Angesichts der zahlreichen Herausforderungen und Problemlagen, die in diesen Tagen viele als überfordernd und unübersichtlich empfänden, betont Kardinal Reinhard Marx die Bedeutung der Menschenwürde als zentralen Orientierungspunkt: „Es gibt einen Orientierungspunkt, den das Christentum stark macht: Das ist die Würde des Menschen. Es ist so grundlegend, dass es beinahe naiv klingt, sich darauf zu beziehen, aber es kann wohl nicht oft genug gesagt werden“, so der Erzbischof von München und Freising in seinem Beitrag für die Reihe „Zum Sonntag“ des Bayerischen Rundfunks, der am Samstag, 4. September, gesendet wird.
In den jüngsten Monaten häuften sich die Schreckensnachrichten, so der Kardinal: „Von der Flutkatastrophe über die verheerende Hitze bis hin zu Erdbeben gibt es viel zu viele Umweltkatastrophen; die Lage in Afghanistan ist extrem zugespitzt, die Situation von Flüchtlingen hat sich nicht gebessert, das Corona-Virus beschäftigt uns weltweit nach wie vor. Hinzu kommen auch noch die je persönlichen Sorgen.“ Es gebe keine Standardlösung für all diese Probleme, zudem falle es angesichts der Informationsdichte schwer, „sich in allem immer ausreichend informiert zu halten“. Umso wichtiger ist es deshalb nach Ansicht von Marx, dass es „verlässliche Medien gibt, die sauber recherchieren und wahrheitsgemäß informieren. Das ist ein unersetzlicher Beitrag in einem demokratischen Gemeinwesen.“
Orientierungspunkte brauche es für alle verantwortlich Handelnden, betont Kardinal Marx: „ob in der Bildung, im sozialen Bereich, im Wirtschaftsbereich und nicht zuletzt auch in der Politik. Vor allem ist es eine Frage, die alle Mitglieder unseres Gemeinwesens beschäftigen muss: Woran orientieren wir uns im Kern? Was ist das wichtigste Kriterium für unsere Entscheidungen und unser Handeln? Das gilt auch, wenn wir jetzt vor der Bundestagswahl unsere Wahl-Entscheidung bedenken.“ So sei es bei allen Themen, Problemlagen und Herausforderungen von zentraler Bedeutung, dass jedem Menschen ohne Bedingung die gleiche, unverfügbare Würde zukomme, erklärt Marx: „Dabei ist es ganz gleich, ob es sich um Fragen der Bioethik handelt oder um Fragen des sozialen Zusammenhalts, oder von Wirtschaft und Klima. Alles hängt miteinander zusammen und ist auf eine Kernfrage zurückzuführen: Was ist mit dem Menschen? Das gilt für die Flutkatastrophe wie für Afghanistan! Was wird aus den Menschen?“ Es sei entscheidend, dass sich alle Verantwortlichen, auch alle Wählerinnen und Wähler, darauf beziehen, und immer wieder die Kernfrage stellen, die nicht nur sein könne: „Was wird aus mir? Sondern die Frage lautet eben auch: Wie bleibt die Würde aller Menschen im Blick? Und was können wir, was kann ich dafür tun?“ (ck)
Hinweis: Der Radiobeitrag von Kardinal Marx wird am Samstag, 4. September, um 17.55 Uhr im zweiten Hörfunkprogramm des Bayerischen Rundfunks gesendet.
Foto: Hötzelsperger – Motiv in der Kirche von Haslach bei Traunstein