Sonntag des Wortes Gottes im September 2019 in seinem Motu Propio (Apostolisches Schreiben auf Initiative des Papstes) „Aperuit illis“ ausgerufen, um das Interesse an der Heiligen Schrift zu stärken und das Nachdenken über sie zu fördern. Der Titel seines Schreibens bezieht sich auf das Evangelium nach Lukas, in dem es heißt: „Darauf öffnete er ihnen die Augen für das Verständnis der Schrift“. Die Weltkirche begeht den Tag am dritten Sonntag des kirchlichen Jahreskreises. Mit Rücksicht auf die lebendige Tradition des seit 1982 bestehenden ökumenischen Bibelsonntags hat die Deutsche Bischofskonferenz das Anliegen des Papstes mit der ökumenischen Praxis in Deutschland verbunden und festgelegt, dass der Sonntag des Wortes Gottes am letzten Sonntag im Januar begangen wird. (hs)
Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat
Foot: Stefan Mühle – Bibel-Titel