Am Fest Darstellung des Herrn, auch Mariä Lichtmess genannt, hat Kardinal Reinhard Marx dazu aufgerufen, „die Wirklichkeit des Christus-Ereignisses“ im Blick zu behalten. Das bedeute, „nicht eigene Interessen durchzusetzen, nicht die einen gegen die anderen zu stellen“, sondern „gemeinsam zu schauen auf das, was Christus uns schenkt, was seine Worte sind“, sagte der Erzbischof von München und Freising am Donnerstagabend, 2. Februar, in seiner Predigt im Münchner Liebfrauendom. Der Kardinal lud in diesem Zusammenhang alle Gläubigen ein zum Gebet, „dass die Kirche in unseren Tagen wachsam ist, aber auch den Mut hat, sich von ihm, seinem Ankommen und seinem Licht reinigen, läutern und verändern zu lassen“.
Mit dem „Christus-Ereignis“, das „alle Dimensionen des Lebens, Sterbens und Auferstehens Jesu umfasst“, wurde laut Marx im übertragenen Sinne „eine neue Software in das Netzwerk der Schöpfung, der Geschichte und unseres persönlichen Lebens eingestiftet, die nie mehr gelöscht werden kann“. Daraus gehe die Einladung an die ganze Welt hervor, „sich mit dieser Wirklichkeit zu konfrontieren“ und ergebe sich immer neu auch eine Herausforderung an die Kirche, so Marx. In der jetzigen Zeit, aber auch in ihrer 2000-jährigen Geschichte habe es immer wieder „Erkenntnisse und Erfahrungen der Läuterung, der Reinigung, der Veränderung“ gegeben „im Blick auf die Wirklichkeit des Christus-Ereignisses“, so Marx.
Eröffnet wurde der Gottesdienst mit einer Kerzenweihe und einer Lichterprozession durch den Liebfrauendom. Die Domsingknaben, die Mädchenkantorei und Nachwuchschöre unter der Leitung von Gabriele Steck und Benedikt Celler gestalteten den Gottesdienst mit der Missa de Angelis und Gesängen zu Lichtmess. Mit Blick auf die Kerzen der Gottesdienstteilnehmenden ermunterte Marx dazu, das „Licht, wie Sie es in Ihren Händen tragen, auch der Welt zu zeigen“. Bezogen auf die ganze Gemeinschaft der Kirche sagte Marx, „wir würden versagen, wenn wir nicht mehr den Mut hätten, auch mit unserer Schwachheit, der Welt dieses Licht vor Augen zu führen“. Der Erzbischof appellierte daher: „Stellen wir uns in sein Licht, nehmen wir sein Licht und zeigen wir es der Welt.“
Das Fest Darstellung des Herrn erinnert an die Darbringung Jesu im Tempel: Der jüdischen Tradition folgend, bringen Maria und Josef ihren erstgeborenen Sohn 40 Tage nach seiner Geburt in den Tempel, um ihn Gott zu weihen. Durch ein Geldopfer lösen sie ihn wieder aus. Der greise Simeon erkennt Jesus als Sohn Gottes und nennt ihn „Messias des Herrn“ und „ein Licht, das die Heiden erleuchtet“. Die Tradition der Lichterprozessionen entstand bereits im ersten Jahrtausend nach Christus, vermutlich auch in Anlehnung an Prozessionen in vorchristlicher Zeit. Aus der Lichtsymbolik erwuchs der Brauch, an diesem Tag die für das kommende Jahr benötigten Kerzen zu weihen. Seit 1997 wird Darstellung des Herrn auch als „Tag des geweihten Lebens“ begangen, bezugnehmend auf die Darbringung Jesu im Tempel. So haben an diesem Tag das Gebet für Ordensfrauen und Ordensmänner und der Dank für ihren Dienst eine besondere Rolle.
Traditionell dauerte die liturgische Weihnachtszeit bis Mariä Lichtmess, erst die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils in den 1960er Jahren verschob ihr Ende auf das Fest Taufe des Herrn am Sonntag nach dem Dreikönigstag. In manchen Kirchen und Familien wird der Weihnachtsschmuck dennoch erst an Mariä Lichtmess abgenommen. Das Fest war lange Zeit auch im bäuerlichen Kalender ein wichtiger Termin, an dem die winterliche Arbeitspause endete. Knechte und Mägde bekamen ihren Lohn und konnten den Arbeitgeber wechseln. (hs)
Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat – Foto: Hötzelsperger (Licht der Kerzen in der Wallfahrtskirche von Kirchwald, oberhalb von Nußdorf)